Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Altersversorgung. Hinterbliebenenrente. Witwen- und Witwerrente. Ehegatte. eingetragener Lebenspartner. Regelungslücke. Diskriminierung wegen des Geschlechts
Leitsatz (amtlich)
1. § 13 VTV Deutsche Welle, welcher im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung dem „überlebenden Ehegatten” eine „Witwen- und Witwerrente” zubilligt, ist auf eingetragene Lebenspartner nicht entsprechend anwendbar.
2. Ein Verstoß gegen die Richtlinie 200/78/EG (Diskriminierung wegen der sexuellen Identität) liegt insoweit nicht vor.
Normenkette
VTV Deutsche Welle § 13; Richtlinie 200/78/EG; EG-Vertrag Art. 253; GG Art. 6, 3; BAT § 29
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Urteil vom 15.11.2005; Aktenzeichen 6 Ca 2376/05) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 15.11.2005 in Sachen 6 Ca 2376/05 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob der Kläger von der Beklagten aufgrund des Todes seines vormals bei der Beklagten beschäftigten eingetragenen Lebenspartners eine betriebliche Witwer-Rente verlangen kann.
Der Kläger war seit dem 02.08.2001 eingetragener Lebenspartner des am 01.12.1947 geborenen und am 25.08.2001 verstorbenen US. Der Kläger lebte seit dem Jahr 1977 mit USbis zu dessen Tod in einer Lebensgemeinschaft. US war vom 01.01.1973 bis 12.11.1999 bei der Beklagten beschäftigt und erwarb in dieser Zeit einen Anspruch auf eine unverfallbare Betriebsrentenanwartschaft in Höhe von 328,82 EUR brutto monatlich. Der betrieblichen Altersversorgung des US lag der Versorgungstarifvertrag der D Wzugrunde. Nach § 13 VTV Deutsche Welle erhält „der überlebende Ehegatte des Berechtigten” „eine Witwen- oder Witwerrente” in Höhe von 60 % der Altersrente des Berechtigten. Auf den vollständigen Wortlaut von § 13 VTV Deutsche Welle (Bl. 14 d. A.) wird Bezug genommen.
Nachdem der Kläger erfahren hatte, dass zum 01.01.2005 das sogenannte Lebenspartnerschaftsüberarbeitungsgesetz mit Änderungen u. a. bei der Hinterbliebenenversorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung in Kraft getreten war, machte er gegenüber der Beklagten noch im Januar 2005 Ansprüche auf eine Hinterbliebenenversorgung auf der Grundlage des § 13 VTV Deutsche Welle geltend. Die Beklagte lehnte entsprechende Leistungen ab.
Am 10.08.2005 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Tarifvertragsparteien hätten sich bei dem Zweck und der Ausgestaltung der Hinterbliebenenversorgung offenbar von der Frage leiten lassen, ob der Bezugsberechtigte zum Zeitpunkt des Todes des ehemals Beschäftigten mit diesem bereits seit längerer Zeit in einer unterhaltsrechtlichen Verantwortungsgemeinschaft gelebt habe. Diese Kriterien der Beständigkeit der Lebensgemeinschaft und der partnerschaftstypischen Altersstruktur träfen auch auf ihn und seinen verstorbenen Lebenspartner zu. Vor Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes am 01.08.2001 sei dem deutschen Recht eine rechtlich anerkannte Verbindung von zwei Partnern gleichen Geschlechts völlig fremd gewesen. Der Tarifvertrag enthalte dementsprechend eine unbewusste Regelungslücke. Der mutmaßliche Wille der Tarifpartner sei darin zu sehen, auch langanhaltende und in typischer Weise altersstrukturierte Lebenspartnerschaften in die Hinterbliebenenversorgung einzubeziehen.
Darüber hinaus hat der Kläger die Auffassung vertreten, sollten die Tarifvertragspartner die Hinterbliebenenversorgung bewusst nicht auf eingetragene Lebenspartner ausgedehnt haben, würde dies gegen höherrangiges europäisches Recht verstoßen, nämlich gegen die Richtlinie 2000/78/EG:, die gemäß Art. 3 Abs. 1 c ein Diskriminierungsverbot wegen der sexuellen Ausrichtung hinsichtlich des Arbeitsentgelts statuiere. Im Falle eines solchen Verstoßes gegen eine europarechtliche Richtlinie seien die nationalen Gerichte gehalten, die Diskriminierung auf jede denkbare Weise und insbesondere dadurch auszuschließen, dass sie die begünstigenden Regelungen auch zugunsten der benachteiligten Gruppe anwenden. Rechte aus einer solchen Richtlinie könnten vom betroffenen Bürger gegenüber Organisationen oder Einrichtungen geltend gemacht werden, die dem Staat oder seiner Aufsicht unterstehen oder mit besonderen Rechten ausgestattet sind, die über diejenigen hinausgehen, die sich aus den für die Beziehungen zwischen Privatpersonen geltenden Vorschriften ergeben. Hierzu gehörten auch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten wie die Beklagte.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger seit September 2001, hilfsweise seit Januar 2005 Witwerrente in Höhe von 197,29 EUR monatlich zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat eingewandt, der Kläger begehre Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Diese unterlägen aber der Tarifautonomie. An einer planwidrigen Regelungslücke im Tarifvertrag fehle es. Die Tarifvertragspar...