Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Altersversorgung. Betriebsrente. Insolvenzsicherung. Pensionssicherungsverein. Zeitwertfaktor. Verbesserung. Vordienstzeiten. Nachdienstzeiten. feste Altersgrenze
Leitsatz (amtlich)
1. Verzichtet der Arbeitgeber im Zusammenhang mit der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf sein Recht zur zeitanteiligen Kürzung der betrieblichen Altersrente wegen nicht voll erbrachter Betriebstreue gem. § 2 Abs. 1 S. 1 BetrAVG, liegt hierin eine Verbesserung der Versorgungszusage, die grundsätzlich nicht zu Lasten des PSV wirkt.
2. Im Ergebnis können die Arbeitsvertragsparteien diese Wirkung jedoch dadurch herbeiführen, daß sie vereinbaren, „Nachdienstzeiten” als Zeiten der Betriebszugehörigkeit zu werten. Die Wirkung einer solchen Vereinbarung auch gegenüber dem PSV setzt jedoch besondere Umstände voraus. Zu ihnen gehört, daß das vorzeitige Ausscheiden des Arbeitnehmers auf Drängen des Arbeitgebers erfolgt und die Verbesserung der Zusage seine Bereitschaft zum Ausscheiden fördern soll. Davon kann keine Rede sein, wenn der Arbeitnehmer eine Eigenkündigung ausgesprochen hat und die verbessernde Zusage erst einige Zeit später erfolgt.
3. Ob die Wirkung i.S.v. Ziff. 1 (Verzicht auf ratierliche Kürzung trotz vorzeitigen Ausscheidens auch zu Lasten des PSV) auch dadurch erreicht werden kann, daß die Arbeitsvertragsparteien im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die „feste Altersgrenze” der Versorgungszusage vorverlegen, bleibt unentschieden.
4. Für die „feste Altersgrenze” scheint charakteristisch zu sein, daß sie unmittelbar einen Betriebsrentenanspruch ohne weitere Bedingungen und ohne Rücksicht auf die sozialversicherungsrechtliche Lage auslöst, während eine Betriebsrente, die an den Bezug einer vorgezogenen Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gekoppelt ist, eben gleichfalls eine vorgezogene und damit vor der „festen Altersgrenze” ausgezahlte Betriebsrente ist.
Normenkette
BetrAVG § 2 Abs. 1 S. 1, § 7 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 24.06.1996; Aktenzeichen 17 Ca 10578/96) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das am 24.06.96 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 17 Ca 10578/96 – teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefaßt:
- Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.649,26 DM zu zahlen.
- Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger beginnend ab 01.11.1996 eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 907,91 DM zu zahlen.
- Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Die Kosten erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben; die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
II. Die Revision wird zugelassen.
III. Streitwert für die Berufung: 11.955,24 DM.
Tatbestand
Beklagt ist der als Träger der Insolvenzsicherung gem. § 14 Abs. 1 BetrAVG. Die Parteien streiten um die Höhe seiner Einstandspflicht für Versorgungsansprüche des am 21.08.1935 geborenen Klägers, die dieser durch eine Versorgungszusage seiner Arbeitgeberin (Bl. 7 ff.), der späteren Gemeinschuldnerin, erworben hat.
Die Versorgungszusage sah eine Altersrente grundsätzlich nach vollendetem 63. Lebensjahr vor (Zf. 1.), ausnahmsweise bereits nach Vollendung des 60. Lebensjahres, sofern durch Vorlage eines Rentenbescheides der Bezug eines vorgezogenen Altersruhegeldes aus der gesetzlichen Rentenversicherung nachgewiesen wurde (Zf. 4.). Für den Fall des Ausscheidens vor Eintritt des Versorgungsfalles war die Zahlung einer Rente ab Eintritt des Versorgungsfalles vorgesehen, die zeitanteilig gekürzt werden sollte – nämlich entsprechend dem Verhältnis der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit zu der bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres erreichbaren Betriebszugehörigkeit (Zf. 9.).
Der Kläger, der ab August 1977 bei der Gemeinschuldnerin im Arbeitsverhältnis stand und in den letzten Jahren des Arbeitsverhältnisses schwerbehindert war, schied zum 31.12.1992 aufgrund einer im Juni 1992 ausgesprochenen Eigenkündigung aus. Seine Arbeitgeberin fiel am 30.09.1993 in Konkurs. Ab September 1995, d.h. ab seinem 60. Lebensjahr, bezieht er gesetzliche Altersrente. Vorliegend fordert er vom Beklagten ab diesem Zeitpunkt den Höchstwert der Betriebsrente, der unstreitig bei 1.240,– DM mtl. liegt und der gemäß Versorgungszusage (Zf. 6.) nach 20 Dienstjahren erdient sein sollte. Er begründet dies mit einem Schreiben der Arbeitgeberin vom 12.02.1993 (Bl. 41), in dem es heißt: „… wir … bestätigen hiermit, daß Ihr Anspruch auf Rente, auch nach Vorlage des Rentenbescheides mit dem 60. Lebensjahr, voll erhalten bleibt, d.h. die zugesagte Rente von monatlich 1.240,– DM wird nicht gekürzt ….”
Nachdem der Beklagte erstinstanzlich noch andere Kürzungen der Vollrente auf letztendlich 572,– DM vornehmen wollte, will er sie zweitinstanzlich nur noch anhand des gem. §§ 7 Abs. 2, 2 Abs. 1 BetrAVG errechneten Zeitwertfaktors auf 907,91 DM kürzen. Den Zeitwertfaktor ermittelt er dadurch, daß er die tatsächlich erreichte Betriebszugehör...