Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiederholung der Beweisaufnahme im Falle von Fehlern bei der Durchführung der Beweiswürdigung. Zugang einer Kündigung
Leitsatz (amtlich)
Die Wiederholung einer Beweisaufnahme durch das Berufungsgericht kommt nur dann in Betracht, wenn das Berufungsgericht zur Überzeugung gelangt, dass ein Fehler bei der Durchführung der Beweisaufnahme oder bei der Beweiswürdigung selbst erkennbar ist.
Normenkette
KSchG §§ 1, 4, 7; ZPO § 529; KSchG § 4 S. 1; ZPO § 259
Verfahrensgang
ArbG Köln (Aktenzeichen 4 Ca 4230/22) |
Tenor
1. Das - die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10.01.2023 - 4 Ca 4230/22 - zurückweisende - Versäumnisurteil vom 07.09.2023 bleibt aufrechterhalten.
2. Der Kläger hat auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung und dabei schon über die Frage, ob dem Kläger die Kündigung überhaupt zugegangen ist.
Der Kläger war bei der Beklagten, einem Zeitarbeitsunternehmen, seit dem 17.01.2022 als Verpacker beschäftigt. Vereinbarungsgemäß erhielt er einen Bruttostundenlohn in Höhe von 15,00 EUR.
Die Beklagte erstellte ein Schreiben mit dem Datum 07.03.2022, mit dem sie die Kündigung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses erklärte. Ob und wann dieses Schreiben dem Kläger zugegangen ist, ist zwischen den Parteien streitig und war vor dem Arbeitsgericht Gegenstand einer Beweisaufnahme.
Mit der seit dem 20.04.2022 beim Arbeitsgericht Köln anhängigen Klage hat sich der Kläger gegen die Behauptung der Beklagten gewandt, das Arbeitsverhältnis habe aufgrund des besagten Kündigungsschreibens sein Ende gefunden.
Zur Begründung der Klage hat der Kläger vorgetragen, er habe das Kündigungsschreiben vom 07.03.2022 erst am 30.03.2022 erhalten und auch dann nicht im Original, sondern lediglich als Kopie sowie als Ablichtung über den Kurznachrichtendienst WhatsApp. Schon weil damit die aus § 623 BGB folgende Schriftform nicht eingehalten worden sei, sei die Kündigung unwirksam und habe das Arbeitsverhältnis nicht beenden können.
Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht beantragt,
- festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung vom 07.03.2022, zugegangen am 30.03.2022, nicht zum 12.03.2022 aufgelöst wurde,
- festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 12.03.2022 hinaus fortbesteht,
- die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als Verpacker zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Verteidigung gegen die Klage hat die Beklagte vor dem Arbeitsgericht vorgetragen, das Kündigungsschreiben vom 07.03.2022 sei dem Kläger am 08.03.2022 durch die bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer G und B gegen 14:00 Uhr in den Briefkasten seines Wohnhauses in N. eingeworfen worden und es sei damit zugegangen. Die Zeugen hätten sich zuvor ordnungsgemäß vergewissert, dass es sich bei dem von ihnen eingeworfenen Schreiben um die Kündigung des Klägers gehandelt habe und dass diese Kündigungserklärung auch unterschrieben gewesen sei. Dem Kläger sei der Zugang des Kündigungsschreibens auch bekannt gewesen. Denn am 30.03.2022 sei die Lebensgefährtin des Klägers, die Zeugin Z, bei der Beklagten erschienen und habe Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für den Kläger einreichen wollen. Als man der Zeugin gesagt habe, dies sei nicht nötig, da eine Kündigung erfolgt sei, habe diese mitgeteilt, von der Kündigung zu wissen. Nach dem Gespräch habe man dann die Kündigung nochmal per Messenger an den Kläger zur Kenntnis gebracht.
Das Arbeitsgericht hat über den von der Beklagten behaupteten Zugang des Kündigungsschreibens am 08.03.2022 im Kammertermin vom 10.01.2023 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen G, B und Z. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
Sodann hat das Arbeitsgericht auf der Grundlage der Beweisaufnahme die Klage weitgehend abgewiesen. Lediglich die Tatsache, dass das Arbeitsverhältnis 3 Tage später sein Ende gefunden habe, sei zu berücksichtigen. Die Kündigung vom 07.03.2022 sei dem Grunde nach wirksam. Die Kläger habe die Kündigung nicht innerhalb der Dreiwochenfrist des § 4 Satz 1 KSchG angegriffen. Als Ergebnis der Beweisaufnahme stehe damit fest, dass die Kündigung dem Kläger am 07.03.2022 zugegangen sei.
Die Bekundungen der Zeugen G und B seien glaubhaft. Der Zeuge G habe im Wesentlichen ausgesagt, er sei am Tag der Ausfertigung der Kündigung - am 07.03.2022 - gemeinsam mit seinem Arbeitskollegen B und dem Geschäftsführer der Beklagten zum Wohnhaus des Klägers in L gefahren. Man sei ohnehin auf dem Weg zu einem Kunden gewesen und daher habe es sich angeboten, unterwegs die vorbereitete Kündigung beim Kläger in den Briefkasten zu werfen. Ziel des Ganzen sei es auch gewese...