Rechtsmittel zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang. Notar
Leitsatz (amtlich)
Übernimmt ein neu bestellter Notar Amtsräume und Personal eines aus dem Notaramt entlassenen Notars, so liegt darin kein Betriebsübergang i.S. des § 613a BGB.
Normenkette
BGB § 613a
Verfahrensgang
ArbG Aachen (Urteil vom 09.12.1997; Aktenzeichen 4 Ca 1295/97) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 09.12.1997 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Aachen – 4 Ca 1295/97 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Streitwert: unverändert.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine fristgerechte Kündigung, die der Beklagte der Klägerin gegenüber ausgesprochen hat.
Die Klägerin war seit August 1967 bei dem Beklagten, der in Aachen als Notar niedergelassen war, als Notarfachangestellte beschäftigt. Ihr monatliches Bruttogehalt belief sich zuletzt auf 3.250,– DM. Mit Schreiben vom 11.04.1997 beantragte der Beklagte bei dem Justizminister des Landes Nordrhein Westfalen, ihn zum 01.12.1997 aus dem Amt des Notars zu entlassen. Mit Erlaß vom 12.05.1997 gab der Minister dem Antrag statt und entließ den Beklagten „mit Ablauf des 30. November 1997” aus dem Notaramt. Der Beklagte hatte bereits im April sämtlichen Mitarbeitern gegenüber die ordentliche Kündigung ausgesprochen.
Im August oder September 1997 ernannte der Justizminister zum 01.12.1997 einen neuen Notar, der inzwischen die Räumlichkeiten, in denen der Beklagte seine Notarpraxis betrieben hat, von der Vermieterin angemietet hat; er betreibt dort nach einem Umbau seine Praxis. Der neu ernannte Notar hat – mit Ausnahme der
Klägerin – die Angestellten des Beklagten eingestellt. Er hat weiterhin von dem Beklagten Gegenstände aus dessen Praxis übernommen.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Kündigung sei gemäß § 613 a BGB unwirksam, da sie aus Anlaß des bevorstehenden Betriebsüberganges ausgesprochen worden sei.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung vom 17.04.1997 – zugegangen am 17.04.1997 – nicht aufgelöst worden ist.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat erwidert, die Kündigung sei aus dringenden betrieblichen Erfordernissen, der Schließung des Betriebes wegen, erfolgt und deshalb sozial gerechtfertigt. Ein Betriebsübergang im Sinne von § 613a BGB habe nicht stattgefunden, da durch die Bestellung des neuen Notars lediglich die Aufgabe von einem Notar auf den anderen verlagert worden seien.
Das Arbeitsgericht Aachen hat die Klage mit Urteil vom 07.05.1998 abgewiesen. Es hatte einen Betriebsübergang mit der Begründung verneint, daß keine rechtsgeschäftliche Übertragung stattgefunden habe. Vielmehr sei der „Amtsnachfolger” durch Hoheitsakt bestellt worden; durch eine solche Maßnahme würden auch die Akten, Bücher und Urkunden des entlassenen Notars auf einen anderen Notar übertragen. Auch eine analoge Anwendung von § 613a BGB komme, wie das Arbeitsgericht im einzelnen darlegt, nicht in Betracht.
Gegen dieses Urteil wendet die Klägerin sich mit der Berufung.
Sie vertritt auch im zweiten Rechtszug die Auffassung, daß ein Betriebsübergang auch dann gegeben sei, wenn der Übergang nicht auf einem Rechtsgeschäft, sondern auf einem Staatshoheitsakt beruhe. Auch der Umstand, daß der Übergang einen unentgeltlichen Charakter habe, schließe die Anwendung der Vorschrift nicht aus. Wenn das Arbeitsgericht darauf hinweise, daß kein rechtsgeschäftlicher Übergang vorliege, so verkenne es, wie die Klägerin im einzelnen darlegt, den „Wandel der geänderten Rechtssprechung”. Es sei zu berücksichtigen, daß der neue Notar die gleiche Tätigkeit mit dem „Hauptpersonalstamm” fortsetzte und damit eine „vertragliche” Übertragung im Sinne der Richtlinie 77/187/EWG vorliege.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichtes Aachen vom 09.12.1997 – Aktenzeichen 4 Ca 1295/97 – abzuändern:
Es wird nach Schlußantrag der ersten Instanz erkannt, festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung vom 17.04.1997 – zugegangen am 17.04.1997 – nicht aufgelöst worden ist.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er weist erneut daraufhin, daß das Amt des neu bestellten Notars nicht von dem des entlassenen Notars abhängig sei; der neu bestellte Notar führe nicht den Betrieb oder die Geschäfte des entlassenen Notars fort; er übe vielmehr ein neues Amt aus. Nehme man dennoch einen Betriebsübergang an, so habe sich dieser Übergang jedenfalls nicht durch Rechtsgeschäft im Sinne von § 613a BGB vollzogen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unbegründet.
Die Kündigung, die der Beklagte mit Schreiben vom 17.04. zum 30.11.1997 aussprach, ist nicht wegen eines Betriebsübergangs erfolgt. Sie ist deshalb nicht nach § 613a Abs. 4 BGB unwirksam, sondern nach § 1 Abs. 2 KSchG aus betriebsbedingten Gründen sozial gerechtfertigt.
Der Beklagte erklärte die Kündigung wegen der Betriebsstillegung, die er durchzuführen beabsichtigte. Betrieb...