Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung. Vertretungskette. Prozessarbeitsverhältnis
Leitsatz (amtlich)
Ein vorübergehend mit höherwertiger Arbeit beschäftigter Mitarbeiter kann auf seiner bisherigen Ebene durch einen befristet eingestellten Mitarbeiter vertreten werden. Es ist nicht erforderlich, dass der Vertreter den Arbeitsplatz des vorübergehend höherwertig eingesetzten Mitarbeiters einnimmt, solange diesem die andere Arbeit durch Direktionsrecht zugeordnet werden könnte. Die gedankliche Zuordnung erfolgt durch Angabe der Person des höherwertig eingesetzten Mitarbeiters.
Der Abschluss eines befristeten Prozessarbeitsverhältnisses zur Vermeidung von Annahmeverzugslohn beruht auf einem den Befristungsgründen des §14 TzBfG gleichwertigen Sachgrund.
Normenkette
TzBfG § 14
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 24.11.2010; Aktenzeichen 18 Ca 5199/10) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 24.11.2010 – 18 Ca 5199/10 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines für die Zeit vom 01.01.2010 bis 30.06.2010 befristeten Arbeitsvertrages sowie im Berufungsverfahren darum, ob ein am 23.12.2010 geschlossener Prozessarbeitsvertrag eine wirksame Befristung enthält.
Der 29 Jahre alte ledige Kläger war bei der Beklagten aufgrund Arbeitsvertrages vom 18.11.2008 zunächst in der Zeit vom 19.11.2008 bis zum 31.01.2009 gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG befristet beschäftigt. Er war als Assistent im Regionalen IT-Service der Beklagten auf der Tätigkeitsebene VI eingesetzt. Dieses Arbeitsverhältnis wurde zweimal ebenfalls auf der Grundlage von § 14 Abs. 2 TzBfG befristet verlängert, zuletzt bis zum 31.12.2009.
Mit Vertrag vom 22.12.2009 schlossen die Parteien einen neuen befristeten Arbeitsvertrag vom 01.01.2010 bis zum 30.06.2010 ab, wobei sich die Tätigkeit des Klägers insoweit änderte, als er als Fachassistent der Tätigkeitsebene V beschäftigt wurde. Der Arbeitsplatz des Klägers lag in B und gehörte zur Abteilung I . Die Tätigkeiten des Klägers lagen im Wesentlichen in der Freischaltung von Benutzerzugängen.
Die Parteien fertigten unter dem 22.12.2009 einen Vermerk zum befristeten Arbeitsvertrag, in dem festgehalten wurde, dass Befristungsgrund die Vertretung des anderweitig beauftragten Stelleninhabers Herrn B S gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG sei. Wie unstreitig geblieben ist, war Herr S aufgrund gleichartigem aber unbefristeten Arbeitsvertrags mit Tätigkeiten der Tätigkeitsebene V eingesetzt. In der Zeit vom 08.09.2009 bis zum 07.09.2010 erhielt Herr S vorübergehend eine höherwertige Tätigkeit zugewiesen.
Hierzu hat die Beklagte folgende unstreitige Vertretungskette dargelegt: Durch Ausscheiden eines Stelleninhabers wurde der Mitarbeiter B in der Zeit vom 03.08.2009 bis zum 03.08.2010 zur Erprobung von der Tätigkeitsebene III auf die Tätigkeitsebene II als IT-Ingenieuer mit Leitungsfunktionen befördert. Diese Beförderung war ausdrücklich mit einer Probezeit versehen. Mit Wirkung vom 08.09.2009 wurde der Mitarbeiter P ebenfalls befristet mit den bisherigen Aufgaben des Mitarbeiters B beauftragt und zu diesem Zwecke ebenfalls widerruflich von Vergütungsebene IV auf Vergütungsebene III höhergruppiert. Der im Befristungsvermerk des Klägers genannte Mitarbeiter S erhielt dementsprechend die befristete höherwertige Tätigkeit des Mitarbeiters P . Bei dieser Tätigkeit war er im Bereich Infrastruktur K am Arbeitsort K tätig.
Die Stelle, die der Mitarbeiter B vor seiner probeweisen Beförderung innegehabt hatte, wurde vorzeitig mit dem Mitarbeiter K nachbesetzt. Aufgrund der Stellennachbesetzung wurde die befristete höherwertige Tätigkeit des Mitarbeiters P zum 30.04.2010 beendet, diejenige des Mitarbeiters S bereits zum 30.06.2010 beendet. Seit diesem Zeitpunkt ist der Mitarbeiter S wieder wie zuvor im Vorort Support A tätig.
Nachdem die Beklagte zunächst behauptet hatte, der Kläger sei mit den Tätigkeiten des Mitarbeiters S , die dieser vor seinem befristeten höherwertigen Einsatz verrichtet hatte, beschäftigt worden, hat die Beklagte dies erstinstanzlich bereits dahin korrigiert, dass der Kläger lediglich auf der Ebene, innerhalb der der Mitarbeiter S entsprechend seinem Stammarbeitsplatz hätte gleichwertig versetzt werden können, eingesetzt wurde und dass der Befristungsvermerk der gedanklichen Zuordnung diene. Dem Mitarbeiter S hätten per Direktionsrecht die Tätigkeiten, die dem Kläger mit befristetem Vertrag vom 22.12.2009 übertragen wurden, ebenfalls übertragen werden können. Nachdem der Kläger gerügt hatte, eine Versetzung des Mitarbeiters S nach B , von wo aus der Kläger tätig war, überschreite das Direktionsrecht, hat die Beklagte in der Kammerverhandlung vor dem Landesarbeitsgericht dargestellt, dass zu dem Bereich I , in dem der Kläger tätig war, Arbeitsplät...