Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit einer Altersabstandsklausel in einer betrieblichen Versorgungsordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Rechtmäßigkeit einer abgestuften Altersabstandsklausel in einer Versorgungsordnung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Altersabstandsklausel zwischen den Eheleuten von mehr als 15 Jahren, die Grundlage der Kürzung der Hinterbliebenenversorgung ist, stellt eine unmittelbare Benachteiligung des Versorgungsberechtigten wegen des Alters dar.

2. Diese mit der Altersabstandsklausel bewirkte Ungleichbehandlung ist nach den allgemeinen Rechtfertigungskriterien des § 10 Satz 1,2 AGG zulässig.

 

Normenkette

AGG §§ 3, 7, 10

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 20.07.2016; Aktenzeichen 7 Ca 6880/15)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 16.10.2018; Aktenzeichen 3 AZR 520/17)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitgerichts Köln vom 20.07.2016 - 7 Ca 6880/15 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe einer Witwenrente.

Die am geborene Klägerin ist die Witwe des Herrn P , der am geboren wurde. Nachdem am ihr gemeinsamer Sohn geboren wurde, heirateten sie am .

Herr P war bis zum 30.09.1996 Angestellter des beklagten Automobilunternehmens, zuletzt in der Funktion des Leiters der Motorsportsparte. Das Arbeitsverhältnis endete einvernehmlich durch Aufhebungsvertrag vom 16.02.1996 (Bl. 76 f. d.A.).

Das Arbeitsverhältnis war von einem Pensionsversprechen nach der Pensionsordnung der F Köln vom 01.03.1972 (PO) begleitet. Herr P bezog von der Beklagten ab dem 01.10.1998 bis zu seinem Tod eine monatliche Pension von 3.662.25 € brutto.

Zur Witwenpension regelt die PO folgendes:

"(...)

10. Witwenpension

Beim Tode eines männlichen im Dienst befindlichen Angestellten erhält seine ihn überlebende Ehefrau (Witwe) eine Rente, die 55 % der Monatsrente beträgt, die der Ehemann bezogen hätte, wenn er zum Zeitpunkt seines Todes arbeitsunfähig geworden wäre.

Bei einem im vorzeitigen Ruhestand verstorbenen Angestellten - der noch keine Rente bezogen hat - beträgt die Witwenrente 55 % der gemäß Ziff. 8 a), b) und c) ermittelten Rente.

Bei einem Rentenempfänger errechnet sich der Prozentsatz von der tatsächlich bezogenen Rente.

Ist die Witwe über 15 Jahre jünger als ihr verstorbener Ehemann, so vermindert sich die Pension für jedes Jahr, um welches der Altersunterschied 15 Jahre übersteigt, um 5 % des an sich für sie vorgesehenen Betrages.

Die Witwe enthält keine Pension,

a) wenn die Ehe vor dem Tode des Verstorbenen gelöst wurde, oder

b) wenn die Ehe nach Vollendung des 60. Lebensjahres des Verstorbenen geschlossen wurde und nicht wenigstens 5 Jahre bestanden hat, oder

c) wenn die Ehe von dem Angestellten erst nach seiner vorzeitigen Pensionierung gem. Ziff. 5 dieser Pensionsordnung geschlossen worden ist,

oder

d) wenn die Witwe den Tod des Verstorbenen rechtswidrig und vorsätzlich herbeigeführt hat.

Die Witwenpension endet mit dem letzten Tag des Monats, in dem die Witwe wieder heiratet oder stirbt.

(...)"

Wegen der weiteren Einzelheiten der PO wird auf Bl. 4 ff. d.A. verwiesen.

Die Klägerin erhält nach dem Tode ihres Ehemanns am 02.12.2013 seit dem Januar 2014 eine monatliche Witwenpension von 604,27 € brutto. Der Berechnung der Witwenrente liegt der Prozentsatz von 55 % der Pension des Ehemanns in Höhe von 3.662,25 €, mithin 2.014,24 €, sowie ein Abzug von 70 % aufgrund des Altersunterschieds der Eheleute von 29 Jahren nach Ziffer 10. Abs. 4 der PO zugrunde. Gegen die Minderung der Witwenpension aufgrund des Altersunterschieds von mehr als 15 Jahren richtet sich die vorliegende Klage, welche der Beklagten am 28.04.2016 zugestellt wurde.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 20.07.2016 (Bl. 126 ff. d.A.) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Kürzung der Witwenrente aufgrund des Altersunterschieds beinhalte zwar eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters, die jedoch objektiv und angemessen sowie durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sei. Die Altersdifferenzklausel diene nicht nur dem wirtschaftlichen Eigeninteresse des Arbeitgebers, sondern auch dem Interesse künftiger Beschäftigter an dem Erhalt einer angemessenen Witwenversorgung. Die prozentuale Staffelung nach Jahren des Altersunterschieds sei auch der Höhe nach angemessen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens und der Antragstellung der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand, wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Gegen das ihr am 22.08.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 15.09.2016 Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 07.11.2016 begründet.

Die Klägerin bestreitet, dass die PO das Ziel verfolge, allen Beschäftigten bei Eintritt in den Ruhestand eine Altersversorgung in angemessener Höhe zu gewährleisten. Anhaltspunkte für eine Reduzierung von Versorgungszusagen künftiger Mita...

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