Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitnehmerbegriff, Arbeitsverhältnis, Verwirkung
Leitsatz (amtlich)
1. Das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses kann weder aus der Abberufung als Geschäftsführer noch aus einem Beschluss der Gesellschafterversammlung, künftig als Angestellter tätig zu werden, geschlossen werden. Entsprechendes gilt für Gehaltsabrechnungen oder Prüfvermerke des Finanzamtes. Diese Umstände sind nicht geeignet, eine Aussage darüber zu treffen, ob tatsächlich ein Arbeitsverhältnis durchgeführt wurde. Entscheidend sind in erster Linie Angaben zu den tatsächlichen Tätigkeitsinhalten und der organisatorischer Einbindung im Betrieb.
2. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit ist abhängig von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit. Schlagworte wie Leiter oder Mitarbeiter der kaufmännischen Abteilung ersetzen dabei keine detaillierte Darstellung der Arbeitspflichten, ihrer Anordnung und Durchführung.
3.Das Recht, im Falle eines Betriebsübergangs, den Bestand eines Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Übernehmer geltend zu machen, kann verwirken. Wegen der Eilbedürftigkeit der Klärung des Bestands des Arbeitsverhältnisses kann das Zeitelement der Verwirkung jedenfalls nach Ablauf von 10 Monaten der Untätigkeit erfüllt sein.
Normenkette
HGB § 84 Abs. 1 S. 2; BGB §§ 613a, 625, 242
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 11.07.2002; Aktenzeichen 11 Ca 952/02) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 11.07.2002 – 11 Ca 952/02 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im wesentlichen über das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses.
Der Kläger war Geschäftsführer bei der Gebrüder H. G. in H.. Im Oktober 1995 wurde er als Geschäftsführer abberufen, in der Folgezeit wurde sein Ausscheiden als Geschäftsführer ins Handelsregister eingetragen. Der Kläger hält weiterhin 50 % der Anteile an der G..
Im Mai 2000 führte das F. B. bei der Gebrüder H. G. eine Lohnsteuer-Außenprüfung durch. Anlässlich dieser Prüfung wurde feststellt, dass der Kläger „weiterhin Arbeitnehmer der Gebrüder H. G. war”, wie das F. in seinem Schreiben vom 18.03.2003 bestätigte. Im Juli 2000 wurde Herr L. bei der Gebrüder H. G. als kaufmännischer Leiter / Alleinbuchhalter eingestellt.
Anfang März 2001 stellte die Gebrüder H. G. das operative Geschäft ein. Die zu diesem Zeitpunkt nicht fertig gestellten Aufträge führte die Beklagte fort. In diesem Zusammenhang übernahm die Beklagte gewerbliche Arbeitnehmer der Gebrüder H. G. sowie einen Teil der Betriebsmittel aus dem gewerblichen Bereich. Die Beklagte führte ab diesem Zeitpunkt die Geschäftsbeziehungen der Gebrüder H. G. weiter. Ob darüber hinaus auch aus anderen Bereichen Arbeitnehmer oder Betriebsmittel übernommen wurden, ist zwischen den Parteien streitig. Ferner übernahm sie das Betriebsgrundstück einschließlich der Räumlichkeiten, die von der Gebrüder H. G. angemietet waren. Eigentümerin des Betriebsgrundstücks und Teilen der Betriebsmittel war die Mutter des Klägers. Bei den Verhandlungen wegen des Mietvertrages und des Erwerbs von Betriebsmitteln trat der Kläger als Vertreter der Vermieterseite bzw. der Veräußererseite auf, bei anderer Gelegenheit als Vertreter der Gebrüder H. G.. Etwa im Zusammenhang mit dem Wertgutachten B. vom 16.08.2001 sowie bei der Erstellung einer Geräteliste verfasste der Kläger im Auftrag der Gebrüder H. G. Schreiben an die Beklagte. Wegen des Inhalts der vorgenannten Schreiben wird auf die zur Akte gereichten Kopien Blatt 70 ff., 100, 104 ergänzend Bezug genommen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 14.01.2002 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 18.01.2002 auf, schriftlich zu erklären, dass das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen mit ihr fortbestehe. Das Schreiben ging der Beklagten am 16.01.2002 zu; eine Reaktion erfolgte nicht.
Mit seiner am 28.01.2002 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen und der Beklagten am 05.02.2002 zugestellten Klage begehrte der Kläger die Feststellung, dass zwischen ihm und der Beklagten ein Arbeitsverhältnis bestehe. Gleichzeitig machte er Vergütungsansprüche für die Zeit vor und nach dem behaupteten Betriebsübergang geltend. Nach Erhalt der Klageschrift sprach die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 06.06.2002 höchst vorsorglich die fristgerechte Kündigung zum 31.07.2002 aus, gegen die er sich mit Klageschrift vom 14.06.2002, bei Gericht am 17.06.2002 eingegangen, zur Wehr setzte. Mit Schreiben vom 28.06.2002 kündigte die Beklagte fristlos, hilfsweise ordentlich zum nächstmöglichen Termin. Gegen diese Kündigung hat der Kläger unter dem 03.07.2002 im Wege der Klageerweiterung Kündigungsschutzklage erhoben.
Der Kläger hat behauptet: Aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses aus dem Jahre 1997 habe er nach Abberufung als Geschäftsführer als Angestellter weiterarbeiten sollen. Dass er als kaufmännischer Leiter im Status eines Arbeitnehmers für die Gebrüder H. G. tätig gewesen sei, könne v...