Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung einer Versorgungszusage in der betrieblichen Altersversorgung hinsichtlich der Bezugsberechtigung der Ehefrau des Arbeitnehmers

 

Leitsatz (redaktionell)

Sieht eine Versorgungszusage in der betrieblichen Altersversorgung vor, dass die "jetzige Ehefrau" des Arbeitnehmers eine lebenslängliche Witwenrente erhält unter der Voraussetzung, dass die Ehe zwischenzeitlich nicht geschieden wird, so bezieht sich dies nur auf die mit dem Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage verheiratete Ehefrau, nicht aber auf eine nach Scheidung der Ehe später neu eingegangene Ehe.

 

Normenkette

AGG § 7 Abs. 2; BGB §§ 133, 157

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 18.11.2014; Aktenzeichen 12 Ca 80/14)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.02.2017; Aktenzeichen 3 AZR 297/15)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 18.11.2014 - 12 Ca 80/14 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

  • II.

    Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, beim Ableben des Klägers an dessen Ehefrau eine Hinterbliebenenversorgung zu zahlen.

Der Beklagte ist die Selbsthilfeeinrichtung der deutschen Wirtschaft zum gesetzlichen Schutz der betrieblichen Altersversorgung bei der Insolvenz des Arbeitgebers.

Der am 1949 geborene Kläger war vom 01.02.1974 bis zum 31.10.1986 bei der W N GmbH beschäftigt. Der Kläger erhielt von seiner Arbeitgeberin eine Zusage auf eine betriebliche Altersversorgung zuletzt in Form einer von beiden Arbeitsvertragsparteien unterzeichneten Vereinbarung vom Juni 1983 (Bl. 15 - 18 d.A.). Darin heißt es unter Nr. 4:

"Nach Ihrem Tode erhält Ihre jetzige Ehefrau eine lebenslängliche Witwenrente unter der Voraussetzung, dass die Ehe zwischenzeitlich nicht geschieden wird. Die Witwenrente beträgt 60,0 % der Ihnen im Zeitpunkt des Todes zustehenden Alters- bzw. Invalidenrente. Die Witwenrente erlischt bei Wiederverheiratung der Witwe."

Zum Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage war der Kläger mit Frau G H B verheiratet. Die Ehe wurde zum 31.12.2004- nach Ausscheiden des Klägers aus den Diensten der Arbeitgeberin - geschieden.

Über das Vermögen der N W GmbH wurde am 31.10.1986 das Konkursverfahren eröffnet. Der Beklagte erteilte dem Kläger am 04.11.1988 einen Anwartschaftsausweis (Anlage K 7 = Bl. 20 f. d.A.).

Am 08.04.2006 heiratete der Kläger die am 31.10.1972 geborene Frau M Be . Seit dem 01.05.2014 erhält der Kläger betriebliche Altersversorgungsleistungen von dem beklagten P . Zwischen den Parteien ist streitig, ob der jetzigen Ehefrau des Klägers im Versorgungsfall Hinterbliebenenleistungen gemäß der am 13.06.1983 erteilten Versorgungszusage zustehen (voraussichtliche Monatsleistung 62,38 Euro).

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Versagung der Witwenanwartschaft der jetzigen Ehefrau mit der Begründung, dass nur die zum Zeitpunkt der Vereinbarung mit dem Kläger verheiratete Ehefrau von der Hinterbliebenenversorgung umfasst sei, sei rechtswidrig und verstoße gegen den in der Versorgungszusage vertraglich zugesicherten Anspruch. Die unter Nr. 4 formulierte Klausel der Versorgungszusage mit der dort gewählten Formulierung "jetzige" stelle nur klar, wer im Falle möglicher weiterer, vergangener Ehepartner versorgungsberechtigt sein solle. Ein Abstellen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses sei nicht von Sinn und Zweck der Regelung geboten, der darin bestehe, den hinterbliebenen Ehepartner finanziell abzusichern. Dies ergebe sich auch aus der Verwendung des Begriffes "Witwenrente". Die von dem Beklagten vorgenommene Auslegung führe zu einem ersatzlosen Entfall der Hinterbliebenenversorgung. Zudem habe er, der Kläger, nicht als Ruheständler nach Eintritt der Versorgung, sondern noch vor Beginn der Versorgung - wenn auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses - seine jetzige Ehefrau geheiratet. Daher führe ein Ausschluss seiner jetzigen Ehefrau gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters gemäß § 7 AGG. Ferner ergebe sich die Unwirksamkeit der Klausel aus § 307 Abs. 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung. Letztendlich verstießen die Regelungen in Nr. 4 gegen Art. 6 Abs. 1 GG.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, an die zum Zeitpunkt des Versorgungsfalles mit ihm in gültiger Ehe verheiratete Ehefrau eine Hinterbliebenenversorgung zu leisten.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat auf den Wortlaut von Nr. 4 verwiesen. Als "jetzige Ehefrau" könne nach dem Wortlaut nur diejenige Ehefrau gemeint gewesen sein, mit welcher der Kläger zum Zeitpunkt der Erteilung der Zusage verheiratet gewesen sei. Da die Hinterbliebenenversorgung eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers sei, sei dieser berechtigt gewesen, eine derartige Einschränkung vorzunehmen. Es handele sich mit der verwendeten Klausel um eine Ausgestaltung der Späteheklausel, die von höchstrichterlicher Rechtsprechung für zulässig erachtet werde. Auch sei eine Einschrä...

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