Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit einer Klageerweiterung in der Berufungsinstanz. Anforderungen an eine zulässige Anschlussberufungsbegründung. Zulässiger Klageantrag auf zukünftig wiederkehrende Leistungen. Keine Berücksichtigung des arbeitnehmerfinanzierten Teilanspruchs bei der Berechnung der fiktiven Vollrente
Leitsatz (redaktionell)
1. Sachdienlichkeit für eine zulässige Klageerweiterung in der Berufungsinstanz liegt vor, wenn der bisherige Prozessstoff als Entscheidungsgrundlage verwertbar bleibt und durch die Zulassung der Klageerweiterung ein neuer Prozess vermieden wird.
2. Für eine Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der mit einer Anschlussberufung angefochtenen Entscheidung ist die Befassung mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des Urteils erforderlich. Formelhafte Wendungen oder Wiederholungen des erstinstanzlichen Vortrags genügen nicht.
3. Zukünftige wiederkehrende Leistungen, insbesondere Betriebsrentenzahlungen, können schon vor Eintritt der Fälligkeit des jeweiligen Teilanspruchs eingeklagt und in einem Feststellungsurteil festgeschrieben werden.
4. Tritt bei vorzeitig ausgeschiedenen Beschäftigten mit unverfallbarer Anwartschaft der Versorgungsfall ein, erfolgt die Berechnung der Versorgung nach § 2 BetrAVG. Bei dem Durchführungsweg Pensionskasse bleibt bei der Berechnung der fiktiven Vollrente der vom Arbeitgeber finanzierte Anteil unberücksichtigt.
Normenkette
ZPO §§ 258-259, 524 Abs. 3 S. 2, § 530 Abs. 3, § 533 Nr. 1; BetrAVG § 2 Abs. 1, 3, 5; VersO C Anhang Abschn. I Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 30.11.2017; Aktenzeichen 5 Ca 7631/16) |
Nachgehend
Tenor
I.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 30. November 2017- 5 Ca 7631/16 - teilweise abgeändert:
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Zeitraum vom 01. Januar 2013 bis zum 28. Februar 2018 6.593,84 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 95,32 EUR seit dem 1. Februar 2013 sowie dem jeweiligen 1. der Folgemonate bis einschließlich1. März 2017 und aus jeweils 152,32 EUR seit dem1. April 2017 sowie dem jeweiligen 1. der Folgemonate bis einschließlich 1. März 2018 zu zahlen.
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Zeitraum vom 01. März 2018 bis zum31. Oktober 2018 1.218,56 EUR brutto zu zahlen.
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger jeweils am 1. des Monats beginnend mit dem 1. Dezember 2018 eine betriebliche Altersversorgung in Höhe von 2.142,32 EUR brutto für die Zeit ab November 2018 zu zahlen.
II.
Der Antrag zu 2) der Beklagten aus dem Schriftsatz vom 23. November 2018 wird zurückgewiesen.
III.
Die Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger zu 1/8 und die Beklagte zu 7/8. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe eines Betriebsrentenanspruchs.
Der am 1936 geborene Kläger war seit dem 15. April 1968 bei der G -W -AG und ab dem 1. April 1981 bis zum 31. Mai 1996 bei der Beklagten als Personalleiter beschäftigt. Als Beginn der Betriebszugehörigkeit wurde der 15. April 1968 festgelegt.
Die Beklagte hatte das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 1995 gekündigt. In dem Kündigungsschreiben vom 22. Mai 1995 sagte die Beklagte dem Kläger die Zahlung einer Abfindung "in analoger Anwendung des Sozialplans" zu. Anschließend verständigten sich die Parteien auf eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. Mai 1996. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses war der Kläger freiberuflich für die Beklagte tätig.
Die Beklagte erteilte dem Kläger ein Versorgungsversprechen. Er bezieht seit dem 1. Juni 1997 betriebliche Altersversorgung. Zusätzlich erhält er Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Betriebsrente des Klägers setzt sich aus mehreren Bestandteilen zusammen. Die B -Pensionskasse entrichtet 779,08 € (= 1.523,75 DM) monatlich. Die Beklagte zahlte dem Kläger ab Januar 2010 2.047 € und entrichtet seit März 2017 bis heute 1.990 € monatlich. Sie ist allerdings bei ihrer zuletzt vorgenommenen Berechnung davon ausgegangen, dass dem Kläger ab Januar 2013 lediglich 1.671,41 €, ab August 2017 lediglich 1.556,37 €, ab Februar 2017 lediglich 1.488,88 € und ab September 2018 lediglich 1.417,81 € zustanden bzw. zustehen.
Mit der am 29. Oktober 2016 zugestellten Klage macht der Kläger2.142,32 € monatlich seit Januar 2013 geltend. Diese Gesamtsumme setzt sich wie folgt zusammen:
- Besitzstandsrente |
1.526,20 € |
- Pensionskassenspitze |
89,72 € |
- Zusatzversorgung II |
272,80 € |
- Vertragliche Zusagen |
253,60 €. |
Für die Berechnung der Ansprüche des Klägers kommt es u.a. auf sein durchschnittliches pensionsfähiges Einkommen in den letzten drei Jahren vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses an. Das tatsächliche monatliche Bruttoeinkommen des Klägers belief sich im Zeitraum Juni 1993 bis Dezember 1994 auf 14.625 DM (= 175.500 DM jährlich). A...