Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialplan. Eigenkündigung. Auslegung. Stichtag. Gleichbehandlung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Den Betriebsparteien ist in einem Sozialplan eine Gruppenbildung verwehrt, die dazu dienen soll, dem Arbeitgeber eine eingearbeitete und qualifizierte Belegschaft zu erhalten, da ein derartiges Ziel nicht dem Zweck eines Sozialplans entspricht (BAG 06.11.2007 – 1 AZR 960/06 –, NZA 2008, 232, 234; BAG 19.02.2008 – 1 AZR 1004/06 –, BB 2008, 1793, 1794 f.).

2. Die vorgenannten Grundsätze gelten nicht bei einer Sozialplanbestimmung, die Abfindungen für Arbeitnehmer vorsieht, die dem persönlichen Anwendungsbereich des Sozialplans nicht unterfallen. Mit derartigen, in einem Sozialplan enthaltenen, „sozialplanfremden Regel”ungen dürfen Zwecke verfolgt werden, die mit der eigentlichen Betriebsänderung nicht in unmittelbarem Zusammenhang stehen.

 

Normenkette

BetrVG § 112; GG Art. 3; BGB § 280

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 13.02.2008; Aktenzeichen 7 Ca 10049/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 20.04.2010; Aktenzeichen 1 AZR 988/08)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 13.02.2008 – 7 Ca 10049/07 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Sozialplanabfindung.

Der Kläger war in der Zeit vom 01.04.1996 bis 30.10.2007 im T. Konzern beschäftigt, und zwar seit dem 01.02.2000 bei der Beklagten zunächst in H. und seit deren Umzug im Mai 2007 in K..

Die Beklagte ist ein Unternehmen des T.-Konzerns. Die T. A. erwarb im Frühjahr 2006 die Anteile an der G. B. G., der Konzern-Obergesellschaft des ehemaligen G.-Konzerns. Zum Zeitpunkt des Erwerbs verfügten sowohl der T.-Konzern als auch der ehemalige G.-Konzern über einen Konzernbereich Asset Management. Dieser Konzernbereich setzte sich im T.-Bereich aus der Beklagten und drei weiteren Gesellschaften mit insgesamt zwei Betrieben in H. zusammen. Die Beklagte führte mit zwei weiteren der in H. ansässigen Asset Management Gesellschaften, der A. I. G. und der A. F. S. G., einen Gemeinschaftsbetrieb. Im G.-Bereich bestand das Asset Management aus drei Gesellschaften mit drei Betrieben in K..

Im Herbst 2006 wurden die Asset Management Gesellschaften aus den beiden Konzernbereichen gesellschaftsrechtlich zusammengeführt. Die betriebliche Struktur blieb zunächst unangetastet. Im Frühjahr 2007 wurden die beiden H. und die drei K. Betriebe dann aufgrund eines entsprechenden Beschlusses der Geschäftsleitung in einem neuen gemeinsamen Betrieb in K. zusammengefasst. Die bisherigen Betriebsorganisationen der Asset Management Gesellschaften in H. und K. wurden aufgelöst. Der Umzug von H. nach K. fand am 21. Mai 2007 statt.

Bereits im Januar 2007 hatte der Kläger mit der Beklagten eine Zusatzvereinbarung zu seinem Arbeitsvertrag abgeschlossen. Diese sah neben der Erhöhung der monatlichen Vergütung auf 4.330,– EUR brutto vor, dass der Kläger ab Mai 2007 in K. als Senioraccountant im Team Investment Accounting Rückversicherungen und Steuern tätig ist.

Zum Ausgleich bzw. zur Milderung der den Arbeitnehmern durch die Umstrukturierungsmaßnahmen entstehenden Nachteile vereinbarten die T. A. und der Konzernbetriebsrat unter dem 12.06.2007 einen Sozialplan. Dieser enthält u. a. folgende Bestimmungen:

„§ 3 Persönlicher Geltungsbereich

1. Dieser Sozialplan gilt für alle Arbeitnehmer des T.-Konzerns im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG mit Ausnahme leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG.

2. Die zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorgesehenen Leistungen gelten nicht für Arbeitnehmer,

e) deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers beendet wird, sofern sie nicht durch den Arbeitgeber veranlasst ist. Dies ist nur der Fall, wenn der Arbeitnehmer nach Ausspruch einer Kündigung mit Beendigungswirkung durch den Arbeitgeber mit Wirkung zu einem früheren Zeitpunkt kündigt, in dem der Arbeitgeber für den betreffenden Arbeitnehmer im Rahmen seines bisherigen Arbeitsverhältnisses und am bisherigen Standort (politische Gemeinde) keinen Beschäftigungsbedarf mehr hat; in diesen Fällen steht eine Aufhebungsvereinbarung der vom Arbeitgeber veranlassten Eigenkündigung gleich. …

§ 11 Abfindung

5. Abfindung wegen Arbeitsaufgabe nach Arbeitsplatzwechsel

Hat ein Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz im Rahmen einer von diesem Sozialplan erfassten Maßnahme aufgrund eines vor Ausspruch einer Änderungskündigung oder einer mit einem Weiterbeschäftigungsangebot verbundenen Beendigungskündigung angenommenen Angebots an einen räumlich weit entfernten Arbeitsplatz im Sinne des § 4 Abs. 1 lit. d verlagert, ohne dass dieser Arbeitsplatz für ihn im Sinne des § 4 Abs. 1 lit. e zumutbar ist, so hat er Anspruch auf Abfindung gemäß den vorangehenden Absätzen dieses Paragraphen auch dann, wenn er das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum Ablauf von 6 Monaten nach Verlegung des i...

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