Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschlußfrist. einzelvertraglich. Bußgelder. AGB-Kontrolle

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Arbeitgeber kann sich als Klauselverwender nicht darauf berufen, die vertraglich vereinbarte Ausschlussfrist für die Geltendmachung von Ansprüchen sei zu kurz bemessen und deshalb unwirksam (Anschluss an BAG, Urteil vom 27. Oktober 2005 – 8 AZR 3/05 –).

2. Der mit einer Geldbuße wegen einer Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr verfolgte Zweck steht nicht einer Anwendung der vertraglichen Ausschlussklausel auf Ansprüche des Arbeitgebers (hier: Transportunternehmer) gegen den Arbeitnehmer (hier: Kraftfahrer) auf Erstattung von gegen den Arbeitnehmer verhängten und vom Arbeitgeber zunächst bezahlten Bußgeldern entgegen.

 

Normenkette

BGB § 138

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Urteil vom 16.11.2011; Aktenzeichen 2 Ca 2116/11 EU)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 16. November 2011 – 2 Ca 2116/11 EU – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Erstattung eines wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten verhängten Bußgeldes.

Der Beklagte war bei dem Kläger als Kraftfahrer für den internationalen Güterverkehr aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 22. Januar 2011 ab dem 16. Februar 2011 befristet bis zum 15. Februar 2012 zu einem monatlichen Lohn in Höhe von EUR 2.000,00 brutto eingestellt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer Kündigung des Beklagten vom 9. Mai 2011 zum 31. Mai 2011.

In einem Anhang zu dem Arbeitsvertrag war u. a. bestimmt, dass Bußgelder, die der Beklagte durch Nichteinhaltung von Lenk- und Ruhezeiten und Vergehen gegen die Straßenverkehrsordnung verursachte, ihm belastet wurden und mit seinem Lohn verrechnet wurden.

Mit Rundschreiben vom 19. Februar 2011 (Bl. 21 d. A.) wies der Kläger die Fahrer auf die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten hin. Für etwaige Strafgelder habe der Fahrer selbst aufzukommen.

In dem Arbeitsvertrag vom 22. Januar 2011 war zudem bestimmt, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb eines Monats nach Zugang der letzten Lohnabrechnung geltend zu machen waren, andernfalls sie verwirkten.

Am 27. April 2011 verhängte die französische Polizei gegen den Beklagten ein Bußgeld in Höhe von EUR 2.385,00, und zwar in Höhe von EUR 1.500,00 wegen Fahrens ohne Fahrerkarte, von EUR 135,00 wegen Lenkzeitüberschreitung und von EUR 750,00 wegen Nichteinhaltens von Pausenzeiten.

Der von dem Beklagten unterrichtete Kläger veranlasste, dass durch die französische Niederlassung der D GmbH & Co. KG (D) am Tatort das Bußgeld beglichen wurde, um den Gütertransport nicht zu verzögern und dadurch Schadensersatzansprüche des Auftraggebers abzuwenden. Für den Geldtransfer hatte der Kläger an den D EUR 135,00 zu zahlen.

Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Beklagte ein auf den 31. Mai 2011 datiertes Schreiben der jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers erhalten hat, mit dem die Erstattung des Bußgeldes in Höhe von EUR 2.385,00 verlangt wird.

Zudem ist zwischen ihnen streitig, ob der Kläger den Beklagten und die anderen Fahrer zur Beachtung der Lenk- und Ruhezeiten stets angehalten hat – so der Kläger – oder ob er die Fahrer angewiesen hat, Verstöße insbesondere gegen die Lenk- und Ruhezeiten in Kauf zu nehmen, um die Aufträge fristgerecht abzuwickeln, wobei er ggf. auch die Bußgelder bezahlen würde – so der Beklagte –.

Das Arbeitsgericht Bonn hat – soweit dies für die Berufung noch von Interesse ist – durch Urteil vom 16. November 2011 die am 23. Juli 2011 zugestellte Klage vom 14. Juli 2011 auf Erstattung des Bußgeldes und der Geldtransferkosten abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Bußgeld in Höhe von EUR 135,00 wegen Lenkzeitüberschreitung habe der Beklagte durch Aufrechnung mit einem Restlohnanspruch für Mai 2011 erfüllt. Ein etwaiger Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Erstattung der weiteren Bußgeldbeträge und der Geldtransferkosten sei nach der einzelvertraglichen Ausschlussfrist verfallen. Der Kläger habe nicht dargetan, dass er innerhalb der Monatsfrist diese Ansprüche gegenüber dem Beklagten geltend gemacht habe. Die einzelvertragliche Ausschlussfrist gelte für derartige Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten. Es sei dem Kläger als Klauselverwender verwehrt, die Unwirksamkeit der Klausel nach AGB-Recht geltend zu machen.

Das Urteil ist dem Kläger am 29. November 2011 zugestellt worden. Er hat hiergegen am 22. Dezember 2011 Berufung einlegen und diese zugleich begründen lassen.

Er ist der Ansicht, der Beklagte müsse auf jeden Fall die Bußgelder erstatten, da ein anderes Ergebnis den Straf- und Bußgeldvorschriften zuwiderlaufe und die Hemmschwelle für Arbeitnehmer, Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zu begehen, herabsetze. Er verweist darauf, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Zusagen von Arbeitgeber, etwaige Geldbußen bei Verstößen gegen Lenkzeitv...

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