Rechtsmittel zugelassen
Leitsatz (amtlich)
1. Die Gewinnabführung innerhalb eines Konzerns begründet noch keine „Gewerbemäßigkeit” von Arbeitnehmerüberlassungen im Konzern.
2. Die Auslegung des § 1 Abs. 2 AÜG durch das BAG dahin, daß bei Vorliegen der dortigen Voraussetzungen das Arbeitsverhältnis zum „Verleiher” endet, bedarf der Einschränkung dahin, daß die Beendigung nicht gegen den Willen des Arbeitnehmers stattfindet.
Normenkette
AÜG § 1 Abs. 1-2, § 10 Abs. 1 S. 1, § 13
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 13.12.1995; Aktenzeichen 11 Ca 4631/95) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 13.12.1995 – 15/11 Ca 4631/95 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
Streitwert: unverändert
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beklagte (AG) betreibt Luftfahrt und ist ein beherrschendes Unternehmen in einem Konzern. Ihr Sitz ist in K. Hier befinden sich auch 5 Tochtergesellschaften mit rund 300 Mitarbeitern. Diese sind von der Beklagten eingestellt worden und zu den Tochtergesellschaften versetzt oder abgeordnet worden. Sie werden von einem zentralen Personaldienst der Beklagten verwaltet. Die Personalkosten erhält die Beklagte von den Tochtergesellschaften erstattet. Sie erhält auch die Gewinne der Tochtergesellschaften. Sie besitzt die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Die Mitarbeiter bei der Beklagten und den Tochtergesellschaften haben einen gemeinsamen Betriebsrat gewählt.
Die Klägerin war ab 1.7.1964 als Luftverkehrskauffrau bei der Beklagten tätig gemäß Einstellungsschreiben vom 6.3.1964 (Bl. 158 f d.A.). Ab 15.4.1971 wurde sie als Sachbearbeiterin bei der Kölner Tochtergesellschaft G eingesetzt unter Änderung (Arbeitszeitverkürzung) des Arbeitsvertrages mit der Beklagten (Bl. 53 und 160 d.A.). Seit dem 1.3.1985 ist sie als Sachbearbeiterin bei der Kölner Tochtergesellschaft tätig gegen ein Monatsgehalt von zuletzt DM 4.900,– brutto.
Unter dem 8.5.1995 hat die Beklagte den genannten 300 Mitarbeitern, darunter der Klägerin, schriftliche mitgeteilt, daß formal zum 1.7.1995 ihr Arbeitsverhältnis zur Beklagten in Konsequenz der Regelungen der §§ 10 Abs. 1, 13 AÜG ende und unter unveränderten tariflichen Arbeitsbedingungen auf die Tochtergesellschaft übergehe, bei der Klägerin auf die (Bl. 5 d.A.). Die Klägerin bestreitet dies und hat am 29.5.1995 Klage erhoben mit dem Antrag,
festzustellen, daß ein Übergang des Arbeitsverhältnisses der Klägerin auf die zum1.7.1995 nicht stattfindet, sondern, daß das Arbeitsverhältnis über den 1.7.1995 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen: Es treffe zu, daß die Klägerin sowie alle anderen betroffenen Mitarbeiter Arbeitsverträge mit der Beklagten besäßen. Sie seien jedoch alle auf Dauerarbeitsplätzen bei den Tochtergesellschaften eingesetzt und besäßen keinen Arbeitsplatz bei der Beklagten. Hintergrund dieser Regelung sei unter anderem gewesen, daß nur auf diesem Wege die Mitarbeiter in den Genuß der Zusatzversorgung bei der Versicherungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) gekommen seien. Nur die Tätigkeit in einem Unternehmen, das als überwiegend im Bundesbesitz befindlich der Satzung der VBL unterfiel, habe die Versorgung über diese Versorgungseinrichtung möglich gemacht. Der Arbeitsvertragszustand habe bestanden in Übereinstimmung mit den Arbeitnehmervertretern. Der Aspekt eines möglichen Verstoßes gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz sei allen Beteiligten vor dem Hintergrund des eigentlichen Schutzgedankens mit dem Vorteil der Altersversorgung für die Mitarbeiter durchaus vernachlässigbar erschienen. Zu berücksichtigen gewesen sei weiterhin, daß Inhalt und Auslegung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes mehrfach Änderungen im Laufe der Jahre unterworfen gewesen seien. Durch die Privatisierung der Beklagten sei die Mitgliedschaft in der VBL entfallen. Die nunmehrige Altersversorgung bedürfe einer besonderen Vertragskonstruktion nicht mehr. Sie gelte für die Mitarbeiter der Beklagten gleichermaßen wie für die Mitarbeiter ihrer Tochtergesellschaften. Dies habe es z.B. möglich gemacht, den Konzern neu zu strukturieren, in dem die Bereiche Technik, Fracht und EDV in eigens hierfür gegründete Gesellschaften ausgegliedert worden seien. Die ruhende Frage, ob die bestehende Arbeitsvertragssituation als unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung gegen das AÜG mit den dortigen Konsequenzen verstoßen könnte, sei vom parallel zu Überlegungen bei der Beklagten selbst wieder aufgenommen worden. Nach Analyse der bestehenden Situation in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht sei das zu der Ansicht gelangt, daß eine verbotene Arbeitnehmerüberlassung vorliege, welche auch nicht durch das Konzernprivileg des Art. I § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG legalisiert sei. Dies im wesentlichen deshalb, weil die Mitarbeiter auf eigenen Arbeitsplätzen der Tochtergesellschaften auf Dauer eingesetzt seien, ohne daß ...