Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit einer Altersabstandsklausel hinsichtlich der Hinterbliebenenversorgung in der betrieblichen Altersversorgung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Unwirksamkeit einer sog. Altersabstandsklausel einer betrieblichen Versorgungsordnung

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Altersabstandsklausel in einer betrieblichen Versorgungsordnung, wonach eine Hinterbliebenenversorgung nur gewährt wird, wenn der Ehegatte nicht mehr als 15 Jahre jünger ist als der Berechtigte, stellt eine mittelbare Ungleichbehandlung wegen des Alters dar, die nicht nach § 10 AGG sachlich gerechtfertigt ist.

 

Normenkette

AGG §§ 3, 7, 10

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 02.12.2015; Aktenzeichen 2 Ca 9521/14)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 20.02.2018; Aktenzeichen 3 AZR 43/17)

 

Tenor

Unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 02.12.2015 - 2 Ca 9521/14 - wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 13.654,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 239,55 € ab dem

31.12.2011, 31.01.2012, 29.02.2012, 31.03.2012, 30.04.2012, 31.05.2012, 30.06.2012, 31.07.2012, 31.08.2012, 30.09.2012, 31.10.2012, 30.11.2012, 31.12.2012, 31.01.2013, 28.02.2013, 31.03.2013, 30.04.2013, 31.05.2013, 30.06.2013, 31.07.2013, 31.08.2013, 30.09.2013, 31.10.2013, 30.11.2013, 31.12.2013, 31.01.2014, 28.02.2014, 31.03.2014, 30.04.2014, 31.05.2014, 31.05.2014, 30.06.2014, 31.07.2014, 31.08.2014, 30.09.2014, 31.10.2014, 30.11.2014, 31.12.2014, 31.01.2015, 28.02.2015, 31.03.2015, 30.04.2015, 31.05.2015, 30.06.2015, 31.07.2015, 31.08.2015, 30.09.2015, 31.10.2015, 30.11.2015, 31.12.2015, 31.01.2016, 29.02.2016, 31.03.2016, 30.40.2016, 31.05.2016, 30.06.2016, 31.07.2016 und 31.08.2016 zu zahlen.

Ferner wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, in seiner Eigenschaft als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung beginnend mit dem September 2016 am letzten des jeweiligen Monats an die Klägerin eine Hinterbliebenenrente in Höhe von 239,55 € zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Die Revision wird für den Beklagten zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer sog. Altersabstandsklausel in einer betrieblichen Versorgungsordnung.

Die am . .1 geborene Klägerin ist die Witwe des am . .1 geborenen und am . .2 verstorbenen Herrn S . Die Ehe wurde am . .1 geschlossen. Der Beklagte ist der Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung.

Der verstorbene Ehemann war in der Zeit vom 01.10.1987 bis zum 30.06.2011 beim Berufsförderungszentrum J & Co. KG angestellt. Die Arbeitgeberin firmierte mehrfach um, zuletzt trug sie den Firmennamen P GmbH.

Im Rahmen des Anstellungsverhältnisses erteilte die Arbeitgeberin Herrn S eine Versorgungszusage nach Maßgabe der Versorgungsordnung vom 01.12.1990 (VO 1990).

Die VO 1990 enthält u.a. folgende Regelung:

"(...)

§ 11 Ehegattenrente

1) Beim Tode eines Berechtigten mit Anspruch oder Anwartschaft auf Rente hat sein ihn überlebender Ehegatte Anspruch auf eine Ehegattenrente.

2) Ein Anspruch auf Ehegattenrente setzt voraus, dass

a) die Ehe vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Berechtigten und

b) vor Austritt aus dem Betrieb geschlossen wurde und

c) bis zum Zeitpunkt des Todes des Berechtigten bestanden hat und

d) der Ehegatte nicht um mehr als 15 Jahre jünger ist als der Berechtigte.

(...)

§ 12 Höhe der Alters- und Invalidenrente

Als Altersrente, vorgezogene Altersrente oder Invalidenrente erhält der Berechtigte monatlich für jedes anrechenbare Dienstjahr 0,5 % des ruhegeldfähigen Einkommens, höchstens jedoch 15 % des ruhegeldfähigen Einkommens nach 30 anrechnungsfähigen Dienstjahren.

(...)

§ 13 Höhe der Ehegattenrente

Die Ehegattenrente beträgt 60 % der Rente, die der verstorbene Berechtigte vom Betrieb bezogen hat oder bezogen hätte, wenn er zum Zeitpunkt seines Ablebens invalide geworden wäre.

(....)"

Wegen der weiteren Einzelheiten der VO 1990 wird auf Bl. 29 ff. d. A. Bezug genommen.

Die Höhe der unverfallbaren Anwartschaft des Herrn S bei Eintritt des Versorgungsfalles zum Endalter beträgt unstreitig 465,79 €. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Anwartschaftsausweis vom 22.09.2011 (Bl. 27 ff. d .A.) verwiesen.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Mühldorf am Inn vom 01.11.2010 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Arbeitgeberin eröffnet (Bl. 153 d. A.).

Die Altersrente des Verstorbenen beträgt bezogen auf den Todesfall am . .2 nach Darlegung des Beklagten 399,25 €.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Altersabstandsklausel gemäß § 11 Abs. 2 d) der VO 1990 verstoße gegen das AGG und gegen die Richtlinie 2000/78/EG, sie könne daher 60 % des Rentenbetrages ihres Ehemanns als Betriebsrentenzahlung verlangen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 02.12.2015 (Bl. 68 ff. d. A.) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Altersabstandklausel stelle keine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters dar. Eine etwaige mittelbare Benachteiligung sei du...

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