Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungszusage. Wegfall der Geschäftsgrundlage

 

Leitsatz (redaktionell)

Kommt es bei einer Versorgungszusage zu einer Ausdehnung des ursprünglichen Dotierungsrahmens um weniger als 50 %, ist noch nicht vom Wegfall der Geschäftsgrundlage der Versorgungszusage auszugehen.

 

Normenkette

BGB § 313

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 07.12.2005; Aktenzeichen 17 Ca 7515/04)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 07.12.2005 – 17 Ca 7515/04 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Höhe der an den Kläger zu zahlenden betrieblichen Altersversorgung.

Der am geborene Kläger war vom 15.09.1970 bis 30.09.2000 bei der T beschäftigt. Ab 01.10.2000 nimmt er Altersrente in Anspruch und bezieht seitdem ein Ruhegehalt, für das ab 01.01.2004 die Beklagte Anspruchsgegnerin ist.

Das Ruhegehalt wird gezahlt auf der Grundlage der Betriebsvereinbarungen vom 25.06.1976 mit Änderungen durch Betriebsvereinbarungen vom 04.06.1993 und 17.11.1995. Diese beinhalten eine sogenannte Gesamtversorgung, danach beträgt der Ruhegehaltsanspruch nach beamtenrechtlichen Vorbild nach 10-jähriger anrechnungsfähiger Dienstzeit 35 % und steigt mit jedem weiteren Dienstjahr bis zum vollendeten 25. Dienstjahr um je 2 % und von da ab um je 1 % bis zum Höchstsatz von 75 % der ruhegeldfähigen Dienstbezüge. Auf den so berechneten Versorgungsprozentsatz wird die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet. Dazu verhält sich Ziffer 8 der Betriebsvereinbarung (Anrechnung anderer Versorgungsbezüge), in der es u. a. heißt:

8.1

Auf die betrieblichen Versorgungsleistungen werden angerechnet:

  1. Der Anteil von Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen bzw. Leistungen aus Befreiungsversicherungen, für die der T die Beiträge gezahlt hat und soweit der Rentenanteil auf die anrechnungsfähige Dienstzeit entfällt, ausgenommen die Rentenanteile, die auf Zurechnungszeiten nach dem 55. Lebensjahr beruhen.
  2. Die Hälfte der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen bzw. Leistungen aus Befreiungsversicherungen, soweit sie nicht auf freiwilligen Weiter- oder Höherversicherungsbeiträgen des Versorgungsempfängers beruhen und soweit sie nicht nach a) voll anzurechnen sind.
  3. Die Hälfte von Versorgungsbezügen aufgrund unverfallbarer Anwartschaften aus früheren Beschäftigungsverhältnissen.

Bei der Anrechnung der Anteile aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf die Gesamtversorgung wird auch nach Einführung der im RRG 92 festgelegten Zugangsfaktoren (§ 77 SGB VI) mit dem individuellen Zugangsfaktor, mindestens jedoch mit dem Zugangsfaktor 1,0 gerechnet.

Für den Kläger ergab sich zum 01.10.2000 ein Anspruch auf betriebliches Ruhegeld in Höhe von 1.734,41 DM (886,79 EUR) brutto; wegen der Berechnung im Einzelnen wird auf das Schreiben vom 04.10.2000 Bezug genommen.

Dieser Betrag wurde jeweils dynamisiert, und zwar zeitgleich nach Maßgabe des Anstieges der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge nach der Besoldungsordnung für die Beamten des Landes Nordrhein-Westfalen. Hieraus wurde unter Zugrundelegung der individuellen Versorgungsdaten jährlich neu der Betrag der Gesamtversorgung berechnet. Auf den so berechneten Gesamtversorgungsbetrag wurde der anrechnungsfähige Teil der aktuellen, um die jährliche Anpassung erhöhten individuellen Sozialversicherungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung – zeitgleich mit deren Anpassungstermin – angerechnet.

Mit Schreiben vom 27.02.2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie werde hinsichtlich der Dynamisierung eine Änderung vornehmen, und zwar der Gestalt, dass die Betriebsrente um den jeweils eingetretenen Erhöhungsprozentsatz der Tabellen der LBO für Beamte des Landes Nordrhein-Westfalen erhöht werde, eine Berücksichtigung der Veränderungen der Sozialversicherungsrente im Rahmen der Gesamtversorgung jedoch nicht mehr erfolge.

Beim Kläger führte diese Abkoppelung von der Entwicklung der Sozialversicherungsrente dazu, dass er ab 01.04.2004 eine Betriebsrente in Höhe von 972,69 EUR bezieht. Die monatliche Differenz gegenüber der bislang praktizierten Dynamisierung beträgt 15,11 EUR. Diese Differenz macht er im vorliegenden Rechtsstreit geltend.

Dem tritt die Beklagte entgegen. Sie trägt vor: Die von ihr vorgenommene Modifizierung bei der Dynamisierung der Betriebsrenten sei wegen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gerechtfertigt. Die Geschäftsgrundlage sei unter zwei Gesichtspunkten weggefallen, nämlich zum einen wegen einer Äquivalenzstörung (Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung) und zum anderen wegen einer Zweckverfehlung. Da sich die Sozialversicherungsrenten infolge rentenrechtlicher Änderungen wesentlich langsamer erhöhten als die Bruttobesoldung, steige die Betriebsrente schneller an, als dies bei Erteilung der Versorgungszusage habe erwartet werden können. Dieser Trend werde durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz noch wesentlich verstärkt. D...

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