Entscheidungsstichwort (Thema)
kollektivrechtliche Wirkung einer Gesamtbetriebsvereinbarung - nach Betriebsübergang begründetes Arbeitsverhältnis - Anspruch auf betrieblichen Altersversorgung nach Betriebsübergang
Leitsatz (redaktionell)
Der Kläger, dessen Arbeitsverhältnis erst nach dem Betriebsübergang bei der Beklagten begründet wurde, kann keine Leistungen der betrieblichen Altersversorgung aus der zuvor bei der L AG geltenden Versorgungsordnung beanspruchen. Die zugrundeliegende Gesamtbetriebsvereinbarung galt nicht ohne weiteres kollektivrechtlich bei der Beklagten fort. Da der Arbeitsvertrag des Klägers auch keine individuelle Bezugnahme auf dieses Regelwerk oder gar eine besondere Altersversorgungszusage enthält, gibt es für sein Begehren keine Anspruchsgrundlage.
Normenkette
BGB § 613 a
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Entscheidung vom 09.01.2013; Aktenzeichen 2 Ca 361/12) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 09.01.2013 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Bonn- 2 Ca 361/12 EU - abgeändert:
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Die Klage wird abgewiesen.
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Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
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Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung aufgrund einer Gesamtbetriebsvereinbarung aus dem Jahr 1973 und späterer Änderungen.
Der am 1965 geborene Kläger war vom 15.11.1996 bis zum 28.02.2011 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen im Betrieb M als Arbeitnehmer beschäftigt. Sein Arbeitsvertrag enthält keine Zusage auf Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung und keine Bezugnahme auf eine entsprechende betriebliche Regelung.
Im Betrieb der Beklagten in M besteht bzw. bestand seit 1969 durchgängig ein Betriebsrat. Die Beklagte beschäftigt dort gegenwärtig ca. 430 Arbeitnehmer. Ursprünglich war das Werk M Teil der L AG f E , die mehrere Werke betrieb. Durch Einbringungsvertrag vom 17.12.1993 wurde der Betrieb M auf die P GmbH übertragen, die ebenfalls mehrere Betriebe und einen Gesamtbetriebsrat hatte. Vereinbarungsgemäß erfolgte der Betriebsübergang mit Wirkung bereits zum 04.10.1993 ("Stichtag"). Im Jahre 2000 wurde der Betrieb M von der P GmbH abgespalten und von der neu gegründeten T M GmbH übernommen. Nach einer Umfirmierung in R M GmbH erfolgte im Jahr 2005 eine weitere Umfirmierung in die jetzige Firma der Beklagten, die auch mit einem Gesellschafterwechsel verbunden war.
Bei der L AG f E bestand ein Gesamtbetriebsrat. Am 01.01.1973 trat eine mit diesem abgeschlossene Gesamtbetriebsvereinbarung in Kraft, bezeichnet als "Richtlinien für die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung der L AG" (Kopie Blatt 11 ff. d. A.). Diese Richtlinien wurden durch weitere Gesamtbetriebsvereinbarungen vom 22.06.1977 (Kopie Blatt 16 ff. d. A.) und 05.10.1984 (Kopie Blatt 28 ff. d. A.) abgeändert und abgelöst. Die letzte Fassung der Versorgungsordnung vom 30.06.1987 trägt die Bezeichnung "Betriebsvereinbarung für die Alters- und Hinterbliebenenversorgung der L AG".
Unter dem 21.04.2005 schlossen der Betriebsrat und die damals als R M GmbH firmierende Beklagte folgende Betriebsvereinbarung (Kopie Blatt 42 d. A.):
"Das Werk M gehörte bis zum 04. Oktober 1993 (Stichtag) zur L AG, bei der eine Gesamtbetriebsvereinbarung über Leistungen der betrieblichen Altersversorgung galt ("Betriebsvereinbarung für die Alters- und Hinterbliebenenversorgung" vom 30.06.1987).
Alle bis zum Stichtag eingestellten Mitarbeiter haben gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB ihre Rechte und Pflichten aus dieser Betriebsvereinbarung individualrechtlich behalten. Nach dem Stichtag eingestellte Mitarbeiter sind hingegen nicht in diese Regelung einbezogen worden. Nach Auffassung aller Beteiligten - einschließlich des Betriebsrates - sollte die betriebliche Altersversorgung im Sinne einer Besitzstandswahrung nur für die bis zum Stichtag eingestellten Mitarbeiter gelten.
Der anstehende Desinvestitionsprozess gibt Anlass, dieses von Anfang an bestehende gemeinsame Verständnis der guten Ordnung halber noch einmal zu dokumentieren und folgende Vereinbarung zu treffen:
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Die Betriebsparteien bekräftigen entsprechend des bisherigen allseitigen Verständnisses, dass der Besitzstand der bis zum Stichtag eingestellten Mitarbeiter durch § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB abgesichert ist. Für diese gilt entsprechend des von Anfang an dokumentierten übereinstimmenden Verständnisses der Betriebsparteien die "Betriebsvereinbarung für die Alters- und Hinterbliebenenversorgung vom 30.06.1987 weiterhin als Inhalt Ihrer Arbeitsverhältnisse individualrechtlich fort.
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Die "Betriebsvereinbarung für die Alters- und Hinterbliebenenversorgung" vom 30.06.1987 galt nur bei der L AG. Sie findet als Betriebsvereinbarung bei der R M keine Anwendung und wird vorsorglich rückwirkend zum Stichtag aufgehoben. Nach dem 04. Oktober 1993 eingestellte Mitarbeiter haben keine Ansprüche auf der Grundlage der genannten Betriebsvereinbarung erworben".
Zeitgleich sch...