Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifunfähigkeit der CGZP. Equal-Pay-Ansprüche. vergangenheitsbezogene Zahlungsansprüche. Verfahrensaussetzung

 

Leitsatz (amtlich)

Da das BAG mit Beschluss vom 14.12.2010 – 1 ABR 19/10 – die Tarifunfähigkeit der Tarifgemeinschaft Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) nur gegenwartsbezogen festgestellt hat, sind vergangenheitsbezogene Zahlungsklagen, mit denen sogenannte Equal-Pay-Ansprüche geltend gemacht werden, gemäß § 97 Abs. 5 Satz 1 ArbGG bis zur Erledigung eines entsprechernden Beschlussverfahrens auszusetzen.

 

Normenkette

ArbGG § 97 Abs. 5 S. 1, § 2a Abs. 1 Nr. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Schwerin (Beschluss vom 16.05.2011)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 24.07.2012; Aktenzeichen 1 AZB 47/11)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 24.05.2011 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Schwerin vom 16.05.2011 abgeändert:

Der Rechtsstreit wird bis zur Erledigung eines Beschlussverfahrens zur Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) zum Zeitpunkt des Abschlusses der zwischen dem 01.07.2007 und 31.05.2008 einschlägigen Tarifverträge ausgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

A.

Die Parteien streiten über Differenzlohnansprüche nach dem Equal-Pay-Grundsatz, insbesondere über die Wirksamkeit der von der Tarifgemeinschaft Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) mit dem Arbeitgeberverband Mittelständische Personaldienstleister (AMP) abgeschlossenen Tarifverträge.

Der am … 1970 geborene Kläger war vom 01.07.2007 bis zum 31.05.2008 bei der Beklagten als Leiharbeitnehmer mit den Aufgaben eines Lagerarbeiters beschäftigt. Die Parteien nahmen im Arbeitsvertrag Bezug auf die für den Arbeitgeber fachlich einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung, d. h. die zwischen CGZP und AMP abgeschlossenen Tarifverträge. Der Kläger erhielt einen Stundenlohn von 6,70 Euro brutto.

Die Kläger ist der Ansicht, dass die Tarifverträge der CGZP unwirksam seien, da diese Organisation nicht tariffähig sei, wie sich aus dem Beschluss des BAG vom 14.12.2010 – 1 ABR 19/10 – (NZA 2011, 289) ergebe. Deshalb habe er einen Anspruch auf das Arbeitsentgelt der vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers und auf Auszahlung der Vergütungsdifferenzen.

Die Beklagte hingegen bestreitet, dass die CGZP bei Abschluss der im vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Tarifverträge nicht tariffähig gewesen sei. Diese Tarifverträge seien wirksam. Der Beschluss des BAG vom 14.12.2010 gelte nur gegenwartsbezogen, nicht aber für die Vergangenheit, also für den Zeitraum vor dem 14.12.2010. Ob die CGZP bei Abschluss der hier einschlägigen Tarifverträge nicht tariffähig gewesen sei, stehe gerade nicht fest. Diese Frage sei vielmehr Gegenstand des Beschlussverfahren vor dem ArbG Berlin – 29 BV 13947/10 –, dessen Ausgang abzuwarten sei. Deshalb müsse das Gericht den Rechtsstreit zunächst nach § 97 Abs. 5 ArbGG auszusetzen.

Das Arbeitsgericht Schwerin hat eine Aussetzung des Rechtsstreits mit Beschluss vom 16.05.2011, zugestellt am 18.05.2011, abgelehnt, da die Beklagte keinen Anhaltspunkt vorgetragen habe, der eine abweichende Beurteilung der Tariffähigkeit in der Vergangenheit möglich erscheinen lasse. Eine Aussetzung führe lediglich zu einer unnötigen Verfahrensverzögerung und sei mit dem Sinn des § 97 ArbGG nicht zu vereinbaren.

Hiergegen hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 24.05.2011, eingegangen am 26.05.2011, sofortige Beschwerde eingelegt, um eine Aussetzung des Rechtsstreits zu erreichen. Ob die CGZP auch zuvor nicht tariffähig gewesen sei, könne nur in einem entsprechenden Beschlussverfahren, das im Übrigen bereits anhängig sei, festgestellt werden. Andernfalls bestehe die Gefahr divergierender Entscheidungen. Das Arbeitsgericht Schwerin nehme die Entscheidung des Beschlussverfahrens vorweg, wenn es von einer Aussetzung absehe. Es könne nicht darauf ankommen, ob das Arbeitsgericht meine, die Frage der Tariffähigkeit selbst beurteilen zu können.

Der Kläger tritt einer Aussetzung entgegen. Er meint, dass der Beschluss des BAG vom 14.12.2010 auch den hier streitgegenständlichen Zeitraum erfasse, da das BAG die Satzung der CGZP aus dem Jahre 2005 in seine Entscheidung miteinbezogen habe. Die Beklagte habe zudem keine Gesichtspunkte vorgetragen, die für eine Tariffähigkeit der CGZP in der Vergangenheit sprechen könnten.

Das Arbeitsgericht Berlin hat zwischenzeitlich mit Beschluss vom 30.05.2011 – 29 BV 13947/10 – (ArbuR 2011, 310) festgestellt, dass die CGZP zu folgenden Zeitpunkten nicht tariffähig war: 29.11.2004, 19.06.2006, 09.07.2008.

 

Entscheidungsgründe

B.

I.

Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist zulässig.

Nach § 252 ZPO findet die sofortige Beschwerde gegen Entscheidungen statt, durch die auf Grund der §§ 239 ff. ZPO oder auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen die Aussetzung des Verfahrens angeordnet oder abgelehnt wird. Eine andere gesetzliche Bestimmung in diesem Sinne ist auch § ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge