Entscheidungsstichwort (Thema)
Streit über Differenzvergütungsansprüche. Anspruch auf Vergütung von Ausfallzeiten. Annahmeverzug des Arbeitgebers
Leitsatz (redaktionell)
Wird ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber angewiesen, die Arbeit zu unterbrechen, liegt regelmäßig ein tatsächliches Angebot im Sinne des § 294 BGB vor. In dem Antritt der Schicht ist die Aufforderung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber zu sehen, ihn für die Dauer der Schicht zu beschäftigen, es sei denn, es liegt eine wirksame Anordnung zur Arbeitszeitunterbrechung vor. Hat der Arbeitgeber eine Arbeitsunterbrechung angeordnet, gerät er jedoch dann nicht in Verzug, wenn es sich um eine Pause handelt.
Normenkette
BGB § 611 Abs. 1, § 615 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 18.09.2013; Aktenzeichen 2 Ca 1794/13) |
Tenor
I.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 18.09.2013 - 2 Ca 1794/13 - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 207,03 € brutto zuzüglich fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01.01.2013 zu zahlen.
2.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 18,59 € netto zuzüglich fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01.01.2013 zu zahlen.
3.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 0,46 € netto zuzüglich fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01.01.2013 zu zahlen.
4.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 80,34 Euro brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2013 zu zahlen.
5.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Die Kosten des erstinstanzlichen Rechtsstreits tragen der Kläger zu 57% und die Beklagte zu 43%. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 84% und die Beklagte zu 16%.
III.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Differenzvergütungsansprüche für die Zeit von August 2012 bis April 2013.
Die Beklagte ist ein im europäischen Verbund agierendes Unternehmen im Bereich der Flug- und Industriesicherheit und führt u. a. im Auftrag der B am K /B Flughafen Fluggastkontrollen durch.
Der am 1973 geborene Kläger ist seit dem Jahr 01.07.2009 bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen als Flugsicherheitskraft tätig. Sein Bruttostundenlohn beträgt derzeit 12,36 €. Seine monatliche Arbeitszeit beträgt 160 Stunden.
Im K Betrieb der Beklagten gilt eine Betriebsvereinbarung zur Dienst- und Pausenregelung vom 31.01.2011. Darin heißt es:
"§ 9 Pausen
(1) Dem Mitarbeiter werden die gesetzlichen Ruhepausen (§ 4 ArbZG) in einem Zeitkorridor zwischen Beginn der 2. Arbeitsstunde (frühester Beginn der Ruhepause) und Ende der 7. Arbeitsstunde (spätestens Ende der Ruhepause) durchgehend gewährt. Die Lage der Ruhepause/n wird dem Mitarbeiter bei Beginn der Schicht mitgeteilt.
(2) Es können pro Schicht zusätzlich unbezahlte Ruhepausen von maximal 30 Minuten bei der Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden angeordnet werden, wenn innerhalb eines Kalenderjahres im Durchschnitt unbezahlte Pausen an nicht mehr als zehn Arbeitstagen monatlich gegenüber dem Mitarbeiter angeordnet werden.
(3) Die Mitarbeiter werden durch Aushang an geeigneter Stelle über folgende Regelungen unterrichtet:
a) Zeitlicher Rahmen der gesetzlichen Ruhepause nach Abs. 1
b) Grenzen der Zulässigkeit weiterer Pausen nach Abs. 2
c) Notwendigkeit der Arbeitsbefreiung während der Ruhepause ("Bereitschaftszeit ist keine Ruhepause")
d) Freie Wahl des Aufenthalts während der Ruhepause."
Die Beklagte ordnet während der Arbeitsschichten des Klägers und seiner Kolleginnen und Kollegen regelmäßig Arbeitsunterbrechungen an. Wegen der zeitlichen Lage dieser Arbeitsunterbrechungen im Fall des Klägers wird auf die Auflistungen des Klägers Bl. 13 bis 18, Bl. 26 und Bl. 76 bis 77 der Akte sowie der Auflistungen und Abrechnungen der Beklagten Bl. 57 bis 63 sowie Bl. 93 und 94 der Akte Bezug genommen.
Da der Kläger zeitweise mit weniger als 160 Stunden beschäftigt worden war, erbrachte die Beklagte ausweislich der von ihr vorgelegten Lohnabrechnungen (Bl. 69, 70, 95 und 96 der Akte) Ausgleichszahlungen an den Kläger, und zwar für Januar 2,5 Stunden, für Februar 29 Stunden, für März 32,5 Stunden und für April 2013 17 Stunden.
Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 03.10.2012 (Bl. 6 bis 8 der Akte), 13.12.2012 (Bl. 9 bis 11 der Akte), 18.01.2013 (Bl. 12 bis 18 der Akte) und 11.04.2013 machte der Kläger Ansprüche wegen der Anordnung von Breakstunden geltend.
Mit seiner am 05.03.2013 bei dem Arbeitsgericht Köln eingereichten und später erweiterten Klage macht der Kläger nunmehr vermeintliche Lohndifferenzen im Bezug auf die regelmäßige Arbeitszeit und die tatsächlich geleistete Arbeitszeit in den Monaten August 2012 bis April 2013 geltend. Hilfsweise hat er für den Monat März 2013 die Vergütung von weiteren 6,5 Stunden begehrt, da die Beklagte ihn - was unst...