Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitnehmerüberlassung im Konzern. Verwirkung eines Rechtsverhältnisses
Leitsatz (amtlich)
1. Soweit ein Überlassen von Arbeitnehmern im Konzernbereich vor der ausdrücklichen Klarstellung durch den Gesetzgeber im Beschäftigungsförderungsgesetz 1985 als nicht erlaubnispflichtig nach dem AÜG angesehen wurde, wurde dies damit begründet, es fehle bei der konzerntypischen „gelegentlichen entgeltlichen Überlassung von Arbeitskräften an andere Konzerngesellschaften” an dem Merkmal der Gewerbsmäßigkeit.
2. Der zunächst entliehene und zu einem späteren Zeitpunkt vom Entleiher eingestellte Arbeitnehmer verwirkt nicht das Recht, im Zusammenhang mit Betriebsrentenansprüchen die Begründung des Arbeitverhältnisses zu einem früheren Zeitpunkt kraft Fiktion nach Art. 1 § 10 Abs. 1 AÜG geltend zu machen, wenn er bei der Abrechnung der Vergütungsansprüche und der Jubiliäumszuwendungen hingenommen hat, dass von einem Bestand des Arbeitshältnisses erst ab der Einstellung ausgegangen worden ist.
Normenkette
AÜG Art. 1 § 10 Abs. 1 S. 1; AÜG § 9 Nr. 1; BGB § 242
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 18.11.2004; Aktenzeichen 1 Ca 14243/03) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 18. November 2004 – 1 Ca 14243/03 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen bereits seit dem 2. November 1984 ein Arbeitsverhältnis besteht, was für die Anwartschaft des Klägers auf betriebliche Versorgungsleistungen maßgeblich ist.
Der Kläger war vom 2. November 1984 bis zum 30. September 1986 als Anlagenwärter bei der S. mbH (S) beschäftigt. Er war ausschließlich im Kraftwerk W. bei E. der Rechtsvorgängerin der Beklagten (R) beschäftigt.
Das Arbeitsverhältnis mit der S endete aufgrund einer Kündigung des Klägers vom 12. September 1986 mit dem 30. September 1986. In dem Kündigungsschreiben nannte der Kläger als Beendigungsgrund, er werde mit Wirkung zum 1. Oktober 1986 von der Rechtsvorgängerin der Beklagten als Arbeitnehmer übernommen.
In dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 9./12. September 1986 vereinbarten die Rechtvorgängerin der Beklagten und Kläger u. a. Folgendes:
„I. Tätigkeit und Aufgabengebiet
Sie werden in der Abteilung PA als Wärter Bekohlung und/oder Entaschungsbereich Gruppe 4/Bild 1 eingesetzt.
Als Dienstort wird E. vereinbart….
III. Vergütung
e) Die Betriebszugehörigkeit zum R rechnet ab 1. Oktober 1986…
VI. Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung
Die bisher gültigen R -Ruhegeld-Richtlinien sind mit Wirkung zum 31.3.1986 gekündigt worden. Das bedeutet, dass sie zur Zeit einen Anspruch auf Ruhegeld und Hinterbliebenenversorgung nicht haben. Es ist jedoch beabsichtigt, die mit dem Gesamtbetriebsrat noch zu treffende Vereinbarung mit Wirkung ab dem 1. April 1986 in Kraft zu setzen, so dass Sie dann rückwirkend vom Zeitpunkt Ihres Eintritts nach Maßgabe der Neuregelung versorgungsberechtigt sind …”.
In der Folgezeit kam es zu einer Betriebsvereinbarung gemäß Ziffer 6 des Arbeitsvertrages, welche die vorher geltenden ebenfalls auf Betriebsvereinbarungen beruhenden Versorgungsbestimmungen unter Besitzstandswahrung verschlechterte.
Mit der vorliegenden Klage, die am 12. Dezember 2003 beim Arbeitsgericht Köln eingegangen ist, begehrt der Kläger Feststellung, dass bereits seit dem 2. November 1984 ein Arbeitsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten besteht. Sein Feststellungsinteresse ergebe sich daraus, dass für den Versorgungsfall die wesentlich günstigere Regelung gelte, wenn das Beschäftigungsverhältnis bereits seit 1984 und nicht erst seit 1986 bestehe.
Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, er sei seit 1984 im Rahmen einer gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten tätig gewesen, ohne dass die S die hierfür notwendige Erlaubnis besessen habe. Zwischen 1984 und 1986 sei er vollständig in den Betrieb der Rechtsvorgängerin der Beklagten in W eingegliedert gewesen. Nach seiner Einstellung bei der S habe er im Betriebsbereich „Bekohlung” alle dort anfallenden Produktionsarbeiten in den Unterbereichen Eisenausscheidung, Brecherei, Revisierwagen, Bekohlungsanlage und Blockanlage verrichtet. Die Arbeitsanweisungen seien ihm von den für den Bereich zuständigen Meistern und Vorarbeitern der Rechtsvorgängerin der Beklagten erteilt worden.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten seit dem 2. November 1984 besteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat das Vorbringen des Klägers über die Arbeitsbereiche, in denen er eingesetzt worden ist, und über die Erteilung von Arbeitsanweisungen durch Beschäftigte ihrer Rechtsvorgängerin bestritten. Er sei lediglich im Rahmen von Werkverträgen ihrer Rechtsvorgängerin mit der S tätig geworden. Die S habe damals mit ihren Arbeitnehmern sowohl Anlagen in dem Kraftwerk gewartet und i...