Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsrechtsweg für außerordentliche Kündigung eines privatrechtlichen Beschulungsvertrages zur Ausbildung als Kranken- und Altenpflegehelferin

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Beschäftigung zur Berufsausbildung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG liegt vor, wenn der Auszubildende auf Grund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Arbeit verpflichtet ist. Dies gilt auch für eine Ausbildung außerhalb der betrieblichen Berufsbildung.

Für Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen eines Ausbildungsverhältnisses zwischen einer Auszubildenden und einer privaten Berufsschule mit entsprechender staatlicher Anerkennung ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssache jedenfalls dann eröffnet, wenn die Organisation und Zuweisung der praktischen Ausbildung auf der Grundlage eines privatrechtlichen Vertrages gegenüber der Auszubildenden im Verpflichtungsbereich der privaten Berufsschule liegt, selbst wenn die praktische Ausbildung bei externen Einrichtungen vollzogen wird.

 

Normenkette

ArbGG § 5 Abs. 1 S. 1, § 2 Abs. 1 Nrn. 3, 3 Buchst. b

 

Verfahrensgang

ArbG Stralsund (Entscheidung vom 19.12.2013; Aktenzeichen 1 Ca 393/13)

 

Tenor

wird die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stralsund vom 19.12.2013 zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Parteien streiten im Rahmen eines Rechtsstreits über eine fristlose Kündigung vorab über die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Gerichten für Arbeitssachen.

Die Klägerin vollzieht auf der Grundlage des zwischen den Parteien am 03.05.2012 geschlossenen "Beschulungsvertrages" bei dem Beklagten eine Ausbildung zur Kranken- und Altenpflegehelferin. Der Beklagte betreibt als Träger der eine staatlich anerkannte höhere Berufsfachschule (Ersatzschule) für Altenpflege.

Der Beschulungsvertrag lautet - soweit hier von Bedeutung - wie folgt:

"Zwischen dem ... - Schule -

und

.. - Schüler/in - .

wird nachstehender Vertrag zur Ausbildung zum/r Kranken- und Altenpfleger/in abgeschlossen.

§ 1 Zweck und Gegenstand der Ausbildung

1. Grundlage der Ausbildung ist die "Verordnung über den Beruf des/r Kranken- und Altenpflegehelfer/in (Kranken- und Altenpflegerhelferverordnung - KrAlpflVO M-V) vom 16.08.2004" (GVOBL.M-V S. 747). Gemäß § 1 Ziffer 1 dieser Verordnung umfasst die eineinhalbjährige Ausbildung theoretischen und praktischen Unterricht von mindestens 800 Stunden sowie eine praktische Ausbildung von mindestens 1.400 Stunden. Die Ausbildung erfolgt im Wechsel von Abschnitten des Unterrichts und der praktischen Ausbildung.

§ 2 Dauer der Ausbildung

1. Das Ausbildungsverhältnis beginnt am 01.08.2012 (Schuljahresbeginn) und dauert 18 Monate. Unterrichtsbeginn ist der 01.09.2012.

2. Die Ausbildung umfasst neben der praktischen Ausbildung, die in Einrichtungen gemäß § 4 Abs. 2 des KrAlpflVO M-V zu absolvieren ist, mindestens die in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung vorgesehene Zahl der Unterrichtsstunden sowie die fachliche Betreuung durch die Schule während des praktischen Ausbildungsabschnittes.

...

§ 4 Allgemeine Vertragsbedingungen

Ergänzend zu diesem Beschulungsvertrag gelten die Allgemeinen Vertragsbedingungen der Schule die dem/der Schüler/in bei Vertragsschluss übergeben werden.

..."

Die Allgemeinen Vertragsbedingungen (Anlage zum Beschulungsvertrag) lauten - soweit hier von Bedeutung - wie folgt:

"...

§ 2 Pflichten der Schule

Die Schule verpflichtet sich,

...

4. die Ausbildung in einer Einrichtung durchzuführen, die nach Art und Ausstattung dazu geeignet ist.

...

8. dem Schüler geeignete Einrichtungen für die Ableistung der praktischen Ausbildung nachzuweisen und zu gewährleisten, dass der Schüler alle in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung verzeichneten Bereiche der praktischen Ausbildung durchläuft.

§ 3 Pflichten des Schülers

Der Schüler verpflichtet sich,

...

3. aktiv im Rahmen der Ausbildung mit anderen Personen, insbesondere den Lehrpersonen, zusammenzuarbeiten und den notwendigen Anleitungen zu folgen.

4. Werkzeuge, Geräte und die sonstige Ausstattung sorgsam zu behandeln, die Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften sowie die Schul- und Hausordnung zu beachten.

...

7. über die Geheimhaltung unterliegende Vorgänge des Praktikumsbetriebes absolutes Stillschweigen zu bewahren.

...

§ 6 Praktische Ausbildung

Gegebenenfalls ist eine praktische Ausbildung vorgesehen. Diese ist dann Teil der Gesamtausbildung, für den die Schule die Verantwortung übernimmt. Die Vermittlung eines geeigneten Praktikumsplatzes obliegt grundsätzlich der Schule. Der Schüler ist verpflichtet, sich um den nachgewiesenen Praktikumsplatz zu bemühen. Anderenfalls erlischt die Vermittlungspflicht der Schule.

...

§ 8 Wöchentliche Unterrichtszeit/Ferien

1. Die wöchentliche Unterrichtszeit beträgt in der Regel 35 Stunden/Woche. Aus unterrichtsorganisatorischen Gründen kann die Unterrichtungszeit bis zu 5 Stunden herauf- oder herabgestuft werden. Die Ausbildun...

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