Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschlussfrist. Einzelvertrag
Leitsatz (amtlich)
1. Eine einzelvertragliche Ausschlussklausel, die die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen in 4 Wochen nach Ablehnung vorschreibt, ist unwirksam.
2. Eine geltungsanhaltende Reduktion von Ausschlussklauseln kann nicht stattfinden.
Normenkette
BGB §§ 195, 242, 305, 310
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 10.12.2003; Aktenzeichen 12 Ca 9217/03) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10.12.2003 – 12 Ca 9217/03 – wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Entgeltfortzahlungsansprüche aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.
Die Klägerin war seit dem 04.01.2002 als Rechtsanwaltsfachangestellte bei dem beklagten Rechtsanwalt beschäftigt. Der unter dem 04.01.2002 unterzeichnete 10-seitige Anstellungsvertrag (Blatt 35 – 44 d. A.) enthält in § 10 folgende Regelung:
§ 10
Ausschlussfrist
Alle Ansprüche, die sich aus dem Angestelltenverhältnis ergeben, sind von den Vertragsschließenden binnen einer Frist von 6 (sechs) Wochen seit ihrer Fälligkeit schriftlich geltend zu machen und im Falle der Ablehnung durch die Gegenpartei binnen einer Frist von 4 (vier) Wochen einzuklagen.
Das Bruttomonatsgehalt der Klägerin betrug 2.045,17 EUR.
Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis zunächst fristlos mit Schreiben vom 17.04.2003. Unter dem 06.06.2002 erklärte er wegen arglistiger Täuschung eine Anfechtung rückwirkend zum 09.04.2002.
In dem über die Wirksamkeit dieser beiden Beendigungsakte geführten Rechtsstreit (2 Ca 4334/02 Arbeitsgericht Köln / 6 Sa 1306/02 Landesarbeitsgericht Köln) wurde mit am 20.03.2003 verkündeten Urteil des Landesarbeitsgerichts entschieden, dass weder durch die Anfechtung noch durch die fristlose Kündigung das Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet worden sei, vielmehr erst auf Grund einer ordentlichen Kündigung vom 15.04.2002 zum 30.04.2002.
Der Beklagte erteilte der Klägerin unter dem 18.04.2002 eine Abrechnung für den Monat April 2002 (Blatt 5 d. A.). Diese weist als „Austritt” den 17.04.2002 aus und verhält sich über ein Bruttobetrag von 545,38 EUR. Für die Zeit vom 18.04.2002 bis zum 30.04.2002 erhielt die Klägerin von der BKK ein Krankengeld in Höhe von 443,43 EUR netto.
Mit Schreiben vom 14.05.2002, beim Beklagten am 16.05.2002 eingegangen, schrieben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin Folgendes (Blatt 25 d. A.):
Sehr geehrte Kollegen,
Frau U. H., deren rechtliche Interessen bekanntlich von uns wahrgenommen werden, hat uns ihre Gehaltsabrechnung für April 2002 vom 28.04.2002 vorgelegt. Für die Zeit bis zum 17.04.2002 rechnen Sie lediglich ein Bruttogehalt in Höhe von EUR 545,38 ab. Auf der Grundlage eines arbeitsvertraglich vereinbarten Bruttogehalts von EUR 2.045,17 ist diese Abrechnung schlicht nicht nachvollziehbar.
Entsprechend Ihrer Gehaltsabrechnung haben Sie die Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte vorgenommen.
Namens und im Auftrag unserer Mandantin haben wir Sie aufzufordern, die Gehaltsabrechnung bis zum 31.05.2002 zu korrigieren und – entsprechend der Korrektur – die Auszahlung der Nettovergütung zu ergänzen.
Der Beklagte lehnte die Ansprüche mit Schreiben vom 10. 6. 2002 ab (Bl. 26 f. d.A.)
Am 08.08.2002 erhob die Klägerin die vorliegende Klage, die sie so berechnet, dass sie von ihrem Bruttomonatseinkommen von 2.045,17 EUR den für April gezahlten Bruttolohn von 545,38 EUR abzieht und somit ein Bruttorestgehalt von 1.499,79 EUR abzüglich gezahlten Krankengeldes von 443,43 EUR netto begehrt.
Der Anspruch ist zwischen den Parteien dem Grunde und der Höhe nach bis auf die Frage des Verfalls aufgrund der vertraglichen Ausschlussfrist unstreitig (s. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27. 8. 2004).
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.499,79 EUR brutto abzüglich als Krankengeld gezahlter 443,43 EUR netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte beruft sich auf die Ausschlussfrist gemäß § 10 des Anstellungsvertrages.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und dabei entschieden, die einzelvertraglich vereinbarte Ausschlussfrist von sechs Wochen zur schriftlichen Geltendmachung und einer weiteren Frist von vier Wochen zur Klage nach Ablehnung sei eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Gegen dieses ihm am 19.04.2004 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 16.02.2004 Berufung eingelegt, am 07.05.2004 erneut Berufung eingelegt und diese am 14.06.2004 begründet.
Der Beklagte wendet sich mit Rechtsausführungen dagegen, dass das Arbeitsgericht die Ausschlussklausel für unwirksam gehalten hat. Die Ausschlussklausel benachteilige die Klägerin nicht im Sinne von § 307 BGB unangemessen. Sie falle auch nicht unter den Anwendungsbereich des § 309 Nr. 7 BGB. Vielmehr seien nach § 310...