Entscheidungsstichwort (Thema)

Auflösungsantrag. Beschwer

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Berufung des erstinstanzlich im Kündigungsschutzprozess unterlegenen Arbeitgebers allein mit dem Ziel, in der zweiten Instanz erstmals einen Auflösungsantrag zu stellen, ist unzulässig.

 

Normenkette

ArbGG § 64 Abs. 2b; ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1 Fassung: 2001-07-27

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 04.12.2001; Aktenzeichen 16 Ca 9552/01)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 04.12.2001 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 16 Ca 9552/01 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien – nämlich die beklagte AG, die in Köln ein Hotel betreibt sowie der von ihr seit Oktober 2000 als „Banketthelfer” beschäftigte Kläger – streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen, verhaltensbedingten Kündigung vom 19.09.2001 zum 31.10.2001. Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage mit Versäumnisurteil vom 30.10.2001 stattgegeben und dieses durch streitiges Urteil vom 04.12.2001 aufrechterhalten; zugleich hat es die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung des Restlohnes für Oktober 2001 in Höhe von 2.450,– DM brutto abzüglich 249,57 DM netto verurteilt. Gegen das Urteil hat die Beklagte unter Hinweis auf Verfehlungen des Klägers am 07.09.2001 und vom 23.01.2002 bis 05.06.2002 Berufung eingelegt mit dem Antrag,

das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien mit Wirkung zum 31.10.2001 gegen Festsetzung einer angemessenen Abfindung aufzulösen.

Im heutigen Termin hat die Beklagte ihren Berufungsantrag erweitert; sie beantragt nunmehr,

  1. unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen;
  2. hilfsweise das Arbeitsverhältnis gem. §§ 9, 10 KSchG aufzulösen.

Der Kläger beantragt Zurückweisung der Berufung.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung war als unzulässig zu verwerfen. Ihr fehlt die erforderliche Beschwer:

Die erforderliche Beschwer fehlt dann, wenn die Berufung allein mit dem Ziel eingelegt wird, in der II. Instanz erstmals den Auflösungsantrag zu stellen (BBDW/Bader § 9 Rn. 49; BAG, Urteil vom 23.06.1993 – 2 AZR 56/93 in AP Nr. 23 zu § 9 KSchG 1969). Zwar ist die Beklagte durch das erstinstanzliche Urteil beschwert, weil sie mit ihrem Klageabweisungsantrag nicht durchgedrungen ist. Die für eine zulässige Berufung erforderliche Beschwer verlangt aber zusätzlich das Bestreben, die erstinstanzlich gesetzte Beschwer mit dem Rechtsmittel zu beseitigen – mit der Folge, daß das erstinstanzliche Begehren zumindest teilweise weiter verfolgt werden muß (Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., vor § 511 Rn. 10). Daran fehlt es hier. Denn nach dem innerhalb der Berufungsbegründungsfrist angekündigten Berufungsantrag, „das Arbeitsverhältnis (…) gegen Festsetzung einer angemessenen Abfindung aufzulösen”, fehlt das Bestreben, die Entscheidung über die Wirksamkeit der Kündigung und die Zahlung des Oktoberlohns anzugreifen – wie zusätzlich noch dadurch unterstrichen wird, daß nicht beantragt wird, das erstinstanzliche Urteil abzuändern. Unerheblich ist, daß die Berufung zunächst ohne Antrag eingelegt wurde und damit gegen das Urteil des Arbeitsgerichts gerichtet schien. Der innerhalb der Begründungsfrist nachgeholte Antrag definiert die Beschwer.

Erfolglos beruft sich demgegenüber die Beklagte auf § 9 Abs. 1 Satz 3 KSchG, wonach der Auflösungsantrag auch noch in der Berufungsinstanz gestellt werden kann: Diese Vorschrift setzt eine im übrigen zulässige Berufung voraus.

Die Erweiterung des Berufungsantrags in der mündlichen Verhandlung macht die unzulässige Berufung nicht zulässig: Die Zulässigkeitsvoraussetzungen müssen vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist vorliegen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Weil der Rechtsstreit nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist, wurde die Revision nicht zugelassen. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a. ArbGG wird hingewiesen.

 

Unterschriften

Schunck, Susewind, Winthuis

 

Fundstellen

Haufe-Index 915784

www.judicialis.de 2002

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