Entscheidungsstichwort (Thema)
Mobbing. Anforderungen an die Anerkennung eines “Mobbing„-Tatbestands. Abgrenzung zu Einzelkonflikten
Leitsatz (amtlich)
Einordnung von einzelnen Konflikten zwischen einer Lehrerin und der Schulleitung über das richtige Verhalten gegenüber Schülern und Eltern und Bewertung der fehlenden Anerkennung des Einsatzes der Lehrerin als Handlungen und Unterlassungen, die nicht als “Mobbing" anzusehen sind.
Normenkette
BGB § 611 Abs. 1, §§ 823, 826
Verfahrensgang
ArbG Siegburg (Entscheidung vom 28.09.2011; Aktenzeichen 2 Ca 1348/11) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 28. September 2011
- 2 Ca 1348/11 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schmerzensgeldansprüche, die die Klägerin wegen "Mobbings" geltend macht.
Die Klägerin, geboren am 1969, war bei dem Beklagten seit dem 22. Januar 2007 als Lehrerin für die Fächer Religion, Mathematik und Sport in der von ihm unterhaltenen Realschule in K beschäftigt. Es handelt sich um eine Ersatzschule. Die Klägerin erhielt gemäß Arbeitsvertrag vom 20. November 2006 Dienstbezüge nach Maßgabe der besoldungsrechtlichen Bestimmungen, die für vergleichbare Landesbeamte gelten. Sie war eingestuft in die Besoldungsgruppe 12 des Landesbesoldungsgesetzes NRW.
Die Klägerin ist gemäß gerichtlichem Vergleich mit Wirkung zum 31. Juli 2011 als Folge krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden. Das Arbeitsverhältnis ist in ein Ruhestandsverhältnis umgewandelt worden.
Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Klägerin durch Mobbing der Schulleitung an Depressionen erkrankt ist, die zur Dienstunfähigkeit führten. Die Klägerin fühlt sich seit Sommer 2007 zunehmend an der Schule ausgegrenzt und vermisst die Unterstützung der Schulleitung gegenüber Schülern und Eltern.
Sie war seit etwa 3 Wochen Klassenlehrerin der Schülerin H aus K , als diese Ende August 2007 vergewaltigt und ermordet wurde. Die Schulleitung veranlasste den Einsatz von Notfallseelsorgern und eines psychologischen Dienstes, um Schüler, Eltern und Lehrer zu unterstützen. Die Klägerin stellte im Klassenzimmer zur Erinnerung an Hannah zunächst Blumen und später eine brennende Kerze auf einen Tisch. Herr B , damals stellvertretender Schulleiter und seit 1. August 2009 Schulleiter der Realschule, stellte während seiner Unterrichtsstunden die Kerze auf den Boden oder auf einen Stuhl in der Zimmerecke.
Im Frühjahr 2008 nahm die Klägerin dem Schüler C während des Unterrichts einen MP-3 Player weg. Nach ihren Angaben forderte der Schüler nach der Stunde Rückgabe des Geräts, stellte sich ihr in den Weg und drohte mit körperlicher Gewalt. Nachdem die Klägerin der Schulleitung mitgeteilt hatte, es sei ihr nicht zuzumuten, den Schüler weiter zu unterrichten, nahm diese einen Fachlehrerwechsel vor. Sie schloss den Schüler, der sich bei der Klägerin entschuldigte, von einer Exkursion und acht Stunden Mathematikunterricht aus, schrieb die Eltern des Schülers an und missbilligte in einem Gespräch mit den Eltern das Verhalten des Schülers. Auf der Abschlussfeier durfte der Schüler auf dem Klavier vorspielen.
Als der Schüler S im Jahr 2008 die Jacke eines Mitschülers und die Decke der Sportumkleide bespuckt hatte, erarbeitete die Klägerin als Klassenlehrerin mit der Klassenkonferenz eine Liste von Sanktionen, wozu auch die Ableistung von Sozialstunden in einem Altersheim gehören sollte. Nachdem die Eltern sich mit dieser Sanktion nicht einverstanden erklärt hatten, hob der Schulleiter nach Rücksprache mit einem Fachjuristen der Bezirksregierung - unter Beibehaltung der anderen Maßregelungen - die Verpflichtung zur Ableistung von Sozialstunden auf.
Nach einer Schulregelung werden im Unterricht eingesammelte Mobiltelefone von den Lehrern im Sekretariat abgegeben und an die Schüler erst wieder freitags ausgehändigt. Der Schülerin M wurde das Mobiltelefon bereits am selben Tag wieder zurückgegeben, weil diese nachmittags und abends mit dem Sportverein unterwegs war und die Schulleitung angesichts des an der Schülerin H verübten Verbrechens eine besondere Gefahrenlage sah.
Für die Kopfnoten der Schüler unterbreitet der Klassenlehrer einen Vorschlag, zu dem die anderen Lehrer Stellung nehmen. Über Änderungsvorschläge wird im Rahmen der Zeugniskonferenz abgestimmt. Herr B votierte regelmäßig für bessere Kopfnoten als die, die von der Klägerin als Klassenlehrerin vorgeschlagen worden waren.
Die Klägerin rügt, Herr B sei unkollegial mit Beschwerden von Schülern und Eltern umgegangen, die sie betroffen hätten. So habe er im Winter 2007/2008 sie und eine Kollegin nicht über eine gegen sie gerichtete Beschwerde von Eltern unterrichtet. Einer Beschwerde von Eltern über den von ihr in einer Klasse durchgeführten Mädchensport habe er zugestimmt, ohne sie überhaupt zu unterrichten. In gleicher Weise sei er verfahren, als Schülerinnen sich bei ihm darüber beschwert hätten, dass ...