Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Befristung eines Arbeitsverhältnisses als Vertreter für eine Mitarbeiterin in Elternzeit

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Auswirkungen einer auf einem Interessenausgleich/Sozialplan beruhenden, durch betriebliche Umstrukturierungsmaßnahmen bedingten Versetzung eines Elternzeitvertreters auf die Befristung seines Arbeitsvertrages nach § 21 BEEG.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Hat die von einem Arbeitnehmer aufgrund eines befristeten Arbeitsverhältnisses zu vertretenden Mitarbeiterin die von ihr beantragte Elternzeit tatsächlich wie vorgesehen bis zum Ende durchgeführt, so bestand ein sachlicher Grund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses, der auch nicht nachträglich weggefallen ist.

2. Durch eine betriebliche Umorganisation kommt in der Regel kein neues Arbeitsverhältnis zustande.

 

Normenkette

TzBfG § 14; BEEG § 21; TV Ratio DTAG

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Entscheidung vom 14.05.2014; Aktenzeichen 2 Ca 353/14)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.05.2017; Aktenzeichen 7 AZR 301/15)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 14.05.2014 in Sachen 2 Ca 353/14 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob zwischen ihnen nachträglich ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist.

Der am 1987 geborene Kläger absolvierte in der Zeit vom 01.09.2006 bis 02.02.2009 bei der Beklagten eine Berufsausbildung zum Kaufmann für Dialogmarketing. Danach wurde er bei dem konzernangehörigen Unternehmen D T K GmbH als Kundenberater im Callcenter unbefristet eingestellt. Dieses Arbeitsverhältnis beendeten die Arbeitsvertragsparteien durch eine Auflösungsvereinbarung zum 31.07.2011.

Mit Arbeitsvertrag vom 12.07.2011 begründete der Kläger mit der hiesigen Beklagten sodann ein Anstellungsverhältnis als Junior Referent Recruitment/Ressourcing in B . Die Stelle war mit der tariflichen Vergütungsgruppe T 6 dotiert, was zu einem Jahreszielentgelt in Höhe von 48.749,00 € brutto (Stand 2013) führte. Gemäß § 2 Ziffer 1 Satz 1 war der Arbeitsvertrag vom 12.07.2011 für die Zeit vom 01.08.2011 bis 31.01.2014 befristet. Befristungsgrund war die Vertretung der Mitarbeiterin Z Ü . Diese hatte am 08.02.2011 einen Sohn geboren und sodann vom 10.04.2011 bis 07.02.2014 Elternzeit in Anspruch genommen. Auf den vollständigen Inhalt des Anstellungsvertrages vom 12.07.2011 (Bl. 6 - 13 d. A.) wird Bezug genommen.

Am 9. August 2012 schloss die Beklagte mit ihrem Gesamtbetriebsrat einen Interessenausgleich und Sozialplan zur Umsetzung der Maßnahme "Shape Headquarters" (Bl. 98 ff. d. A.). Gegenstand der Maßnahme war eine Umstrukturierung verschiedener Funktionsbereiche mit dem Ziel einer Neuausrichtung der Zentralen Steuerungs- und Servicefunktionen des Konzerns. Hierzu sollten die Arbeitsplätze in den als "Quell-Organisationseinheiten" bezeichneten bisherigen Funktionsbereichen in die jeweiligen "Ziel-Organisationseinheiten" überführt werden, wobei die Stellen inhaltlich teilweise unverändert blieben, teilweise neu zugeschnitten wurden und teilweise auch Änderungen des Arbeitsortes vorgenommen wurden.

Die sogenannte "Migration des Personalbestands" von den jeweiligen Quellbereichen in die jeweiligen Zieleinheiten sollte zum einen im Wege der sogenannten 1:1-Umsetzung erfolgen, zum anderen im Wege eines sogenannten Anbietungsverfahrens. Eine 1:1-Umsetzung im Sinne dieser Vereinbarung bedeutete, dass die Arbeitsaufgabe im Wesentlichen gleich bleibt (d. h. keine Änderung der wertprägenden Tätigkeitsmerkmale eintritt), der Standort gleich bleibt und sich die Bewertung der Tätigkeit auf Basis der einschlägigen tariflichen oder außertariflichen Bestimmungen als gleichwertig darstellt. Der betreffende Beschäftigte wechselt mit seiner Aufgabe in die Zielorganisation (vgl. § 4 Abs. 2 Interessenausgleich/Sozialplan Shape HQ).

Beim Anbietungsverfahren werden die betreffenden Arbeitsplätze in den Zielbereichen ausschließlich den jeweils Anbietungsberechtigten aus den Quellbereichen angeboten. Alle Anbietungsberechtigten können sich auf bis zu drei Stellen in den Zielbereichen des jeweiligen Anbietungsverfahrens priorisiert bewerben. Die Anbietungsfrist beträgt drei Wochen. Ziel des Anbietungsverfahrens ist es, den individuell am besten geeigneten Bewerber auszuwählen, wobei soziale Belange des Einzelnen zu berücksichtigen sind (Interessenausgleich/Sozialplan Shape HQ § 4 Abs. 3).

Für die Stelle des Klägers bzw. der von ihm vertretenen Mitarbeiterin Ü war § 4 Abs. 6 Interessenausgleich/Sozialplan Shape HQ einschlägig. Danach hatte der Übergang in die vorgesehenen Zielstellen im Wege des Anbietungsverfahrens zu erfolgen. In einer Protokollnotiz zu § 4 Abs. 6 Interessenausgleich/Sozialplan Shape HQ hatten die Betriebspartner festgelegt: "Die Anzahl der besetzten Positionen in den jeweiligen Quell-Organisationseinheiten und den jeweiligen Ziel-Organisationseinheiten ist zum Zeitpunkt der Umsetzung identisch."

Für die Durchführung des sogenannt...

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