Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Altersversorgung. Wartezeit. Invalidenrente. dauernde Erwerbsunfähigkeit. volle Erwerbsminderung auf Zeit
Leitsatz (amtlich)
1. Macht eine Versorgungsanordnung den Eintritt „vorzeitiger dauernder Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit” zur Voraussetzung für einen Anspruch auf Zahlung einer betrieblichen Invalidenrente, so tritt der Versorgungsfall nicht schon mit der befristeten Bewilligung einer „Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit” ein, sondern regelmäßig erst dann, wenn die Versichertenrente als Dauerrente gewährt wird.
2. Die weitere Anspruchsvoraussetzung einer 25-jährigen Wartezeit kann folglich auch noch nach der lediglich befristeten erstmaligen Bewilligung der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente zu Ende erfüllt werden.
Normenkette
BetrAVG §§ 1, 7; RVO §§ 1246-1247; AVG §§ 23-24
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 17.04.2008; Aktenzeichen 17 Ca 8995/07) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 17.04.2008 in Sachen 17 Ca 8995/07 wie folgt abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über die Höhe der ihr nach der Alters-, Invaliden- und Witwenrente der Firma B. zustehenden Invalidenrente zum Stand 01.08.2007 zu erteilen.
Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die sich daraus ergebende Betriebsrente ab August 2007 zu zahlen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/3 und der Beklagte 2/3 zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob die Klägerin einen von dem Beklagten zu erfüllenden Anspruch auf eine betriebliche Invalidenrente erworben hat.
Die am 08.02.1950 geborene Klägerin war seit dem 03.05.1979 bei einer Firma B. + GmbH & Co. KG aus W. als Montagearbeiterin beschäftigt. Im Wege des Betriebsübergangs ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin im Jahre 2003 auf eine Firma T GmbH über. Mit Aufhebungsvertrag vom 02.04.2004 wurde das Arbeitsverhältnis zum 30.11.2004 beendet. In der Folgezeit verschmolz die Firma T GmbH mit einer Firma N GmbH, über deren Vermögen am 28.11.2005 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.
Die Firma B. B. + GmbH & Co. KG hatte der Klägerin eine betriebliche Altersversorgung nach Maßgabe der Richtlinien für die Alters-, Invaliden- und Witwenversorgung der Firma B. + GmbH & Co. KG vom 31.12.1984 (Bl. 41 – 44 d. A.) zugesagt. Gemäß § 1 Abs. 1 dieser Richtlinien gewährt die Firma „allen Angestellten und Arbeitern nach Zurücklegung einer Wartezeit von 25 Jahren eine zusätzliche Alters-, Invaliden- und Witwenversorgung. Die Wartezeit beginnt mit dem Diensteintritt.”
Als Leistung war gemäß § 1 Abs. 2 b) der Richtlinien u. a. vorgesehen, eine „Invalidenrente, zahlbar beim Ausscheiden aus den Diensten der Firma nach Eintritt vorzeitiger dauernder Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit im Sinne von §§ 23 Abs. 2 und 24 Abs. 2 AVG bzw. §§ 1246 Abs. 2 oder 1247 Abs. 2 RVO auf die Dauer derselben. Der Nachweis der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit ist durch den Rentenbescheid der gesetzlichen Rentenversicherung oder durch ein amtsärztliches Zeugnis zu erbringen.”
In Ziffer 3 der Betriebsvereinbarung vom 31.12.1984, mit welcher die Richtlinien für die Alters-, Invaliden- und Witwenversorgung in Kraft gesetzt wurden, heißt es: „Voraussetzung für den Rentenanspruch ist wie bisher eine 25-jährige Wartezeit.”
Die Klägerin erkrankte ab dem 29.10.2003. Auf ihren Antrag vom 18.02.2004 hin wurde ihr mit Rentenbescheid der LVA Rheinprovinz vom 07.03.2005 (Bl. 37 f. d. A.) mit Wirkung ab 01.05.2004 eine „Rente wegen voller Erwerbsminderung” bewilligt, befristet für die Zeit bis zum 30.09.2007.
In dem Rentenbescheid heißt es unter der Überschrift „Rentenart”:
„Sie haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit. Der Rentenanspruch ist zeitlich begrenzt, weil es nach den medizinischen Untersuchungsbefunden nicht unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann.
Die Anspruchsvoraussetzungen sind ab dem 29.10.2003 erfüllt.”
Durch Bescheid vom 11.07.2007 (Bl. 48 d. A.) wurde der Klägerin „die mit Bescheid vom 07.03.2005 gewährte Versichertenrente als Dauerrente weitergewährt. Sie wird längstens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (Beginn der Regelaltersrente) gezahlt”.
Mit der vorliegenden Klage nimmt die Klägerin den Beklagten auf Zahlung einer betrieblichen Invalidenrente ab Juni 2005 in Anspruch.
Erstinstanzlich hat die Klägerin beantragt,
- den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft über die Höhe der ihr nach der Alters-, Invaliden- und Witwenversorgung der Firma B. zustehenden Invalidenrente zu erteilen;
- den Beklagten zu verurteilen, ihr die sich daraus ergebende Betriebsrente ab Juni 2005 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat sich zum einen darauf berufen, dass die Klägerin die von den Versorgungsrichtlinien vorgesehene 25-jährige Wartezeit nicht erfüllt habe. Die Er...