Rechtsmittel zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Bühnenarbeitsrecht. Änderungs-Nichtverlängerungsmitteilung
Leitsatz (amtlich)
Die Reduzierung der Gage eines Solisten im Rahmen einer Änderungs-Nichtverlängerungsmitteilung nach § 2 Abs. 3 TVM um bis zu einem Drittel der früheren Gage ist grundsätzlich nicht zu beanstanden.
Normenkette
TVM § 2 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 05.02.1998; Aktenzeichen 1 Ca 8806/97) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 05.02.1998 – 1 Ca 8806/97 – wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Aufhebungsverfahren nach § 110 ArbGG über die Aufhebung eines Schiedsspruches des Bühnenoberschiedsgerichts vom 13.05.1997 (Bl. 52 d. A. des Bühnenoberschiedsgerichts),mit dem dieses festgestellt hatte, daß die Änderungs-Nichtverlängerungsmitteilung des im Aufhebungsverfahren klagenden Landes vom 17.06.1996 unwirksam sei und daher das Beschäftigungsverhältnis zum 31.07.1997 nicht verändere. Die Nichtverlängerungsmitteilung des klagenden Landes erfolgte gemäß § 2 Abs. 3 Unterabsatz 1 TVM. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden aufgrund Vereinbarung und Tarifbindung unter anderem der NV Solo, der TVM und die Bühnenschiedsgerichtsordnung gemäß § 21 NV Solo in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.
Der Beklagte des Aufhebungsverfahrens ist bei dem klagenden Land bzw. dem Rechtsvorgänger seit 1978 beschäftigt. In dem zuletzt gültigen Arbeitsvertrag vom 05.07.1994 (Anlage der Klage vor dem Bühnenschiedsgericht) war für die Spielzeit 1995/1996 eine Tätigkeit als Solotänzer mit einem Monatsgehalt von 5.500,00 DM brutto vereinbart. Der Beklagte war auch verpflichtet, als Beleuchtungsstatist mitzuwirken. In der davor liegenden Spielzeit hatte die Gage des Beklagten noch 7.000,00 DM betragen.
In einem Anhörungsgespräch am 11.06.1996 erläuterte der Intendant dem Beklagten, daß die tänzerischen Leistungen insgesamt nicht mehr ausreichten, den bestehenden Vertrag unverändert fortzusetzen, da dieser insbesondere keine anderen Einsatzmöglichkeiten gewährleiste. Hierzu führte der Intendant aus, daß der Beklagte nicht mehr in der Lage sei zu springen, insbesondere gelange er nicht hoch genug hinaus. Ferner laufe er nicht, wie die Gesetze der Tanzkunst es erforderten. Hierbei habe er keine geführten Beine, sie würden vielmehr geschmissen. Auf der Bühne sei der Beklagte staksig, die Port de bras nicht fachgerecht ausgeführt. Zudem habe der Beklagte kein Plié und es fehle die Allüre.
Nach dem Anhörungsgespräch sprach das klagende Land dem Beklagten mit Schreiben vom 16.06.1996 die Nichtverlängerungsmitteilung aus (Anlage 2 d. Klageschrift vor dem Bühnenschiedsgericht).
Nach dem angebotenen neuen Vertrag (Anlage 3 zur Klageschrift vor dem Bühnenschiedsgericht) sollte der Beklagte weiter für das Kunstfach Solotänzer angestellt werden. Sein Gehalt sollte monatlich 5.108,40 DM betragen. Ferner ist in § 5 u a. folgende Regelung getroffen:
Das Mitglied hat keinen Anspruch auf Besetzung in einer Premiere oder Wiederaufnahme. Das Mitglied ist verpflichtet, Gruppentänzertätigkeiten sowie Rollen und Partien von kleinerem Umfang zu übernehmen. Darüber hinaus ist das Mitglied zu folgenden Arbeitsleistungen verpflichtet:
- pantomimische oder ähnliche Leistungen,
- Proben und Vorstellungscover,
- Mitwirkung bei Refraingesang,
- Übernahme von Sprechpartien,
- Mitwirkung bei Statisterie oder Komparserie.
Dieses Angebot nahm der Beklagte unter dem Vorbehalt gerichtlicher Überprüfung an. Der Beklagte hat mit seiner am 03.07.1996 beim Bühnenschiedsgericht eingegangenen Klage die Unwirksamkeit der Änderungs-Nichtverlängerungsmitteilung geltend gemacht und sich im wesentlichen darauf gestützt, die Rechte aus § 6 NV Solo seinen zwingend und könnten nicht abbedungen werden. Zwar sehe § 6 NV Solo nicht vor, daß eine Premiere oder Wiederaufnahme dem Worte nach garantiert werde, eine angemessene Beschäftigung, wie es der Tarifvertrag vorsehe, könne jedoch nur erfüllt werden durch Gewährung einer oder zweier Premieren. Die Nichtgewährung einer Premiere sei auch gemäß § 315 BGB nicht gerechtfertigt. Darüber hinaus sei der Vertrag widersprüchlich. Solotänzer könnten nicht zu Gruppentänzertätigkeiten herangezogen werden. Schließlich sei das angebotene Gehalt nicht gerechtfertigt. Es komme dem eines Gruppentänzers gleich.
Das klagende Land hat demgegenüber vorgetragen, aufgrund der vom Intendanten genannten Gründe bestehe nur eine eingeschränkte Einsatzmöglichkeit als Solist, so daß der Beklagte künftig auch zur Mitwirkung bei den in § 5 des Vertrages genannten weiteren Tätigkeiten verpflichtet werden müsse. Der Ausspruch der
Änderungs-Nichtverlängerungsmitteilung nach § 2 Abs. 3 TVM sei ohnehin nur am Maßstab der unzulässigen Rechtsausübung zu überprüfen. Die Regelung des § 2 Abs. 3 TVM diene allein der Sicherung der materiellen Existenz des Bühnenkünstlers und nich...