Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungszulage. Entzug. Widerruf. Paritätische Kommission. Tarifauslegung. Befristung einer Arbeitsbedingung
Leitsatz (amtlich)
Die Leistungszulage nach § 4 BZT-G/NRW ist stets auf ein Jahr befristet und entfällt nach Zeitablauf.
Dies ergibt die Tariflauslegung. Das Zulagevolumen ist jedes Jahr neu unter Beteiligung und auf Vorschlag der paritätischen Kommission zu verteilen. Die Befristung umgeht den Änderungskündigungsschutz nicht, da sie mit Sachgrund erfolgt. Allein die jährliche Neuverteilung ist geeignet, gleiche Zugangsmöglichkeit und gleichen Bewertungsmaßstab für alle Arbeiter zu gewährleisten.
Normenkette
BZT-G/NRW § 4 Abs. 4; BGB § 133
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 24.09.2003; Aktenzeichen 3 Ca 13331/02) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 24.09.2003 – 3 Ca 13331/02 – wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger für die Monate Oktober 2002 bis einschließlich September 2003 einen monatlichen Leistungszuschlag in Höhe von 92,03 EUR zu zahlen. Bis einschließlich zum 30.09.2002 hat der Kläger diesen monatlichen Leistungszuschlag auf der Grundlage von § 4 Abs. 4 des Bezirkszusatztarifvertrages (BZT-G/NRW) für gemeindliche Arbeiter in Nordrhein-Westfalen zu § 20 Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G) erhalten. Die Tarifverträge sind auf das Arbeitsverhältnis des Klägers anwendbar. § 4 Abs. 4 BZT-G/NRW lautet in der auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Fassung vom 07.12.1990 wie folgt:
An Arbeiter, deren Leistungen dauernd über dem Durchschnitt der Leistungen liegen, die normalerweise von Arbeitern der gleichen Berufsgruppe erwartet werden, können, werden Leistungszuschläge gezahlt. Sie müssen im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Betriebs bzw. der Verwaltung liegen und dürfen im Einzelfall zehn von hundert des Monatstabellenlohnes der Stufe 1 der jeweils nächst niedrigeren Lohngruppe des Arbeiters – für Arbeiter der Lohngruppe 1 ist die Stufe 1 anzusetzen – und insgesamt 3,5 vom hundert der Summe der Monatstabellenlöhne der Stufe 1 des Betriebes, der Verwaltung bzw. des Verwaltungszweiges nicht überschreiten…
Über die Leistungszuschläge ist jährlich neu zu entscheiden.
Die jederzeit widerruflichen Leistungszuschläge gewährt der Arbeitgeber auf schriftlich begründeten Vorschlag der für die Abnahme der Werkprüfung eingesetzten oder einer gleichwertigen, dem Beruf entsprechenden Kommission.
Vor einem Widerruf ist die Kommission zu hören.
Vor der Änderung des Tarifvertrages im Jahre 1990 fehlte der Satz „Über die Leistungszuschläge ist jährlich neu zu entscheiden.”
Mit Schreiben vom 17.09.2001 hatte die Werkprüfungskommission dem Arbeitgeber den Vorschlag gemacht, dem Kläger einen Leistungszuschlag für den Zeitraum vom 01.10.2001 bis 30.09.2002 in gleicher Höhe wie bisher weiter zu zahlen. Die Werkprüfungskommission stellte in diesem Schreiben auch fest, dass die Fachabteilung die Weitergewährung der Zuschläge befürwortete. Darauf hin wurde dem Kläger mit Schreiben vom 11.10.2001 Folgendes mitgeteilt:
Sehr geehrter Herr Wischum,
die Werkprüfungskommission hat vorgeschlagen, den Ihnen bewilligten Leistungszuschlag in Höhe von 180,00 DM monatlich weiterzuzahlen.
Ich entspreche diesem Vorschlag und habe veranlasst, dass der genannte Betrag ab 01.10.2001 wie bisher angewiesen wird.
Der Leistungszuschlag ist jederzeit widerrufbar und wird längstens bis 30.09.2002 gewährt. Für Ihre besondere Leistungsbereitschaft möchte ich mich bei dieser Gelegenheit herzlich bedanken.
Ab Oktober 2002 wurde der Leistungszuschlag nicht mehr gewährt. Die Beklagte hat insoweit den Zugang einer Abmahnung behauptet und vorgetragen, der Kläger sei zweimal schlafend im Führerhaus seines LKW angetroffen worden.
Der Kläger vertritt die Ansicht, dass der Leistungszuschlag nicht durch bloßen Fristablauf entfalle. Vielmehr sei ein ausdrücklicher Widerruf erforderlich. Da er aufmerksam gemacht worden, dass seine Leistungen aus Sicht der Beklagten abgesunken seien. Insbesondere sei aber die Werksprüfungskommission nicht zum Entzug seiner Zulage angehört worden.
Nach Klageerhebung hat die Beklagte die Leistungszulage mit Wirkung ab Juli 2003 ausdrücklich widerrufen. Sie vertritt die Ansicht, dass die Leistungszulage wegen der jährlichen Überprüfungspflicht, die sich aus dem Tarifvertrag ergebe, stets nur auf ein Jahr befristet sei. Durch die Neuverteilung der Gelder im Folgejahr sei eine ausreichende Beteiligung der Werkprüfungskommission gegeben. Die Gelder seien für die Zeit ab 01.10.2002 neu vergeben worden, ohne den Kläger zu berücksichtigen. Mit den Leistungen des Klägers sei die Beklagte unzufrieden, er leiste unterdurchschnittlich und sei nur auf Druck von Kollegen bereit gewesen, Überstunden zu leisten.
Die erste Instanz hat die Zahlungsklage abgewiesen...