Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch eines Opernchormitglieds auf Sondervergütung wegen Singens in Einzelbesetzung der Stimmgruppe

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Auslegung des § 71 NV Bühne bezüglich der Sondervergütung für Opernchormitglieder.

 

Leitsatz (redaktionell)

Gem. § 71 Abs. 2 lit. f NV Bühne ist eine Sondervergütung an ein Opernchormitglied wegen Singens in Einzelbesetzung der Stimmgruppe nur dann zu zahlen, wenn die Einzelbesetzung der Stimmgruppe auf einen unvorhergesehenen Ausfall der anderen Stimmgruppenmitglieder zurück zu führen ist. Im Umkehrschluss hierzu ist daher bei einem geplanten und damit vorhersehbaren Ausfall die tarifliche Regelung nicht einschlägig.

 

Normenkette

NV Bühne

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 10.05.2016; Aktenzeichen 12 Ha 15/15)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.11.2018; Aktenzeichen 6 AZR 385/17)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Berufungsklägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10.05.2016 - 12 Ha 15/15 - wird zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Berufungskläger.
  3. Die Revision wird zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Anspruch des Aufhebungsbeklagten auf Sondervergütung für ein alleiniges Singen in einer Stimmgruppe des Opernchores.

Der Aufhebungsbeklagte ist Opernchorsänger im Opernchor der Aufhebungsklägerin, der aus 13 Sängerinnen und Sängern gebildet wird. Die Stimmgruppe des 1. Basses des Klägers ist regulär neben dem Kläger mit einem weiteren Chorsänger besetzt, der häufig solistisch singt und in diesen Fällen für ein gemeinsames Singen in der Chorpartie der Stimmgruppe des 1. Basses nicht eingesetzt werden kann.

Gemäß § 6 des Arbeitsvertrages des Aufhebungsbeklagten vom 22.04.2002 gilt für das Arbeitsverhältnis der Parteien der Normalvertrag Chor in der jeweils geltenden Fassung bzw. den ihn ergänzenden und an seine Stelle tretenden Tarifverträgen sowie den sonstigen vom Deutschen Bühnenverein für die Arbeitsverhältnisse der Opernchormitglieder abgeschlossenen Tarifverträge. Daher ist auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der NV-Bühne anwendbar.

§ 1 Abs. 1 NV Bühne lautet wie folgt:

Dieser Tarifvertrag gilt für Solomitglieder und Bühnentechniker sowie Opernchor- und Tanzgruppenmitglieder (im Folgenden insgesamt als Mitglieder bezeichnet) an Bühnen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, die von einem Lande oder von einer Gemeinde oder von mehreren Gemeinden oder von einem Gemeindeverband oder mehreren Gemeindeverbänden ganz oder überwiegend rechtlich oder wirtschaftlich getragen werden. Er gilt für Solomitglieder an Privattheatern, in dem in Abs. 7 näher bezeichneten Umfang.

§ 2 Abs. 4 c regelt hinsichtlich der zwingenden Angaben im Arbeitsvertrag für das Opernmitglied Folgendes:

In dem Arbeitsvertrag muss ferner angegeben sein:

...

c) Für das Opernmitglied das Kunstfach (die Stimmgruppe), die Stimmgruppen sind der 1. , der 2. Supran,

der 1. Tenor, der 2. Tenor,

der 1. Alt, der 2. Alt

der 1. Bass, der 2. Bass;

...

In § 71 Abs. 2 S. 2 NV-Bühne ist Folgendes geregelt:

"Soweit eine Oper oder Operette die Mitwirkung eines Opernchors vorsieht, ist dieser in der Regel mit Mitgliedern aus dem Opernchor der Bühne(n) zu besetzen."

§ 71 Abs. 2 und Abs. 3 normieren ferner besondere Mitwirkungspflichten. Hier heißt es, soweit für den Rechtsstreit relevant:

"(2) Zur Mitwirkungspflicht des Opernchormitgliedes gehören auch

...

e) kurze solistische Sprech- und/oder Gesangsleistungen, insbesondere mit szenischer Darstellung, im Schauspiel jedoch nur, wenn es im Arbeitsvertrag vereinbart ist;

f) die Chorgesangsleistung, wenn die Stimmgruppe wegen des unvorhergesehenen Ausfalls anderer Mitglieder der Stimmgruppe nur einzeln besetzt ist;

..."

Die Vergütung verhält sich nach § 79 NV-Bühne. Hier heißt es in Abs. 1:

"Mit der Vergütung (§ 75 Abs. 1) sind die von dem Opernchormitglied nach diesem Tarifvertrag zu erbringenden Arbeitsleistungen abgegolten, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 4 nichts anderes ergibt."

Nach Abs. 2 erhält das Opernchormitglied zusätzlich für die Übernahme kleinerer Rollen oder Partien im Sinne des § 71 Abs. 3 a eine angemessene Sondervergütung. Eine Sondervergütung für die Mitwirkung im Sinne von § 71 Abs. 2 e oder § 71 Abs. 2 f ist dort nicht vorgesehen.

Der Aufhebungsbeklagte hat mit seiner Klage vor dem Schiedsgericht für Opernchöre Sondervergütung für die Jahre 2012 und 2013 u. a. und soweit berufungsrelevant für eine Chorgesangsleistung verlangt, wenn seine Stimmgruppe wegen des vorhersehbaren Ausfalls anderer Opernchormitglieder seiner Stimmgruppe neben ihm nur noch von einem externen Chormitglied, einem Mitglied des sogenannten Extrachors, begleitet werde.

Das Bühnenschiedsgericht für Opernchöre hat durch Schiedsspruch vom 28.01.2015 - BSchG C 7/13 - die Aufhebungsklägerin verurteilt, an den Aufhebungsbeklagten 2.341,62 € zu zahlen und dabei die Klage soweit berufungsrelevant abgewiesen. Nachdem beide Parteien gegen den vorgenannten Spruch des Bühnenschiedsgerichts Berufung eingelegt hatten, hat das Bühnenoberschiedsgericht für Oper...

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