Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderungs-Nichtverlängerungsmitteilung im Bühnenschiedsgerichtsverfahren. Aufhebungsklage nach Spruch durch Bühnenoberschiedsgericht. Hinreichende Bestimmtheit eines Änderungsangebots
Leitsatz (amtlich)
1. Allein der Umstand, dass ein im Wege der Aufhebungsklage nach § 110 ArbGG angegriffener Spruch eines Bühnenoberschiedsgerichts nicht binnen fünf Monaten vollständig abgesetzt an die Geschäftsstelle übermittelt wurde, rechtfertigt nicht seine Aufhebung. Mit der Entscheidung des Bühnenoberschiedsgerichts ist das Bühnenschiedsgerichtsverfahren verbraucht. Gegenstand des Aufhebungsverfahrens sind damit nicht die vom Bühnenschiedsgericht und Bühnenoberschiedsgericht getroffenen Entscheidungen, sondern das vor dem Schiedsgericht anhängig gemachte Sachbegehren.
2. Bei Ausspruch einer sog. Änderungs-Nichtverlängerungsmitteilung nach § 61 Abs. 3 NV Bühne (Normalvertrag Bühne) bedarf auch das Änderungsangebot der Schriftform.
3. Ein im Rahmen einer Änderungs-Nichtverlängerungsmitteilung nach § 61 Abs. 3 NV Bühne unterbreitetes Änderungsangebot entspricht schon dann nicht billigem Ermessen, wenn es den Umfang der Leistungspflicht des Arbeitnehmers nicht hinreichend bestimmt.
Normenkette
ArbGG § 110; Normalvertrag Bühne § 61; Tarifvertrag Normalvertrag Solo; NV Bühne § 61 Abs. 3; BGB § 242
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 10.01.2013; Aktenzeichen 12 Ha 4/12) |
Tenor
1.
Die Berufung der (Aufhebungs-) Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10.01.2013, Az. 12 Ha 4/12 wird zurückgewiesen.
2.
Die Kosten der Berufung trägt die (Aufhebungs-) Klägerin.
3.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Rahmen einer Aufhebungsklage nach § 110 ArbGG im Wesentlichen über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses infolge Nichtverlängerungsmitteilung vom 19.07.2010.
Der am geborene Aufhebungsbeklagte wurde von der Aufhebungsklägerin zunächst ab dem 27.09.1994 als "Gruppentänzer" für die Spielzeit 1994 / 1995 eingestellt. Unter dem 24.06.1997 vereinbarten die Parteien einen neuen Arbeitsvertrag, welcher eine Tätigkeit als "Solotänzer mit Gruppenverpflichtung" vorsah. Nach § 7 des Vertrages sind Ergänzungen und Änderungen nur bei schriftlicher Vereinbarung wirksam. Das monatliche Bruttoentgelt des Aufhebungsbeklagten betrug zuletzt 2.750,00 EUR.
Der Arbeitsvertrag vom 24.06.1997 nimmt in § 5 Bezug auf den Tarifvertrag "Normalvertrag Solo" in der jeweils geltenden Fassung und die ihn ändernden, ergänzenden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträge. Der "Normalvertrag Solo" (NV Solo) wurde am 01.01.2003 durch den "Normalvertrag Bühne" (NV Bühne) abgelöst. Der NV Bühne enthält unter anderem die nachfolgenden Regelungen:
§ 1
Geltungsbereich
(1) Dieser Tarifvertrag gilt für Solomitglieder und Bühnentechniker sowie Opernchor- und Tanzgruppenmitglieder (im folgenden insgesamt als Mitglieder bezeichnet) an Bühnen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, die von einem Lande oder von einer Gemeinde oder von mehreren Gemeinden oder von einem Gemeindeverband oder mehreren Gemeindeverbänden ganz oder überwiegend rechtlich oder wirtschaftlich getragen werden.
(2) Solomitglieder sind Einzeldarsteller einschließlich Kabarettisten und Puppentheaterspielern, Dirigenten, Kapellmeister, Studienleiter, Repetitoren, Orchestergeschäftsführer, Direktoren des künstlerischen Betriebs (insbesondere Operndirektor, Schauspieldirektor, Ballettdirektor, Leiter des Kinder- und Jugendtheaters), Spielleiter (Regisseure), Chordirektoren, Choreografen, Tanz-/Balletmeister sowie Trainingsleiter, Dramaturgen, Leiter des künstlerischen Betriebsbüros, Disponenten, Ausstattungsleiter, Bühnenbildner, Kostümbildner und Lightdesigner, Inspizienten, Theaterpädagogen, Schauspielmusiker, Referenten und Assistenten von Intendanten sowie des künstlerischen Betriebs, Souffleure, Theaterfotografen und Grafiker, Pressereferenten und Referenten der Öffentlichkeitsarbeit sowie Personen in ähnlicher Stellung.
[...]
§ 2
Begründung des Arbeitsvertrages
(1) Mit dem Mitglied ist ein schriftlicher Arbeitsvertrag nach dem Muster der Anlagen 2 bis 6 abzuschließen. Der Arbeitsvertrag bedarf zu seiner Wirksamkeit der Schriftform. Das Gleiche gilt für Änderungen und Ergänzungen.
[...]
§ 5
Arbeitszeit
(1) Die Arbeitszeit ergibt sich aus der Dauer der Proben und der Aufführungen oder der Ausübung der arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit.
[...]
(3) Für die Bühnentechniker ist die Vereinbarung von Teilzeitarbeit zulässig. Mit einem Mitglied des Opernchors kann Teilzeitarbeit nur innerhalb eines mindestens für eine Spielzeit abgeschlossenen Arbeitsvertrages vereinbart werden. [...]
§ 55
Proben-Solo
(1) Die Dauer einer Probe und die Lage der Pause(n) ergeben sich aus den künstlerischen Belangen der Bühne. Dies gilt auch für Haupt- und Generalproben. [...]
§ 61
Nichtverlängerungsmitteilung - Solo
(1) Das Arbeitsverhältnis endet mit dem im Arbeitsvertrag vereinbarten Zeitpunkt.
(2) Ein mindestens für ein Jahr (Spielzeit) abgeschlossener Arbeitsvertrag...