Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweisverwertung. heimlich mitgehörtes Telefonat
Leitsatz (amtlich)
1) Die Frage, ob das Wissen eines Zeugen verwertet werden darf, das dieser durch das heimliche Mithören eines Telefonats über eine Mithöreinrichtung gewonnen hat, ist nach einer Abwägung des gegen die Verwertung streitenden Persönlichkeitsrechts des Gesprächspartners und der dafür sprechenden Interessen des Beweisführers zu entscheiden.
2) Es gibt keinen Erfahrungssatz, daß es heute in der Regel einer Person, die ein Telefonat führt, gleichgültig ist, ob das Telefonat über eine Lautsprecheranlage heimlich von einem Dritten mitgehört wird.
3) Zugunsten der beweispflichtigen Partei zu berücksichtigende Interessen müssen sich gerade auf die Heimlichkeit des Mithörens beziehen.
Normenkette
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 20.09.1995; Aktenzeichen 20 Ca 3660/95) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 20.09.1995 – 20 Ca 3660/96 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin, die für die Beklagte beim Schauspiel Frankfurt als Souffleuse tätig war, verfolgt mit der Kläger Vergütungsansprüche. Am 11. Februar 1992 schloß die Klägerin mit dem Intendanten des Schauspiels Frankfurt einen Gastspielvertrag (Bl. 3, 4 d. A. des Bühnenschiedsgerichts), der unter anderem folgendes regelt:
„1. Frau Q.-S. wird vom Schauspiel Frankfurt als Souffleuse in der Produktion HANNELES HIMMELFAHRT für die Zeit vom bis zum Ende der Spielzeit 1991/92 verpflichtet.
2. Die Premiere ist für den 28.03.1992 vorgesehen.
5. Die Monatsgage in der Zeit vom 05.02.1992 bis 31.03.1992 beträgt DM 3.500,00 (dreitausendfünfhundert Deutsche Mark).
9. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform.
Über alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten im Sinne des § 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes entscheiden unter Ausschluß der Arbeitsgerichtsbarkeit die nach Maßgabe der zwischen dem Deutschen Bühnenverein – Bundesverband deutscher Theater und der Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger vereinbarten Bühnenschiedsgerichtsordnung eigesetzten Bühnenschiedsgerichte.
Die Vertragspartner erkennen an, daß über die Vereinbarungen nach Ziff. 5. und 6. hinaus keine weiteren Zahlungen durch das Schauspiel Frankfurt zu leisten sind.
14. Besondere Vereinbarungen:
…
Der Gastspielvertrag ist erst abgeschlossen, wenn sich das mit den Unterschriften der Theaterleitung versehene Exemplar im Besitz des Vertragspartners befindet.
Die Vertragsschließenden stellen fest, daß weitere Vereinbarungen nicht getroffen sind. Dieser Vertrag wird zweifach ausgefertigt; jede Vertragspartei erhält eine Ausfertigung.”
Der Wortlaut der Ziffer 6. dieses Vertrages ist durchgestrichen. Er lautetet:
„Das Vorstellungshonorar ab 01.04.1992 beträgt DM 80,00 (achtzig Deutsche Mark).”
Der Streit der Parteien dreht sich um die Frage, welche Vergütungsansprüche der Klägerin in der Zeit zwischen dem 01.04.1992 und dem Ende der Spielzeit zustehen. Die Klägerin war vom 05.02. zum 31.03.1992 16-mal und in der Zeit vom 01.04. bis zum 20.06.1992 fünfmal als Souffleuse in dem Stück „Hanneles Himmelfahrt” tätig. Während dieser Aufführungen arbeitete die Klägerin auf der Bühne. Sie trug dabei eine Art Diakonissenhaube.
Für die fünf Auftritte nach dem 01.04.1992 zahlte die Beklagte je 80,00 DM. Die Klägerin verlangt auch für die Zeit vom 01.04.1992 bis zum Ende der Spielzeit 1991/92 die Gage von 3.500,00 DM im Monat. Während sie mit ihrer Klage vor dem Bühnenschiedsgericht zusätzlich noch Erstattung von Kosten für die Fahrten zwischen Wohnung und Theater sowie ein Sonderhonorar von 65,00 DM je Aufführung für das Tragen der Haube verlangt hatte, ihr vom Bühnenschiedsgericht für diese Ansprüche insgesamt 400,00 DM zugesprochen worden waren, focht sie den Spruch des Bühnenschiedsgerichts mit der Berufung an das Bühnenoberschiedsgericht nur noch teilweise, nämlich wegen der monatlichen Vergütung in Höhe von 3.500,00 DM (insgesamt 9.925,00 DM) an. Das Bühnenoberschiedsgericht hat sowohl diese Berufung der Klägerin als auch die wegen der Verurteilung in Höhe von 400,00 DM von der Beklagten eingelegte unselbständige Anschlußberufung zurückgewiesen. Gegenstand der Aufhebungsklage der Klägerin sind weiterhin die 9.925,00 DM, während die Beklagte den Spruch des Bühnenoberschiedsgerichts nicht angefochten hat.
Die Klägerin hat behauptet, der Stellvertreter des Intendanten, Dr. N. habe ihr in einem Telefongespräch am 18.03.1992 mit geteilt, daß das Beschäftigungsverhältnis bis zum Ende der Spielzeit gelte und für diese Zeit volles Gehalt in Höhe von 3.500,00 DM bezahlt werde. Sie hat sich zum Beweis dafür auf das Zeugnis des Herrn Dr. N. sowie ihres Lebensgefährten, Herrn H. J. O., berufen. Ihr Lebensgefährte habe das Gespräch mit Herrn Dr. N. mitgehört, weil sie die Mithöreinrichtung ihres Telefons auf „laut” geschaltet habe. Unstreitig hat sie dieses H...