Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang. Transfergesellschaft. Befristung. Umgehung
Leitsatz (amtlich)
Parallelverfahren zu 3 Sa 1470/09.
Normenkette
BGB §§ 613a, 134; TzBfG § 14
Verfahrensgang
ArbG Siegburg (Urteil vom 08.01.2010; Aktenzeichen 3 Ca 1689/09 G) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 08.01.2010 – 3 Ca 1689/09 G – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristung und den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses.
Der Kläger war bei der A GmbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) bzw. deren Rechtsvorgängern im Betrieb in B bis zum 31.05.2008 tätig. Die Insolvenzschuldnerin beschäftigte dort ca. 1600 Arbeitnehmer.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Bonn vom 01.04.2007 wurde über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter führte den Geschäftsbetrieb zunächst fort und versuchte in der Folgezeit den Betrieb zu veräußern. Am 21.03.2008 schloss er mit der Beklagten, die seinerzeit noch als N mbH firmierte, einen Kaufvertrag über die Betriebsmittel der Insolvenzschuldnerin. Dieser Kaufvertrag stand ursprünglich u. a. unter der sog. Closing-Bedingung, dass sämtliche Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin an den hier maßgeblichen Standorten dem Insolvenzverwalter ein unwiderrufliches Angebot auf Abschluss eines dreiseitigen Vertrages zur Aufhebung des Arbeitsvertrages mit der Insolvenzschuldnerin und zum Abschluss eines Arbeitsvertrages mit der Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft unterbreiten. Am 31.05.2008 – wenige Minuten vor dem geplanten Erwerb – wurde der Vertrag einvernehmlich ergänzt und eine geringfügige Abweichung von der vorgenannten 100%-Quote vereinbart. Einen Tag vorher, am 30.05.2008, hatte der Insolvenzverwalter die Arbeitsverhältnisse der 64 Arbeitnehmer, die bis zu diesem Zeitpunkt den dreiseitigen Vertrag noch nicht unterzeichnet hatten, fristlos gekündigt. Ebenfalls am 31.05.2008 bestätigten der Insolvenzverwalter und die N mbH, dass die vorgenannten Kaufverträge über alle wesentlichen Vermögensgegenstände der Insolvenzschuldnerin vollzogen werden (Bl. 97 d. A.).
Bereits zuvor hatte die Beklagte, wiederum noch als N mbH firmierend, am 12.03.2008 mit dem Arbeitgeberverband der Metall- und Elektroindustrie NRW und der IG Metall Bezirksleitung NRW einen Betriebs- und Beschäftigungssicherungstarifvertrag (BTV) abgeschlossen. Nach der Vorbemerkung zu diesem BTV beabsichtigt die Beklagte, Vermögensgegenstände der in der Insolvenz befindlichen Insolvenzschuldnerin zu erwerben. Als Voraussetzung für den Vollzug der Transaktion wird u.a. die aktive Unterstützung und Erbringung von Sanierungsbeiträgen der IG Metall und der Arbeitnehmervertreter ausdrücklich benannt. § 3 BTV legt fest, dass die Beklagte zum Zeitpunkt des Erwerbs 1.132 unbefristete und 400 befristete Arbeitnehmer (inkl. der Auszubildenden) in dem streitbefangenen Betrieb beschäftigen wird.
Ebenfalls rund einen Monat vor dem Vollzug des Kaufvertrages hatte der Insolvenzverwalter am 28.04.2008 mit dem Betriebsrat und der IG Metall eine zugleich als Interessenausgleich und Tarifvertrag geltende Betriebsvereinbarung (BV Auffangstrukturen) geschlossen. § 3 dieser BV Auffangstrukturen lautet auszugsweise wie folgt:
„§ 3 Interessenausgleich und Sozialplan
(1) Gegenstand und Durchführung der Betriebsänderung. Aufgrund der wirtschaftlichen Lage des Betriebes ist eine Fortführung im Rahmen des Insolvenzverfahrens auf Grund der weiterhin entstehenden Verluste, die zu einer Masseschmälerung führen würden, nicht möglich. Eine Übertragung des Betriebs auf einen Betriebserwerber ist deshalb zwingend notwendig, ansonsten muss der Betrieb vom Insolvenzverwalter abgewickelt und zum nächst möglichen Zeitpunkt stillgelegt werden. …
Zur Vermeidung der Betriebsstilllegung ohne übertragende Sanierung ist daher geplant, die Betriebsmittel der I zum 01.06.2008 an einen Dritten zu übertragen. Der Dritte (die N mbH …) hat jedoch die vorherige Beendigung der Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten verbunden mit dem Übertritt in eine Transfergesellschaft zur Bedingung der Übernahme der Betriebsmittel gemacht, weil eine Fortführung des Betriebes mit der gesamten Belegschaft und auch der Eintritt in alle Arbeitsverhältnisse nach § 613a BGB aus seiner Sicht nicht möglich ist. …”
In § 4 der BV Auffangstrukturen heißt es u.a.:
„§ 4 Finanzierung der Transfergesellschaft
… Berechnungsgrundlage dieser Finanzierungszusage ist, dass von den in die Transfergesellschaft zum 01.06.2008 übergetretenen Beschäftigten nach dem 01.06.2008 maximal 50 Beschäftigte verbleiben …”
Integraler Bestandteil dieser BV Auffangstrukturen sind als verbundene Anlagen u.a. eine Namensliste aller Beschäftigten nach § 125 InsO, die Musterfassung eines dreiseitigen Vertrages sowie ein Insolvenzsozialplan.
Am 03...