Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung anderweitigen Gewerbseinkommens auf Ruhestandsbezüge
Leitsatz (amtlich)
Die Bestimmungen des Versorgungsformgesetzes 98 finden auch auf das Dienstverhältnis mit Bahnärzten entsprechende Anwendung, wenn im Arbeitsvertrag vereinbart ist, dass Ansprüche auf Versorgung in „sinngemäßer Anwendung des Beamtenversorgungsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung” bestehen. Dies gilt auch dann, wenn vor Eintritt der vorzeitigen Dienstunfähigkeit grundsätzlich Einnahmen aus privatärztlicher Tätigkeit anrechnungsfrei gestattet waren.
Normenkette
BeamtVG §§ 62, 53
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Urteil vom 07.03.2002; Aktenzeichen 1 Ca 3130/01) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 07.03.2002 – 1 Ca 3130/01 – wird das Urteil abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, Auskunft darüber zu erteilen, welche Einkünfte er ab 01.11.2000 aus privatärztlicher Tätigkeit erzielt hat.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der am 10.01.1944 geborene Kläger war seit dem 01.04.1978 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten als Bahnarzt bzw. Oberbahnarzt tätig. Mit Wirkung zum 31.10.2000 ist er wegen dauernder Dienstunfähigkeit ausgeschieden. Seither erhält er von der Beklagten Versorgungsbezüge. Erstmals mit Schreiben vom 15.11.2000 forderte die Beklagte den Kläger unter Berufung auf § 53 des Beamtenversorgungsgesetzes auf, die Höhe seiner Auskünfte aus selbstständiger Tätigkeit durch geeignete Unterlagen nachzuweisen bzw. über die Höhe der voraussichtlichen Einkünfte eine Erklärung abzugeben. Nach Ablehnung dieser Aufforderung seitens des Klägers hat die Beklagte ab dem 01.06.2001 monatlich 5 % der vereinbarten Versorgungsbezüge, d.h. 383,– DM einbehalten.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, Nebenverdienste auf Versorgungsbezüge anzurechnen und dass deshalb auch keine Auskunftspflicht gegeben ist. Auch während des Beschäftigungsverhältnisses sei er berechtigt gewesen, ohne Anrechnung auf seine Vergütung Nebenverdienste zu erzielen, § 53 BeamtVG sei nicht anwendbar, im Übrigen aber auch verfassungswidrig.
Der Kläger hat beantragt.
- die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 588,43 EUR nebst 9,26 % Zinsen aus 196,14 EUR seit 01.07.2001 und aus 196,14 EUR seit 01.08.2001 zu zahlen;
- es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, das vertraglich vereinbarte Ruhegehalt um monatlich 5 % zu kürzen, solange der Kläger nicht den geforderten „Anzeigepflichten eines Beamten im Ruhestand gemäß § 62 II BeamtVG” nachkommt;
- es wird festgestellt, dass dem Kläger auf die vertraglich vereinbarten Versorgungsbezüge nicht Einkünfte aus privatärztlicher Tätigkeit gemäß § 53 BeamtVG angerechnet werden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen und widerklagend beantragt,
den Kläger zu verurteilen, seiner Nachweispflicht gemäß § 62 BeamtVG genüge zu tun und an die Beklagte die erforderlichen Unterlagen über das von ihm erzielte Erwerbseinkommen binnen eines Monats nach dem Urteil des Arbeitsgerichtes Bonn rechtskräftig geworden ist, auszuhändigen.
Sie hat sich auf § 15 des Arbeitsvertrages der Parteien und auf das Versorgungsreformgesetz 1998 berufen.
Der Kläger hat Abweisung der Widerklage beantragt.
Das Arbeitsgericht hat nach den Anträgen des Klägers erkannt: Der Kläger genieße vorliegend einen besonderen Vertrauensschutz, weil er nach der vertraglichen Vereinbarung der Parteien auch vor der Dienstunfähigkeit anrechnungsfrei Einnahmen aus privatärztlicher Tätigkeit habe erzielen dürfen, solange dadurch seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis nicht beeinträchtigt werden. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe selbst 1986 mitgeteilt, dass das Nebentätigkeitsbegrenzungsgesetz auch auf die in Ruhestand befindlichen Bahnärzte keine Anwendung fände.
Gegen dieses am 16.04.2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 15.05.2002 Berufung eingelegt und diese am 14.06.2002 begründet.
Sie meint weiterhin, aus der zwischen den Parteien vereinbarten „sinngemäßen Anwendung des Beamtenversorgungsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung” ergebe sich, dass auf das Rechtsverhältnis der Parteien für die Zeit ab 01.11.2000 die gesetzlichen Vorschriften der §§ 53, 62 BeamtVG in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden seien. Das Nebentätigkeitsbegrenzungsgesetz habe mit dem Inhalt der Regelungen nichts zu tun. Betroffen sei allein die Anrechnung der Einkünfte des Klägers aus privatärztlicher Tätigkeit auf seine Versorgungsbezüge. Darüber hinaus beruft sich die Beklagte auf ein Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe – 6 Ca 480/01 – vom 28.05.2002 (Bl. 178–197 d.A.), sie beantragt
auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn – 1 Ca 3130/01 – vom 07.03.2002 abzuändern und
- die Klage abzuweisen;
auf die Widerklage der Beklagten den Kläger zu verurteilen, Auskunft ...