Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilweise Anrechnung Sozialversicherungsrente auf betriebliches Ruhegeld
Leitsatz (amtlich)
Sehen Ruhegeldrichtlinien vor, dass das betriebliche Ruhegeld um die hälftige der dem Arbeitnehmer zustehende Sozialversicherungsrente vermindert werden soll, so ist nicht die Hälfte der fiktiven Sozialversicherungsrente, die der Arbeitnehmer bei Erreichen der Regelaltersgrenze erzielt hätte, von dem betrieblichen Ruhegeld abzuziehen (Anschluss an LAG Köln, Urteil vom 23.06.2008 – 5 Sa 438/08 –).
Normenkette
BetrAVG § 2 Abs. 5
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 26.05.2008; Aktenzeichen 15 Ca 10455/07) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 26.05.2008 – 15 Ca 10455/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Höhe der Anrechnung der gesetzlichen Sozialversicherungsrente des Klägers auf das betriebliche Altersruhegeld.
Der am 13.06.1945 geborene Kläger war langjährig bei der Beklagten beschäftigt. Er schied zum 29.02.2004 aufgrund einer Vereinbarung mit der Beklagten aus. Unter dem 14.03.2003 (Bl. 64 ff. d.A.) regelten die Parteien die Vorruhestandsreglungen.
Die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Ruhegeldrichtlinien (Bl. 19 ff. d.A.) enthielten unter der Überschrift „Anrechnung von Renten und Einkommen aus Tätigkeit” in in § 6 Abs. 2 folgende Bestimmung:
„Das Ruhegeld wird um die Hälfte derjenigen Beträge vermindert, die dem Mitarbeiter aufgrund jeweils bestehender Gesetze über Renten, Versicherungen, Pensionen und dergleichen zustehen; von der Anrechnung ausgenommen sind lediglich solche Teile dieser Leistungen, die ausschließlich auf eigenen Beitragsleistungen des Mitarbeiters – ohne Arbeitgeberbeteiligung – beruhen.”
Unter der Überschrift „Minderung der gesetzlichen Renten” bestimmte § 7 Abs. 2 der Ruhegeldrichtlinien:
„Eine Kürzung der Sozialversicherungsrente des Mitarbeiters um Abschläge, die aufgrund vorzeitigen Eintritts in den Ruhestand wegen der längeren Bezugsdauer der gesetzlichen Rente erfolgen, wird durch das Unternehmen nicht ausgeglichen und geht daher voll zu Lasten des Mitarbeiters.”
Die Betriebsvereinbarung zur vorzeitigen Auflösung von Arbeitsverhältnissen (51er-Regelung) vom 30.06.2000 (Bl. 11 ff. d.A.) regelte die Einzelheiten, die ein frühzeitiges Ausscheiden ab Vollendung des 51. Lebensjahres ermöglichte, wobei sich die Ziffer 8. der Betriebsvereinbarung mit der Höhe des Bezugs des betrieblichen Ruhegeldes im Anschluss an die 51er-Regelung auf der Grundlage der Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung befasst.
Seit dem 01.07.2005 bezieht der Kläger eine Sozialversicherungsrente in Höhe von 1.420,94 EUR. Wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme der Sozialversicherungsrente muss der der Kläger einen Abschlag von 18 % hinnehmen. Mit seiner Feststellungsklage wendet sich der Kläger dagegen, dass die Beklagte nicht nur 50 % der tatsächlich gezahlten Sozialversicherungsrente, sondern 50 % der Sozialversicherungsrente, die der Kläger bei Renteneintritt mit dem 65. Lebensjahr erzielt hätte, auf seinen betrieblichen Ruhegeldanspruch anrechnet.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 15. Kammer des Arbeitsgerichts Köln dazu bewogen haben, der Klage in vollem Umfang stattzugeben, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils vom 26.05.2008 (Bl. 103 ff. d.A.) Bezug genommen.
Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Beklagten am 13.08.2008 zugestellt. Die Beklagte hat gegen das Urteil am 03.09.2008 Berufung eingelegt und diese – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 27.10.2008 – am 27.10.2008 begründet.
Die Beklagte rechtfertigt die von ihr vorgenommene Anrechnung mit der Anwendung des § 7 Abs. 2 der Ruhegeldrichtlinien. Diese Norm stelle nach Regelungssystematik und Regelungswortlaut eine die Anrechnungs- und Höchstbegrenzungsregelungen ergänzende Sondervorschrift dar. Der Wortlaut des § 7 Abs. 2 der Ruhegeldrichtlinien, wonach die Abschläge „voll” zu Lasten des Mitarbeiters gingen sei eindeutig. Hieraus folge, dass statt der um Abschläge gekürzten Sozialversicherungsrente die ungekürzte Sozialversicherungsrente hälftig in Ansatz zu bringen sei. Das Arbeitsgericht habe sich der Grundproblematik, einem elementaren Gerechtigkeits- und Gleichbehandlungsproblem, nicht gestellt. Es fehle jeder sachliche Anhaltspunkt dafür, dass derjenige, der die vorgezogene Sozialversicherungsrente nicht in Anspruch nehme, eine geringere Betriebsrente erhalte, als derjenige, der vorzeitig die gesetzliche Sozialversicherungsrente in Anspruch nehme. Das Auslegungsergebnis der Beklagten entspreche der Handhabung, wie sie bereits vor Inkraftsetzung der Ruhegeldrichtlinien praktiziert worden sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 26. Mai 200...