Rechtsmittel zugelassen

 

Leitsatz (amtlich)

Ist durch rechtskräftiges Urteil die Berechtigung des Arbeitgebers festgestellt worden, die Betriebsrenten wegen wirtschaftlicher Notlage rückwirkend zu kürzen, und hat der Arbeitgeber während des Rückwirkungszeitraums die Betriebsrenten in voller Höhe weiter gezahlt, so ist der Pensionssicherungsverein zur Erstattung der vom Arbeitgeber für die Zwischenfinanzierung aufgebrachten Zinsen nicht verpflichtet.

 

Normenkette

BetrAVG § 7 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 08.03.1995; Aktenzeichen 3 Ca 4603/94)

 

Tenor

1) Die Berufung der Klägerin gegen das am 08.03.1995 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 3 Ca 4603/94 – wird zurückgewiesen.

2) Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.

3) Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin produziert und vertreibt Armaturen, Meß- und Regelgeräte. Sie ist aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses vom 30.06.1989 von einer GmbH in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden. Alleinaktionärin der Klägerin ist seit Mai 1990 die AG in Karlsruhe (…).

Anfang der 90er Jahre kam es zwischen den Parteien zu einem Rechtsstreit vor den Gerichten für Arbeitssachen über die Frage der Befugnis der Klägerin, die Betriebsrenten wegen wirtschaftlicher Notlage zu kürzen. Durch Urteil vom 16.03.1993 stellte das Bundesarbeitsgericht (3 AZR 299/92) im Gegensatz zu den Vorinstanzen fest, daß die Klägerin berechtigt war, ab August 1990 bis einschließlich Juli 1993 ihre laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung um 2/3 zu kürzen.

Nach Verkündung des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 16.03.1993 vereinbarten die Parteien zum Zweck einer praktikablen und unbürokratischen Abwicklung, daß die Klägerin bis zum Ende des Kürzungszeitraums (Juli 1993) die Betriebsrenten weiter allein zahlen sollte. Die Beklagte sollte dann nach vorheriger Aufstellung seitens der Klägerin dieser unmittelbar die gezahlten Renten, soweit sie insolvenzgeschützt waren, in Höhe von 2/3 erstatten, was auch geschah. In dem Zeitraum zwischen August 1990 und Juli 1993 erbrachte die Klägerin die Versorgungsleistungen, von denen ein Betrag in Höhe von DM 14.562.340,85 zwischen den Parteien unstreitig ist, gegenüber den Betriebsrentnern in vollem Umfang. Die Zahlungen will sie aus Krediten bestritten haben. Die dafür angeblich aufgewandten Zinsen hat sie mit der Klage geltend gemacht.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte hätte von Beginn des Zeitraums an, in dem sie aufgrund des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 16.03.1993 die Betriebsrenten habe kürzen dürfen, die Versorgungsleistungen übernehmen müssen. Mit ihrer Vorleistung habe sie die Ansprüche der Betriebsrentner gegen den Beklagten als Träger der Insolvenzsicherung erfüllt und daher ein Geschäft des Beklagten im Sinne der Geschäftsführung ohne Auftrag geführt; der dabei erbrachte Aufwand umfasse auch die Kreditkosten. Zumindest hafte der Beklagte aus ungerechtfertigter Bereicherung, weil er die Zinsen erspart habe, die sie habe aufbringen müssen. Im übrigen hat die Klägerin gemeint, der Beklagte befinde sich in Verzug, nachdem sie mit Schreiben vom 20.04.1993 eine Frist zur Zahlung der ihr zustehenden Beträge bis zum 01.05.1993 gesetzt habe.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie DM 1.272.454,96 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Klägerin habe wegen der Zahlung der Betriebsrenten zwischen 1990 und Juli 1993 keine Ansprüche auf Erstattung der Kreditkosten gegen ihn, weil er erst nach der rechtskräftigen Feststellung der wirtschaftlichen Notlage der Klägerin in dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16.03.1993 für die Erfüllung der Betriebsrentenansprüche habe einstehen müssen. Der Klägerin stehe auch kein Anspruch auf Prozeßzinsen nach § 291 BGB zu, weil sie in dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Vorprozeß keine Geldforderung geltend gemacht habe.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und dies im wesentlichen damit begründet, daß der Beklagte nicht für die Kreditkosten der Klägerin aufzukommen habe, weil er erst ab Rechtskraft des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 16.03.1993 hafte.

Gegen das ihr am 27.03.1995 zugestellte erstinstanzliche Urteil hat die Klägerin am 27.04.1995 Berufung eingelegt, die am 29.05.1995, einem Montag, begründet worden ist. Sie trägt vor, ihr stehe, was die Weiterzahlung der Betriebsrenten anbelange, jedenfalls ein Aufwandserstattungsanspruch sui generis zu, der den Finanzierungsaufwand einschließe. Der Beklagte habe sich in der normalen Situation eines Schuldners befunden, der vor der Frage stehe, ob er einen gegen ihn geltend gemachten Anspruch sofort anerkennen oder sich erst rechtskräftig verurteilen lassen wolle; die Folgen dieser Entscheidung müßten den Schuldner in Form der Zinsbelastung treffen. Andernfalls wäre es für den Beklagten von Vorteil, den Zeitpunkt seines Eintritts in die Versorgungsverpflichtungen möglichst weit hinauszus...

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