Leitsatz (amtlich)
Begriff des „Arbeitsplatzwegfalls” im Sinne des Tarifvertrages: Abgrenzung der Fälle des § 2 und des § 4.
Normenkette
§§ 2 + 4 des Lohn- und Gehaltssicherungstarifvertrages Eisen und Metall
Verfahrensgang
ArbG Siegburg (Urteil vom 20.10.1994; Aktenzeichen 4 Ca 1873/94) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 20.10.1994 – 4 Ca 1873/94 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die weitergehende Klage wird kostenpflichtig abgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die beiderseits tarifgebundenen Parteien streiten über die Dauer der dem Kläger entsprechend dem Tarifvertrag über die Lohn- und Gehaltssicherung für Arbeitnehmer in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie NRW vom 25.01.1979 zustehenden Verdienstsicherung, nachdem die Abteilung Galvanik, in der der Kläger als Galvaniseur seit Anfang 1991 im Akkord gegen eine Vergütung entsprechend der Lohngruppe IV beschäftigt war, Anfang Oktober 1993 abgebrannt ist. Nach dem Brand und der Rückkehr des Klägers aus dem Urlaub wurde dieser zunächst für Säuberungsarbeiten im Bereich der Galvanik eingesetzt, seit dem 05.10.1993 ist er auf Veranlassung der Beklagten mit Zustimmung des Betriebsrats in der Rahmenfertigung, einem Bereich der Stanzerei tätig, bis heute ist er ununterbrochen mit den gleichen Aufgabenstellungen am gleichen Ort betraut.
Unter dem 10.11.1993 hatte der Betriebsrat der Beklagten dieser mitgeteilt, daß er die Versetzung des Klägers zur Kenntnis nehme und davon ausgehe, daß die Verdienstsicherung entsprechend den tarifvertraglichen Bestimmungen zur Anwendung komme. Die Tätigkeit des Klägers ist der Lohngruppe V zugeordnet, es erfolgt eine Vergütung im Zeitlohn. Nachdem die Beklagte zunächst davon ausgegangen war, daß sie ihre Galvanikabteilung wieder aufbauen lassen würde, beschloß sie spätestens im Dezember 1993, die dort verrichteten Aufgaben in Zukunft von Fremdunternehmen wahrnehmen zu lassen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe zunächst durch die Zuweisung des Arbeitsplatzes in der Abteilung Stanzerei/Rahmenfertigung gem. § 2 des Tarifvertrages über die Lohn- und Gehaltssicherung einen Anspruch auf entsprechende Verdienstsicherung für die Dauer von sieben Monaten erworben; mit der Entscheidung, die Galvanik nicht wieder aufzubauen habe er einen Anspruch auf Lohn- und Gehaltssicherung für weitere zwölf Monate erhalten, so daß über den Monat Mai 1993 hinaus auch für den Monat Juni 1993 die früher bezogene Akkordvergütung geschuldet sei. Die Beklagte müsse den bisherigen Lohn bis Dezember, zumindest aber bis Oktober 1993 einschließlich bezahlen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 932,21 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Sie hat die Ansicht vertreten, daß sie dem Kläger Verdienstsicherung nur für die Dauer von sieben Monaten schuldet, weil dem Kläger der geringer bezahlte Arbeitsplatz Stanzerei/Rahmenfertigung bereits wegen des Brandes in der Galvanik, also aus dringenden betrieblichen Gründen zugewiesen worden ist. Die Beklagte habe erst nach der Versetzung des Klägers entschieden, die Galvanik nicht wieder aufzubauen, die „organisatorische Maßnahme” im Sinne des § 4 des Tarifvertrages sei also erst zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem der Kläger bereits Gehaltssicherung erhalten habe.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es ist dabei davon ausgegangen, daß dem Kläger Verdienstsicherung nach § 4 des Tarifvertrages nicht zusteht, weil zum Zeitpunkt der Zuweisung des Arbeitsplatzes Stanzerei/Rahmenfertigung nicht davon ausgegangen wurde, daß der Arbeitsplatz in der Galvanik auf Dauer entfallen sei. Nach der dementsprechenden Entscheidung der Beklagten im Dezember 1993 aber sei eine Versetzung des Klägers im Sinne des § 4 des Tarifvertrages nicht mehr erfolgt. Soweit die Zuweisung eines neuen Arbeitsplatzes unter den Voraussetzungen des § 2 des Tarifvertrages erfolgt sei, schließe dies die Anwendung von § 4 des Tarifvertrages aus, da anderenfalls die Begrenzung der Verdienstsicherung auf sieben Monate durch § 2 des Tarifvertrages ausgehölt werde.
Gegen dieses dem Kläger am 01.12.1994 zugestellte Urteil hat er am 02.01.1995 Berufung eingelegt und diese am 02.02.1995 begründet.
Er ist weiterhin der Auffassung, daß ihm nach der einschlägigen Tariflage ein Anspruch auf Verdienstsicherung für insgesamt 14 Monate zusteht, also bis Dezember 1994 einschließlich. Vor Dezember 1993 habe eine endgültige Versetzung in die Rahmenfertigung noch nicht vorgelegen, zumindest könne er Verdienstsicherung bis einschließlich Oktober 1994, also insgesamt für die Dauer von 12 Monaten verlangen: Seit Dezember 1993 seien die Voraussetzungen des § 4 des Tarifvertrages gegeben: Ein „Einsatz an einem Arbeitsplatz” im Sinne dieser Bestimmung liege auch dann vor, wenn sich der Arbeitgeber...