Rechtsmittel zugelassen

 

Leitsatz (amtlich)

Die gesetzlichen Verzugs- und Prozeßzinsen werden nur aus dem Nettobetrag geschuldet, der sich aus der Bruttoforderung des Arbeitsentgelts ergibt (wie Sächsisches Landesarbeitsgericht vom 22.01.1997 LAGE § 288 BGB Nr. 4 – Revision anhängig unter 9 AZR 244/97).

 

Normenkette

BGB §§ 286, 288, 291

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 27.08.1997; Aktenzeichen 3 Ca 8643/95 a)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das am 27.08.1997 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 3 Ca 8643/95 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Berufung – auch hinsichtlich der teilweisen Erledigung – zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten nur noch über die Rechtsfrage, ob Verzugszinsen vom Brutto- oder Nettobetrag geschuldet werden.

Mit Urteil vom 27.08.1997 hat das Arbeitsgericht den Beklagten verurteilt, an den Kläger rückständige Gehälter in Höhe von 178.797,49 DM brutto abzüglich 44.602,92 DM netto nebst 4 % Zinsen von 35.856,00 DM seit dem 01.07.1996 (mittleres Zinsdatum) zu zahlen. Dabei hat es den Zinsanspruch nur vom Nettobetrag zuerkannt, den es mit einem Abzug von 45 % vom Bruttobetrag berechnet hat. Wegen der Entscheidungsgründe im einzelnen wird auf Blatt 95 ff. der Akten Bezug genommen.

Gegen das ihm am 10.11.1997 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger am 10.12.1997 Berufung eingelegt, die sogleich begründet worden ist. Er hält an seiner Auffassung fest, daß die Verzugszinsen auf den Bruttobetrag zu berechnen seien. Selbst wenn man den Nettobetrag zugrundelege, so habe das Arbeitsgericht falsch gerechnet, indem es statt eines Abzugs von 45 % im Tenor einen Abzug von 55 % vorgenommen habe. Richtig sei ein zu verzinsender Nettobetrag von 53.735,70 DM. Allein für die Zeit vom 01.07.1996 bis zum 31.10.1997 ergebe sich daraus ein Zinsverlust von 953,69 DM.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27.08.1997 – 3 Ca 8643/95 a – teilweise abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn weitere 4 % Zinsen aus 98.338,57 DM seit dem 01.07.1996 (mittleres Zinsdatum) zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch er sieht die Divergenz zwischen Entscheidungsgründen und Tenor des arbeitsgerichtlichen Urteils hinsichtlich des zugrundezulegenden Nettobetrags. Nach Erhalt der Berufungsbegründungsschrift des Klägers und der darin enthaltenen – hilfsweisen – Geltendmachung eines Zinsbetrags in Höhe von 4 % aus 53.735,70 DM hat der Beklagte sogleich mit Schreiben vom 30.01.1998 die Zinsforderung auf den verbleibenden Restbetrag von 17.879,70 DM für die Zeit vom 01.07.1996 bis zum 31.01.1998 anerkannt und mit einem Betrag von 1.132,38 DM ausgeglichen.

Daraufhin hat der Kläger mit Schriftsatz vom 29.04.1998 die Hauptsache in Höhe des Betrags von 1.132,38 DM für teilweise erledigt erklärt und beantragt, dem Beklagten insoweit die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

In der Berufungsverhandlung vom 30.04.1998 hat der Beklagte sich der teilweisen Erledigungserklärung unter Verwahrung gegen die Kostenlast angeschlossen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes haben die Parteien auf ihre in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung des Klägers ist zwar zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1 S. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 518, 519 ZPO).

II. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.

Im Ergebnis zu Recht hat das Arbeitsgericht dem Kläger Zinsansprüche nach den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB in Höhe von 4 % nur vom verbleibenden Nettobetrag zuerkannt. Die weitergehenden Zinsforderungen des Klägers sind unbegründet.

Die Frage, ob die gesetzlichen Verzugszinsen vom Brutto- oder Nettobetrag geschuldet werden, ist allerdings seit Jahrzehnten umstritten. Der Kläger hat dies in seiner Berufungsbegründung zutreffend dargelegt. Auch beim Bundesarbeitsgericht besteht keine einheitliche Rechtsauffassung hierzu (vgl. die Zusammenstellung der divergierenden Entscheidungen im Beschluß des 9. Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 06.12.1994 – 9 AZN 337/94 – EzA § 72 a ArbGG 1979 Nr. 69).

Zuletzt hat das sächsische Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 22.01.1997 (LAGE § 288 BGB Nr. 4) eingehend begründet, daß Verzugs- und Prozeßzinsen auf den sich aus der Bruttoforderung ergebenden Nettobetrag zu entrichten sind. Die erkennende Kammer schließt sich dieser – den Parteien bekannten – Entscheidung an und nimmt auf die Begründung zur Vermeidung von Wiederholungen in vollem Umfang Bezug. Hinsichtlich der Sozialversicherungsbeiträge und der abzuführenden Lohnsteuer besteht eine nur eingeschränkt wirksame Hauptforderung, die weder einen Verzug noch eine Zinspflicht nach § 291 BGB auslösen kann. Die vom sächsischen Landesarbeitsgericht zugelassene Revision ist unter dem Aktenzeichen 9 AZR 244/97 beim Bundesarbeitsgericht anhängig.

III. Die Kostenentscheidung fo...

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