Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigungsschutz. Kleinbetrieb. regelmäßig Beschäftigte
Leitsatz (amtlich)
Entfällt mit der Entlassung des Arbeitnehmers wie geplant dessen Arbeitsplatz im Betrieb, weil er auf Dauer nicht ersetzt werden soll, und sinkt dadurch die Größe der Belegschaft unter den Schwellenwert des § 23 Abs. 1 S. 1 KSchG, so fällt bereits seine Kündigung nicht mehr in den Geltungsbereich des KSchG (wie LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.02.1996 – 3 Sa 870/95 – in NZA 1997, 315).
Normenkette
KSchG § 23 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Siegburg (Urteil vom 26.02.2002; Aktenzeichen 5 Ca 2325/01) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 26.02.2002 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg – 5 Ca 2325/01 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
(gem. § 69 Abs. 2 ArbGG)
I. Die Parteien – nämlich der beklagte Dachdeckermeister und der von ihm ab Oktober 1996 als Dachdecker (Vorarbeiter) beschäftigte, am 30.08.1951 geborene Kläger streiten um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten ordentlichen Kündigung vom 30.07.2001 zum 31.08.2001 und dabei in erster Linie um die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes. Der Beklagte hat sich auf die Kleinbetriebsklausel berufen und angegeben, er habe neben dem Kläger den Zeugen H. als weiteren Vorarbeiter, die beiden Dachdeckergesellen Hatterscheid und Schoppa sowie seine Ehefrau für die Bücher beschäftigt gehabt. Der Kläger behauptet darüber hinaus zweitinstanzlich noch die Beschäftigung einer Fr. B. als Reinigungskraft und des Praktikanten M. Unstreitig ist der Kläger nach seiner Entlassung durch keine Neueinstellung ersetzt worden. Das Arbeitsgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.
Entscheidungsgründe
II. Die Berufung ist unbegründet. Die streitige Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis der Parteien, weil sie wirksam ist. Insbesondere liegt keine Unwirksamkeit nach dem Kündigungsschutzgesetz vor: Dieses ist nicht anwendbar, weil § 23 Abs. 1 S. 2 KSchG eingreift: Der Beklagte unterhält einen Betrieb, in dem zur Zeit der Kündigung „in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten beschäftigt” wurden– nämlich die vier Arbeitnehmer, die er ohne den Kläger eingeräumt hat. Der Kläger selber kann nicht mitgezählt werden, weil sein Arbeitsplatz nicht von einem „in der Regel Beschäftigten” eingenommen wurde. Um die Regelmäßigkeit bejahen zu können, ist nämlich nicht nur eine Rückschau, sondern auch eine Vorausschau erforderlich (KR-Weigand, 6. Aufl., § 23 KSchG Rn. 38). Ergibt die Vorausschau, daß der Arbeitsplatz des entlassenen Arbeitnehmers endgültig gestrichen und nicht wiederbesetzt werden soll, gehört dieser nicht zu den regelmäßig Beschäftigten. Sinkt aufgrund einer planmäßigen Reduzierung der Beschäftigtenstand unter den Schwellenwert des § 23 Abs. 1 S. 2 KSchG, so kann der betroffene Arbeitnehmer das KSchG nicht für sich in Anspruch nehmen; auf einen höheren Beschäftigtenstand in der Vergangenheit kommt es nicht an, wenn der Betrieb auf Dauer mit der verringerten Belegschaft fortgeführt werden soll (KR-Weigand a.a.O.; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.02.1996 – 3 Sa 870/95 in NZA 1997, 315). Nachdem der Arbeitsplatz des Klägers noch über ein Jahr nach dessen Entlassung nicht wieder besetzt worden ist, steht fest, daß er zur Zeit der Kündigung nicht von einem regelmäßig Beschäftigten eingenommen worden ist.
Die damit verbleibenden vier regelmäßigen Arbeitsplätze können auch mit der vom Kläger für sich in Anspruch genommenen Zeugin Buderbach nicht auf über fünf aufgestockt werden.
Den Praktikanten Mohallik will der Kläger zu Unrecht mitrechnen: Zum einen zählen Praktikanten grundsätzlich nicht mit (KR-Weigand a.a.O. Rn. 43), zum anderen hat der Beklagte durch Vorlage der Vereinbarungen mit der Kreishandwerkerschaft vom 06.12.2000 (Bl. 78 f.) und 15.05.2001 (Bl. 80) nachgewiesen, daß der Zeuge nicht einmal in einem Vertragsverhältnis mit dem Beklagten stand, sondern Teilnehmer einer Förderungsmaßnahme nach § 97 SGB III war, der durch die Kreishandwerkerschaft als Träger der Maßnahme pflichtversichert war und beim Beklagten nur die „betriebliche Unterweisung” erfuhr; wörtlich heißt es in der Vereinbarung: „Durch diese Vereinbarung wird kein Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis begründet”. Daß der Zeuge dann nach Ausspruch der Kündigung – nämlich ab 01.08.2001 – in ein Ausbildungsverhältnis zum Beklagten überwechselte, kann der Klage erst recht nichts helfen – schon weil Auszubildende von § 23 Abs. 1 S. 2 KSchG ausdrücklich bei Ermittlung der Belegschaftsgröße ausgenommen werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Weil der Rechtsstreit nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist, wurde die Revision nicht zugelassen. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG wird hingewiesen.
Unterschriften
Schunck, ...