Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebliche Altersversorgung. Eingriff in eine Dynamisierung. Störung der Geschäftsgrundlage

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Störung der Geschäftsgrundlage, die zu einem Eingriff in die Dynamisierung des Ruhegehalts aus dem Gesichtspunkt der Äquivalenzstörung berechtigt, liegt nicht bereits bei einer Steigerung um 30 vom Hundert des Gesamtaufwandes vor.

 

Normenkette

BetrAVG § 1; BGB § 313

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 26.08.2005; Aktenzeichen 5 Ca 2385/05)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.02.2008; Aktenzeichen 3 AZR 547/06)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 26.08.2005 – 5 Ca 2385/05 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Höhe der an den Kläger zu zahlenden betrieblichen Altersversorgung.

Der am 22.09.1935 geborene Kläger war vom 08.02.1965 bis 31.12.1996 beim T R -B -B -P, Rechtsvorgänger der Beklagten, beschäftigt. Seit 01.01.1998 erhält er eine Altersrente, seit dem selben Zeitpunkt bezieht er Ruhegehalt von der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger.

Das betriebliche Ruhegeld wird gezahlt auf der Grundlage der Betriebsvereinbarung vom 25.06.1976, geändert durch Betriebsvereinbarungen vom 04.06.1993 und vom 17.11.1995. Diese beinhalten eine sogenannte Gesamtversorgung. Der Ruhegeldanspruch beträgt nach zehnjähriger anrechnungsfähiger Dienstzeit 35 % und steigt mit jedem Dienstjahr bis zum vollendeten 25. Lebensjahr um je 2 %, danach um je 1 % bis zum Höchstsatz von 75 % der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge. Auf den derartig berechneten Versorgungsprozentsatz wird die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet. Wegen des Inhaltes der Betriebsvereinbarung im Einzelnen wird auf deren bei den Akten befindliche Kopie Bezug genommen.

Der von der Beklagen bzw. ihrem Rechtsvorgänger festgesetzte Betrag an betrieblichem Ruhegeld wurde jeweils dynamisiert, und zwar zeitgleich nach Maßgabe des Anstieges der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge nach der Besoldungsordnung für die Beamten des Landes Nordrhein-Westfalen. Hieraus wurde unter Zugrundelegung der individuellen Versorgungsdaten jährlich neu der Betrag der Gesamtversorgung berechnet. Auf den so berechneten Gesamtversorgungsbetrag wurde der anrechnungsfähige Teil der aktuellen, um die jährliche Anpassung erhöhten individuellen Sozialversicherungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung – zeitgleich mit deren Anpassungstermin – angerechnet.

Mit Schreiben vom 27.02.2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie werde hinsichtlich der Dynamisierung eine Änderung vornehmen, und zwar dergestalt, dass die Betriebsrente um den jeweils eingetretenen Erhöhungsprozentsatz der Tabellen der LBO für Beamte des Landes Nordrhein-Westfalen erhöht werde, eine Berücksichtigung der Veränderungen der Sozialversicherungsrente im Rahmen der Gesamtversorgung jedoch nicht mehr erfolge. Bei dem Kläger führte diese Abkoppelung von der Entwicklung der Sozialversicherungsrente dazu, dass er ab 01.04.2004, verglichen mit der bisherigen Anpassungsautomatik, eine geringere Rente bezieht, wobei sich die Differenz ab 01.04.2004 auf 15,33 EUR beläuft und ab 01.08.2004 auf 30,79 EUR. Der Kläger hält diese von der Beklagten vorgenommene Änderung für unzulässig und macht die Differenzbeträge im vorliegenden Rechtsstreit geltend.

Der Kläger hat beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 307,64 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (16.03.2005) zu zahlen.
  2. Festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Versorgungszusage des Klägers auch weiterhin entsprechend der Betriebsvereinbarung „Altersversorgung” Stand 6.76 / 6.93 des T R e. V. zu zahlen.
  3. Die Beklagte zu verurteilen, an ihn für die Monate April 2005 bis August 2005 weitere 153,95 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (15.07.2005) zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen: Die von ihr vorgenommene Modifizierung bei der Dynamisierung der Betriebsrente sei wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage gerechtfertigt. Die Geschäftsgrundlage sei unter zwei Gesichtspunkten weggefallen, nämlich zum einen wegen einer Äquivalenzstörung (Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung) und zum anderen wegen Zweckverfehlung. Da sich die Sozialversicherungsrenten infolge rentenrechtlicher Änderungen wesentlich langsamer erhöhten als die Bruttobesoldung, steige die Betriebsrente schneller an, als dies bei Erteilung der Versorgungszusage habe erwartet werden können. Dieser Trend werde durch das RV Nachhaltigkeitsgesetz noch wesentlich verstärkt. Die Belastung erhöhe sich dadurch für sie in einer Weise, die nicht mehr zumutbar sei. Die Mehrbelastung belaufe sich auf 46 %. Die Beklagte verweist dazu auf ein Gutachten der Unternehmensberatung D. D. H vom 15.12.2004.

Geschäftsgrundlage sei auch gewesen, dass sich Aktiven-Einkommen, Gesam...

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