Entscheidungsstichwort (Thema)
Getrennte Gebührenabrechnung des beigeordneten Rechtsanwalts bei mehreren Rechtsstreitigkeiten gegen dieselbe Arbeitgeberin
Leitsatz (amtlich)
Bewilligt das Gericht einem Arbeitnehmer Prozesskostenhilfe für mehrere Rechtsstreitigkeiten gegen seinen Arbeitgeber, hat der beigeordnete Rechtsanwalt das Recht, sein Honorar für jeden Rechtsstreit nach Maßgabe des dort festgesetzten Streitwerts gesondert zu fordern. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat wegen § 48 RVG keine Rechtsmacht, im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG den Einwand der nicht notwendigen Kostenerhebung geltend zu machen und damit das Honorar des Rechtsanwalts auf die Kosten zu kürzen, die bei gemeinsamer Rechtsverfolgung in einem Rechtsstreit entstanden wären (zutreffend Ahrendt, jurisPR-ArbR 22/2011 Anmerkung 6; Hessisches LAG 15. Oktober 2012 - 13 Ta 3003/12 sowie 2. November 2011 - 13 Ta 369/11).
Normenkette
RVG §§ 48, 55; ZPO §§ 114, 114 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Beschwerden 2 Ta 21/15 und 2 Ta 22/15 werden zum Zwecke der gemeinsamen Entscheidung verbunden. Es führt das Verfahren 2 Ta 21/15.
2. Auf die Erinnerung und auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird der Beschluss Arbeitsgerichts Schwerin vom 5. Februar 2014 und der Beschluss des Arbeitsgerichts Schwerin vom 13. Mai 2015 (beide 55 Ca 2136/13 und 55 Ca 2366/13) aufgehoben, soweit das Arbeitsgericht den Vergütungsanträgen der Beschwerdeführerin nicht gefolgt ist.
3. Die von der Staatskasse zu tragende Vergütung der beschwerdeführenden Rechtsanwältin wird für beide Rechtstreitigkeiten um insgesamt 952,60 Euro (Umsatzsteuer bereits eingeschlossen) erhöht.
Gründe
I.
Mit der vorliegenden Kostenbeschwerde verlangt die Prozessbevollmächtigte der Klägerin der beiden Ausgangsverfahren, der für beide Rechtsstreitigkeiten uneingeschränkt Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, eine bessere Vergütung ihrer anwaltlichen Tätigkeit. Streitpunkt ist die Frage, ob die Prozessbevollmächtigte beide erhobenen Klagen getrennt abrechnen kann oder ob sie sich kostenrechtlich so behandeln lassen muss, als ob sie für alle Streitgegenstände nur eine Klage erhoben hätte.
Die Klägerin war seit Dezember 2012 auf Basis eines schriftlichen Arbeitsvertrages als kaufmännische Angestellte bei einer Spedition bzw. einem Fuhrbetrieb in A-Stadt beschäftigt. Im Rahmen einer Insolvenz ist das Arbeitsverhältnis zum September 2013 nach § 613a BGB auf die Beklagte, die in derselben Branche tätig ist, übergegangen. Die Klägerin hat 1.900 Euro brutto monatlich verdient. Sie hat im Rechtsstreit einen Zusatzvertrag mit dem Altarbeitgeber vorgelegt, nach dem sie ab Oktober 2013 eine Lohnerhöhung auf 2.500 Euro brutto erhalten sollte. Darüber ist Streit zwischen den Parteien entstanden, so dass sich die Klägerin veranlasst gesehen hatte, am 28. November 2013 zu Protokoll der Rechtsantragsstelle Zahlungsklage bezüglich der 600 Euro brutto Differenz aus Oktober 2013 zu erheben. Diese Klage war mit einem Feststellungsantrag zur Zahlungsverpflichtung in Höhe von 2.500 Euro brutto monatlich verbunden. Außerdem hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass ihr abweichend vom Text des Arbeitsvertrages jährlich 30 Urlaubstage zustehen, wobei sie sich auch insoweit auf eine einvernehmliche schriftliche Abänderung des Vertrages zwischen ihr und dem Vorarbeitgeber beruft (Arbeitsgericht Schwerin Aktenzeichen 55 Ca 2136/13).
Das Arbeitsgericht hat Gütetermin auf den 10. Januar 2014 angesetzt, Ladung und Klageprotokoll wurden der Beklagten am 3. Dezember 2013 zugestellt. Für die Beklagte hat sich am 11. Dezember 2013 ein Rechtsanwalt bestellt.
Am 13. Dezember 2013 hat die Beklagte sodann das Arbeitsverhältnis zur Klägerin ordentlich gekündigt. Diese Kündigung hat die Klägerin, nunmehr vertreten durch die beschwerdeführende Rechtsanwältin, mit Klage vom 23. Dezember 2013 angegriffen (Arbeitsgericht Schwerin Aktenzeichen 55 Ca 2366/13). Am selben Tage hat sich die Beschwerdeführerin auch zur Akte des Zahlungsrechtsstreits der Klägerin (55 Ca 2136/13) als Prozessbevollmächtigte gemeldet.
Das Arbeitsgericht hat auch den Kündigungsrechtsstreit der Parteien auf den 10. Januar 2014 zur Güteverhandlung terminiert und zwar um dieselbe Uhrzeit wie die Zahlungsklage. Im Rahmen des Verfahrens 55 Ca 2136/13 (Zahlungsklage) haben sich die Parteien sodann mit Erledigung beider Rechtsstreitigkeiten vergleichsweise geeinigt. Im Rahmen der Güteverhandlung wurde der Klägerin sodann noch Prozesskostenhilfe für ihre beiden Rechtsstreitigkeiten bewilligt. Die Prozesskostenhilfebeschlüsse sind uneingeschränkt ergangen.
Der Streitwert ist vom Kammervorsitzenden für den Kündigungsrechtsstreit (einschließlich Weiterbeschäftigungsantrag) mit 7.600 Euro bemessen worden und für die Zahlungsklage mit 5.000 Euro.
Im Verfahren 55 Ca 2136/13 (Zahlungsklage) hat die Beschwerdeführerin sodann mit Schreiben vom 17. Januar 2014 beantragt, ihre Vergütung als beigeordnete Rechtsanwältin auf 919,50 Euro n...