Rechtsmittel zugelassen

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrages nach § 1 Abs. 4 Nr. 3 GBefrAVÄrzte tritt nicht ein, wenn der Arzt den Zweck der Beschäftigung bereits vor der vereinbarten Dauer des Arbeitsvertrages erreicht (teleologische Reduktion).

 

Normenkette

BGB § 620; GBefrAVÄrzte § 1 Abs. 4 Nr. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Aachen (Urteil vom 31.05.1994; Aktenzeichen 4 Ca 130/94)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.04.1996; Aktenzeichen 7 AZR 428/95)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 31.05.1994 – 4 Ca 130/94 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beklagte (…) unterhält in Würselen ein Krankenhaus. Es ist ein akademisches Lehrkrankenhaus der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen und hat auch eine Klinik für Neurologie.

Die Klägerin, geboren am 26.7.1960, jetzt verheiratet, ist Ärztin und hatte das Ziel, Fachärztin für Neurologie zu werden. Sie hat sich unter dem 5.9.1990 bei dem Krankenhaus als Assistenzärztin beworben (Bl. 21 d.A.) und ist vom 15.10.1990 bis zum 3.1.1991 als Ärztin im Praktikum in der neurologischen Abteilung ausgebildet worden gemäß Vertrag vom 15.10.1990 (Bl. 5 d.A.) und anschließend dort als Assistenzärztin beschäftigt worden mit einem Dreijahresvertrag (Befristung bis 31.12.1993, Bl. 6 d.A.).

Im Frühjahr 1993 ist die Klägerin schwanger geworden. Unter dem 9.6.1993 hat sie dem Krankenhaus geschrieben (Bl. 22 d.A.), sie beantrage die Verlängerung ihres Arbeitsvertrages gemäß § 1 Abs. 4 Nr. 3 des Gesetzes über befristete Arbeitsverträge von Ärzten in der Weiterbildung (vom 15. Mai 1986, BGBl. I, Seite 742, geändert durch Gesetz vom 15. Dezember 1990, BGBl. I, Seite 2806 – GBefrAVÄrzte –). Diese Bestimmung lautet:

„Auf die jeweilige Dauer eines befristeten Arbeitsvertrages nach Abs. 3 sind im Einvernehmen mit dem zur Weiterbildung beschäftigten Arzt nicht anzurechnen: …

3. Zeiten einer Beurlaubung nach § 8 a des Mutterschutzgesetzes oder § 15 des Gesetzes über die Gewährung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub und Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach den §§ 3, 4, 6 und 8 des Mutterschutzgesetzes, soweit eine Beschäftigung nicht erfolgt ist.”

Die Beklagte hat den Antrag mit Schreiben vom 2.7. und 27.8.1993 abgelehnt (Bl. 8 und 23 d.A.). Unter dem 27.9.1993 hat der Chefarzt der Klinik für Neurologie des Krankenhauses, Dr. E., der Klägerin bescheinigt, daß sie ihre neurologischen Ausbildungszeiten erfüllt habe (Bl. 24 d.A.).

Am 9.11.1993 begann für die Klägerin die Mutterschutzfrist nach § 3 Abs. 2 MuSchG (6 Wochen). Am 27.12.1993 hat die Klägerin entbunden. Die anschließende Schutzfrist nach § 6 Abs. 1 MuSchG (8 Wochen) dauerte bis zum 21.2.1994.

Die Klägerin hat geltend gemacht, die Befristung des Arbeitsvertrages vom 29.1.1991 sei unwirksam. Ein Befristungsgrund habe nicht vorgelegen. Im Arbeitsvertrag sei ein solcher Grund nicht genannt. Das Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung sei nicht anwendbar. Das habe der Beklagte in dem Schreiben vom 2.7.1993 selbst erklärt. Zumindest sei ihr Begehren auf Verlängerung gemäß § 1 Abs. 4 Nr. 3 dieses Gesetzes begründet.

Die Klägerin hat demgemäß beim Arbeitsgericht beantragt, soweit es noch interessiert,

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis über den 31.12.1993 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht: Die Befristung sei wirksam. Die Beschäftigung der Klägerin habe ihrer Weiterbildung zur Fachärztin für Neurologie gedient. Damit habe ein die Befristung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigender Grund vorgelegen gemäß § 1 Abs. 1 GBefrAVÄrzte. Das ergebe sich schon aus der Bewerbung der Klägerin. Aufgrund dieser Bewerbung seien Einstellungsgespräche zwischen ihr und Herrn Dr. E. bzw. dem Personalstellenleiter Herrn S. geführt worden. Innerhalb dieser Gespräche sei klar und eindeutig festgestellt worden, daß die Klägerin zunächst für die Dauer der Ausbildung als Ärztin im Praktikum und anschließend für die in der neurologischen Klinik mögliche anrechenbare Weiterbildungszeit im Rahmen der Facharztausbildung Neurologie bis zum 31.12.1993 beschäftigt werden sollte. Der Endtermin des Vertrages vom 29.1.1991 sei so gewählt worden, daß er der Weiterbildungsermächtigung des Herrn Dr. E. entsprochen habe (§ 5 Weiterbildungsverordnung für die nordrheinischen Ärzte). Zu einer verkürzten Befristungsdauer habe im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses keinerlei Anlaß bestanden. Erst ca. ein Jahr später, als die Ärztekammer Nordrhein in einer anderen Angelegenheit Stellung zu der Anrechnungsfähigkeit von AiP-Zeiten genommen habe, habe unter Berücksichtigung dieser Stellungnahme festgestellt werden können, daß die von der Klägerin abgeleisteten AiP-Zeiten zumindest teilweise auf die Weiterbildungszeiten anzurechnen seien. In Übereinstimmung mit der vertraglichen Vereinbarung sei die Klägerin entsprechend der Weiterbildungsverordnung für die n...

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