Leitsatz (amtlich)
1) Regelt ein schriftlicher Arbeitsvertrag, die Arbeitsbedingungen richteten sich „nach den jeweiligen tariflichen Bestimmungen der IG Metall Nordrhein-Westfalen”, und daneben eigenständig die Zahlung einer pauschalen „Auslösung”, die „Wegegeld” einschließt, dann besteht in einem nicht tarifgebundenen Arbeitsverhältnis kein weiterer Anspruch auf „Fahrgeld” oder „Wegegeld” nach dem Bundesmontagetarifvertrag, und zwar auch nicht wegen der „Unklarheitenregel”.
2) Umgekehrt bewirkt die genannte Verweisung auf die Tarifverträge in Verbindung mit der „Unklarheitenregel”, daß der Arbeitgeber gegenüber einem Anspruch auf das tariflich geregelte 13. Monatseinkommen nicht auf eine „Betriebsübung” verweisen kann, wonach in der Vergangenheit eine wesentlich geringere Gratifikationszahlung erfolgt sei.
3) Wegen der genannten Verweisung ist der Arbeitgeber ferner z.B. für die Rückforderung überzahlten Lohnes an die tariflichen Ausschlußfristen gebunden.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 611
Verfahrensgang
ArbG Aachen (Urteil vom 29.04.1994; Aktenzeichen 2 d Ca 1292/93) |
Tenor
1) Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 29.04.1994 – 2 d Ca 1292/93 – teilweise abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.525,27 DM brutto nebst 12 % Zinsen vom Nettobetrag seit dem 11.01.1994 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
2) Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 4/9 und die Beklagte zu 5/9.
3) Streitwert: 2.746,87 DM.
Tatbestand
Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 26.11.1990 als Schlosser tätig. Mit der von ihrer Seite unterzeichneten Ausfertigung eines Arbeitsvertrages, die der Kläger seiner Klageforderung zugrunde legt, hat die Beklagte die vereinbarten Arbeitsbedingungen dokumentiert (Blatt 4 bis 6 der Akte). Soweit es die mit der vorliegenden Klage erhobenen Zahlungsansprüche des Klägers auf tarifliches Fahrgeld und einen tariflich abgesicherten Teil des dreizehnten Monatsgehaltes für 1993 betrifft, enthält der „Arbeitsvertrag” folgende Regelungen:
In Ziffer 2 ist bestimmt, die Arbeitsbedingungen richteten sich „nach den jeweiligen tariflichen Bestimmungen der IG-Metall Nordrhein-Westfalen”. In Ziffer 3 heißt es unter anderm, die Auslösung für die Baustellen der Tage arbeitstäglich 25,00 DM, Rödingen 10,00 DM. Anschließend heißt es wörtlich:
Für die Werkstatt in Titz-Rödingen entfällt das Wegegeld.
Die Auslösung beziehungsweise das Wegegeld wird vom Sitz der Firma zur Baustelle ausgerechnet. Der steuerfreie Anteil der Auslösung und das Fahrgeld erfolgt nach dem Lohnsteuerdurchführungsgesetz ab 01. Januar 1978 (Reisekosten).
Hiernach ist der Arbeitgeber verpflichtet am Monatsende eine schriftliche Erklärung über die Reisestunden (Reisekosten beziehungsweise Festlegung der Auslösung) dem Lohnbüro vorzulegen.
Vordrucke werden kostenlos gestellt.
Bei Krankheit und Urlaub entfällt die Auslösung bzw. Wegegeld.
Ein gesondertes Wegegeld, wie es nach den tariflichen Vorschriften zu errechnen wäre, zahlte die Beklagte nicht; sie splittete in den Abrechnungen die Auslösung auf in einen steuerfreien Fahrgeldanteil, einen steuerfreien Verpflegungsmehraufwandanteil und einen zu versteuernden Anteil.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag verpflichtet, ihm neben der gezahlten Auslösung Wegegeld in Höhe von 0,45 DM pro gefahrenen Kilometer nach § 7.2.2 des Bundesmontagetarifvertrages für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie zu zahlen. Die Anwendung der tariflichen Vorschriften sei unter Ziffer 2 des Vertrages ausdrücklich vereinbart. Außerdem habe der Geschäftsführer der Beklagten in einem Gespräch am 16.12.1993 dem Betriebsrat und einem Vertreter der IG-Metall Verwaltungsstelle Düren erklärt, er erkenne die einschlägigen Tarifverträge an und bringe sie zur Anwendung.
Des weiteren hat der Kläger die Ansicht vertreten, die Beklagte müsse ihm ein dreizehntes Monatsgehalt in Höhe von tariflich abgesichterten 60 % (2.075,57 DM) zahlen, dies ergebe abzüglich des tatsächlich gewährten Betrages von 550,00 DM einen Restanspruch von 1.525,75 DM. Der Kläger hat behauptet, er habe sich schon seit dem Jahr 1991 darüber beschwert, daß er zu wenig Weihnachtsgeld erhalte, und unstreitig zahlte die Beklagte an den Kläger als Weihnachtsgeld für – 1991 150,00 DM für 1992 300,00 DM und für 1993 550,00 DM. Der Auszahlung für 1993 Mitte Dezember 1993 war ein Zettel beigefügt, auf dem es heißt: „Sonderzahlungen sind einmalige Zahlungen!”
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.429,94 DM brutto mit 12 % Zinsen von dem Nettobetrag seit dem 11.01.1994 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat bestritten, daß der Kläger eine von ihm unterzeichnete Ausfertigung des Arbeitsvertrages wie vorgesehen zurückgereicht habe. Sie hat die Auffassung vertreten, aus dem Vertrag ergebe sich kein Anspruch auf gesondertes Fahrgeld, die tariflichen Bestimmungen seien dur...