Entscheidungsstichwort (Thema)
Anlerntätigkeit. Berufsausbildung. Maschinenbediener. Maschinenführer. Anlagenführer. Maschineneinrichter. Maschineneinsteller. Verantwortung. Großbäckerei. Backstraße. Verpackungsmaschine. Schneidemaschine. Eingruppierung als Maschinenführer in der Brot- und Backwarenindustrie. Tarifliche Eingruppierung im Rahmen des Entgeltrahmentarifvertrags für Arbeitnehmer der Brot- und Backwarenindustrie. Begriff des Maschineneinstellers
Leitsatz (amtlich)
1. Unter einem Maschineneinsteller bzw. einer Maschineneinstellerin versteht man heutzutage eine Facharbeitertätigkeit, die üblicherweise eine Ausbildung im Maschinen- und Anlagenbau, beispielsweise in der Maschinentechnik, Konstruktions-, Fertigungs- bzw. Produktionstechnik erfordert. Gleichbedeutend spricht man auch von einem Maschineneinrichter bzw. einer Maschineneinrichterin. Diese Arbeitnehmer arbeiten typischerweise im Maschinenbau, also bei den Herstellern der Maschinen.
2. Das Umstellen der Verpackungs- und Schneide-Maschinen, die beim Brotsortenwechsel erfolgt, kann nicht als Einrichten einer Maschine im Tarifsinne bezeichnet werden. Denn hierbei werden lediglich einzelne Elemente der Maschinen im Rahmen ihrer bereits vorhandenen multifunktionalen Fähigkeiten eingestellt. Die Maschine ist bereits vom Maschinenbauer so eingerichtet, dass mit ihr verschiedene Brotsorten geschnitten und verpackt werden können. Eine (Neu-)Einrichtung der Maschine im Tarifsinne läge erst dann vor, wenn man beispielsweise zur Verarbeitung neuer Brotsorten oder Brotgrößen neue Paddel entwerfen und anfertigen müsste oder die Drehteller und die Seitenführungen aus diesem Grunde konstruktiv verändern müsste.
3. Man kann die Tätigkeit eines Arbeitnehmers an einer Schneide- und Verpackungsmaschine nicht in das Bedienen der Maschine, ihre Umrüstung, ihre Reparatur und ihre Säuberung aufspalten, denn alle Teiltätigkeiten gehören zum Berufsbild des Maschinen- und Anlagenführers, der tariflich der Tarifgruppe G des Entgeltrahmentarifvertrages für alle Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer und Auszubildenden der Brot- und Backwarenindustrie und Großbäckereien in den fünf neuen Bundesländern einschließlich Berlin-Ost" vom 26. Februar 1991, in Kraft seit März 1991, zuzuordnen ist.
4. Sofern man für die tarifliche Eingruppierung auf die Differenzierung zwischen dem Bedienen einer Maschine und dem Führen einer Maschine abstellen muss, ist diese Unterscheidung nach dem Grad der Verantwortung des Arbeitnehmers für den Lauf der Anlage vorzunehmen. Der Maschinenbediener hat insoweit keine Verantwortung. Der Maschinenführer ist dagegen dafür (mit-)verantwortlich, dass im Falle des Auftritts von Problemen die richtigen Schritte eingeleitet werden.
Normenkette
TVG § 1
Verfahrensgang
ArbG Schwerin (Entscheidung vom 18.08.2011; Aktenzeichen 6 Ca 2302/10) |
Tenor
1. Auf die klägerische Berufung wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 18.08.2011 bezogen auf den Klageantrag zu 2. teilweise abgeändert.
2. Es wird festgestellt, dass der Kläger ab dem 01.12.2010 in die Gruppe G des Entgeltrahmentarifvertrages für die Brot- und Backwarenindustrie vom 01.03.1991 eingruppiert ist.
Im Übrigen wird die auf den Klageantrag zu 2. bezogene Berufung zurückgewiesen.
3. Die Revision wird zugelassen.
4. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schluss-Urteil vorbehalten.
Tatbestand
Die Parteien streiten mit Zahlungs- und Feststellungsanträgen um die tarifgerechte Eingruppierung des Klägers. Das vorliegende Teilurteil befasst sich allein mit dem Feststellungsantrag zur tarifgerechten Eingruppierung.
Die Beklagte produziert und vertreibt in industriellem Rahmen Brote und andere Backwaren mit Betrieben an mehreren Standorten. Die Beklagte hat im Jahre 2006 einen Produktionsbetrieb in L. eröffnet, in dem viele Arbeitnehmer beschäftigt sind, die zuvor - wie der Kläger - an einem in diesem Zusammenhang geschlossenen Standort der Beklagten in der Nähe von A-Stadt tätig waren. Die Beklagte ist Mitglied im Verband der D. B.- und -industrie e.V. mit Sitz in D.. Außerdem ist sie Mitglied in dem Arbeitgeberverband, durch den sie sich vor Gericht vertreten lässt.
Der 1981 geborene Kläger, der nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt, ist seit März 2000 bei der Beklagten bzw. bei einem ihrer Rechtsvorgänger beschäftigt. Er ist seit 2010 Mitglied des dort gebildeten Betriebsrats. Er ist nicht Mitglied der Gewerkschaft, die den im Betrieb angewendeten Tarifvertrag abgeschlossen hat. Beide Parteien gehen dennoch übereinstimmend davon aus, dass der Kläger Anspruch auf tarifliche Entlohnung hat. Im heute noch maßgeblichen schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien vom 12. März 2000 heißt es dazu wörtlich (Kopie hier Blatt 21, es wird Bezug genommen):
"Die Tarifverträge für die Unternehmen der Brot- und Backwarenindustrie - in der jeweils geltenden Form - gelten für dieses Arbeitsverhältnis."
Maßgeblich für die Eingruppierung des Klägers ist damit der "Entgeltrahmentarifvertrag für alle Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer...