Rechtsmittel zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung. personenbedingt. Bundeswehr. Sprachendienst. Dolmetscher. NVA. Sicherheitsbedenken. Sicherheitsüberprüfung. Geheimschutzbeauftragter. Personalratsanhörung
Leitsatz (amtlich)
1. Die bloße Mitteilung „Sicherheitsbedenken” als Kündigungsgrund für die Entlassung eines Angestellten auf einem „sicherheitsempfindlichen” Dienstposten genügte jedenfalls bis zum Inkrafttreten des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (SÜG) am 29.04.1994 nicht, um der Darlegungslast des Arbeitgebers im Kündigungsschutzprozeß und/oder seiner Informationspflicht in der Personalratsanhörung zu genügen – jedenfalls dann nicht, wenn der Dienststelle wie auch der personalführenden Dienststelle die Hintergründe bekannt waren.
2. Daran ändert nichts, daß schon die seinerzeitigen „Richtlinien für die Sicherheitsüberprüfung von Personen im Rahmen des Geheimschutzes” (Sicherheitsrichtlinien – SiR) – umgesetzt für den Geschäftsbereich des BMVg durch die Zentrale Dienstvorschrift (ZDv) 2/30 VS NfD – ebenso wie heute das SÜG eine strenge Abtrennung des Sicherheitsüberprüfungsverfahrens von den übrigen Personalangelegenheiten vorsahen.
3. Hat die personalführende Dienststelle den Angestellten zu den im Sicherheitsüberprüfungsverfahren aufgetauchten Gründen für ein Sicherheitsbedenken angehört und dessen rechtfertigende Stellungnahme in einem Aktenvermerk zu den Personalakten genommen, so gehört auch die Information über diese Stellungnahme zu einer ordnungsgemäßen Personalratsanhörung.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 1; BPersVG § 79 Abs. 4; SÜG § 5
Verfahrensgang
ArbG Aachen (Urteil vom 09.08.1994; Aktenzeichen 1 Ca 140/94) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 09.08.94 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Aachen – 1 Ca 140/94 – wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, daß die Kosten des Rechtsstreits zu 4/5 die Beklagte und im übrigen der Kläger trägt.
Die Revision wird zugelassen.
Streitwert: unverändert.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung vom 11. Februar 1994 zum 31. März 1994.
Beklagt ist die Bundesrepublik Deutschland. Sie stellte – vertreten durch die Wehrbereichsverwaltung III – den 1956 geborenen Kläger ab August 1991 als Zivilangestellten der Bundeswehr ein – und zwar bei der Dienststelle „Zentrum für Verifikationsaufgaben der Bundeswehr” (ZVBw) mit Sitz in …. Seine Tätigkeit ist die eines Sprachenüberprüfers und Konferenzdolmetschers (Sprachenmittler im gehobenen Dienst); außerdem vertritt er den Leiter des Sprachendienstes ZVBw.
Der Kläger war früher als Offizier der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR in der Funktion eines Dolmetschers/Obersetzers im dortigen Ministerium für Nationale Verteidigung (MfNV, später: Ministerium für Abrüstung und Verteidigung) eingesetzt. Ab Oktober 1990 war er im ZVBw, Außenstelle …, im Dienstgrad eines Hauptmanns tätig. Am 15. Oktober 1990 bewarb er sich um die Einstellung als Sprachmittler bei der Wehrbereichsverwaltung VII in …. Am 26. August wurde er unter Einreihung in die Vergütungsgruppe IIa BAT von der Wehrbereichsverwaltung III … eingestellt, ohne daß zunächst eine Sicherheitsüberprüfung durchgeführt wurde. An sich erfolgt im Geschäftsbereich des Bundesministers für Verteidigung (BMVg) die Einstellung auf einem sicherheitsempfindlichen Dienstposten erst nach einer abgeschlossenen Sicherheitsüberprüfung. Die Notwendigkeit von Sicherheitsüberprüfungen auf sog. „sicherheitsempfindlichen Dienstposten” wird derzeit geregelt durch das Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes (Sicherheitsüberprüfungsgesetz – SÜG) vom 20.04.1994, in Kraft seit dem 29.04.1994 (BGBl. I 1994, 867 ff.). Das SOG löste im wesentlichen inhaltsgleich die „Richtlinien für die Sicherheitsüberprüfung von Personen im Rahmen des Geheimschutzes” (Sicherheitsrichtlinien – SiR: GMBl 1988, 30) vom 11.11.1987 ab, die ab 01.05.1988 in Kraft waren. Diese SiR wurden für den Geschäftsbereich des BMVg umgesetzt durch die Zentrale Dienstvorschrift 2/30 VS NfD in der ab 30.01.1990 geltenden Fassung; der Umsetzung war ein Schreiben des BMVg vom 27.11.1989 (Bl. 81 d.A.) vorausgegangen, das eine Vorabregelung vornahm. Danach war vor der Betrauung mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit eine Sicherheitsüberprüfung in drei Steigerungsstufen vorgesehen: die „einfache Sicherheitsüberprüfung” (Ü1), die „erweiterte Sicherheitsüberprüfung” (ü2) sowie die „erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen” (Ü3), heute geregelt in §§ 8 ff. SÜG. Obwohl nach Vortrag der Beklagten die für die Sicherheitseinstufung zuständige Dienststelle nach ihrem Fernschreiben vom 18.12.1990 (Bl. 133 d.A.) für die Dienstposten der Übersetzer des gehobenen Dienstes die höchste Sicherheitsstufe Ü3 vorsah, sah man im Falle des Klägers zunächst von einer Sicherheitsüberprüfung ab – nach Darstellung der Beklagten, weil der Kläger dringend benötigt wurde und um ihm einen nahtlosen Übergang zu ermöglichen.
Nach Übernahme des Kl...