Verfahrensgang
KreisG Rostock-Stadt (Urteil vom 17.10.1991; Aktenzeichen 4 Ca 292/91) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Kreisgerichts Rostock-Stadt vom 17. Oktober 1991 – 4 Ca 292/91 – wird auf Kosten der Klägerin
zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin war bei der Nationalen Volksarmee der ehemaligen DDR beschäftigt. Nach der Wiedervereinigung wurde sie von der Bundesrepublik Deutschland als Zivilbeschäftigte weiterbeschäftigt.
Auf das Arbeitsverhältnis war der Rahmenkollektivvertrag für die Zivilbeschäftigten der Nationalen Volksarmee anwendbar. Im März 1991 zahlte die Beklagte an die Klägerin die Treuezulage gemäß diesem Rahmenkollektivvertrag für die Zeit vom 1. August 1990 bis 31. Januar 1991 aus. Die Beklagte behielt dabei Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben ein.
Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe die Treuezulage ohne Abzug von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen zu. Die Klageforderung ist der unterschied zwischen der nettogezahlten und der bruttoerrechneten Treuezulage. Rechnerisch hat die Klägerin die Ermittlung der Treuezulage im Schriftsatz vom 5. September 1991 dargestellt. Der Höhe nach ist der von der Beklagten an Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen einbehaltene Betrag von 242,57 DM unstreitig.
In dem Rahmenkollektivvertrag mit dem letzten Nachtrag vom 11. April 1990 heißt es u. a.:
„VI Treuezulage für ununterbrochene Beschäftigungsdauer
1. Treuezulage
1.1.
Für ununterbrochene Beschäftigungsdauer erhalten Zivilbeschäftigte
Treuezulage.
1.2.
Die Treuezulage beträgt bei ununterbrochener Beschäftigungsdauer
nach Ablauf von 2 Jahren |
4 % |
nach Ablauf von 5 Jahren |
8 % |
nach Ablauf von 10 Jahren |
10 % |
nach Ablauf von 15 Jahren |
12 % |
nach Ablauf von 20 Jahren |
15 % |
des Bruttogehaltes, das der Berechnung des Durchschnittslohnes zugrunde gelegt wird, sowie der aufgabengebundenen Leistungszuschläge für die Lösung von Forschungs-, Entwicklungs- und Projektierungsaufgaben, objektgebundenen Gehaltsprämien, Vergütungen und Zuschläge für Überstundenarbeit, außerplanmäßige Arbeitsleistungen der PKW-Fahrer, Arbeitsbereitschaft, Bord wache, Hafenwache und Tagesdienste.
1.3.
Die Treuezulage ist für den Zeitraum vom 1. Februar bis 31. Juli und für den Zeitraum vom 1. August bis 31. Januar zu den festgelegten Terminen, den festgelegten Prozentsätzen und Bedingungen zu zahlen.
…”
In der Anlage 3 zu diesem Rahmenkollektivvertrag ist eine Tabelle über das Tarifgehalt, den Durchschnittslohn, die Steuer- und Sozialversicherungsbeitragspflicht für die einzelnen Entgeltbestandteile enthalten. In dieser Tabelle heißt es unter dem Stichwort „Treuezulage” und dem Hinweis auf den Abschnitt VI/1 des Rahmenkollektivvertrages in den Spalten mit den Überschriften „lohnsteuerpflichtig” und „SV-beitragspflichtig” jeweils: nein.
Die Klägerin hat vorgetragen, in dem Rahmenkollektivvertrag sei eine Nettoauszahlung vereinbart. Unabhängig davon, wer die Versteuerung vorzunehmen habe, sei durch die Vereinbarung im Rahmenkollektivvertrag festgelegt worden, daß die Beklagte im Verhältnis zur Klägerin die Steuern und Soziallasten zu tragen habe.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 242,57 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.
Sie hat sich darauf berufen, daß ab 1. Januar 1991 auch in der ehemaligen DDR das Lohnsteuerrecht und die Vorschriften über die Sozialversicherungsbeiträge der Bundesrepublik gelten.
Das Kreisgericht Rostock-Stadt hat mit Urteil vom 17. Oktober 1991 die Klage abgewiesen, den Streitwert auf 242,57 DM festgesetzt und die Berufung zugelassen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt.
Sie trägt vor, der Rahmenkollektivvertrag enthalte hinsichtlich der Treuezulage eine Nettolohnvereinbarung in dem Sinne, daß die Beklagte im Verhältnis zur Klägerin die Steuer- und Abgabenlast zu tragen habe. Das ergebe sich insbesondere aus der Anlage 3 des Rahmenkollektivvertrages. Der Rahmenkollektivvertrag gelte auch mit dieser Nettolohnvereinbarung gemäß Anlage I Kap. XIX Sachgeb. A Abschn. III Ziff. 1 Abs. 1 nach dem 3. Oktober 1990 für den streitigen Zeitraum bis zum 1. April 1991 weiter.
Die Klägerin beantragt, das erstinstanzliche Urteil des Kreisgerichts Rostock – 4 Ca 292/91 – aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 242,57 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt aus, aus dem Rahmenkollektivvertrag einschließlich der in seiner Anlage 3 enthaltenen Tabelle ergebe sich nicht, daß die Beklagte der Klägerin die gesetzlichen Lohnabzüge von der Treuezulage zu zahlen habe. Die Treuezulage sei für einen Zeitraum ausgezahlt worden, in dem sich die Abgabenpflicht bereits nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland richtete.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
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