Verfahrensgang
KreisG Schwerin-Stadt (Urteil vom 14.11.1991; Aktenzeichen 3b Ca 931/91) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Kreisgerichtes Schwerin-Stadt vom 14. November 1991 – 3b Ca 931/91 – geändert:
Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Kündigung vom 02. Januar 1991 nicht aufgelöst worden ist, sondern über den 04. Januar 1991 hinaus fortbestanden hat.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der am … geborene Kläger war bis Anfang 1968 hauptberuflich, zuletzt als Offizier, beim Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR tätig. Seit Februar 1968 war er bei der Hansestadt … tätig. Bei der Hansestadt … war er zunächst Mitarbeiter für Jugendfragen. Später war er bis zum 28. Februar 1990 Stellvertreter des Oberbürgermeisters, Stadtrat für Inneres und Leiter der Abteilung für Inneres beim Rat der Stadt …. Danach war er im Stadtarchiv tätig und verdiente zuletzt brutto 1.600,– DM monatlich.
Der Kläger erhielt am 04. Januar 1991 das Kündigungsschreiben des Bürgermeisters der Stadt … in dem ihm auf der Grundlage des § 626 BGB in Verbindung mit Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Absatz 5 der Anlage I des Einigungsvertrages fristlos gekündigt wurde. Die Kündigung wurde damit begründet, daß der Kläger für das Ministerium für Staatssicherheit tätig gewesen sei und dafür Geldprämien erhalten habe. Gegen diese Kündigung hat sich der Kläger mit der am 23. Januar 1991 beim Kreisgericht Wismar eingegangenen Klage zur Wehr gesetzt.
Die Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Rostock, Kreisdienststelle Wismar schrieb am 06. Dezember 1988 an die Bezirksverwaltung für Staatssicherheit in Rostock: „Vorschlag zur Prämierung Es wird vorgeschlagen, aus dem Prämienfonds B das Kollektiv des Bereiches Genehmigungswesen der Abteilung Innere Angelegenheiten des Rates der Stadt … mit den Genossen
…
… (4 weitere Namen) mit einer Prämie in Höhe von 1.000,– M auszuzeichnen. Dieses Kollektiv zeigte eine hohe Kampf- und Einsatzbereitschaft in der vorbeugenden Verhinderung von provokativ-demonstrativen Handlungen, einschließlich der operativen Kontrolle von Übersiedlungsersuchenden an den Wochenenden im engen Zusammenwirken mit der Kreisdienststelle Wismar.”
Auf dies Schreiben stützt die Beklagte u. a. die Kündigung. Der Kläger erklärt dazu, er habe von diesem Schreiben nichts gewußt und die Prämie nicht erhalten. Als stellvertretender Oberbürgermeister und Stadtrat für Inneres und Leiter der Abteilung Inneres der Hansestadt … sei es nach den damaligen Dienstanweisungen seine Pflicht gewesen, auch mit dem Staatssicherheitsdienst zusammenzuarbeiten ebenso wie mit z. B. der Volkspolizei und der Staatsanwaltschaft. In der Zeit, in der der Kläger Stadtrat für Inneres war, entstand der „Maßnahmeplan” vom 20. Januar 1986 (Schreibfehler statt 1986 1096), Blatt 33 bis 35 der Akten. Dieser lautet:„
001
Die Verhinderung, Unterbindung und Zurückdrängung von Anträgen auf Wohnsitzänderung ins kapitalistische Ausland, insbesondere in die BRD und Berlin-West, ist fest in die Führungs- und Leitungstätigkeit der Leiter der Betriebe zu integrieren.
V.: Mitglieder des Rates
002
Die Leiter der Fachorgane üben eine systematische Kontrolle über die Erfüllung der den Betrieben und Einrichtungen gestellten Aufgaben entsprechend der Verfügung 143/83 des Vorsitzenden des Ministerrates aus.
V.: Leiter der Fachabteilung
003
Einmal jährlich sind mit den Leitern der Betriebe und Einrichtungen Beratungen zur Durchsetzung der genannten Verfügung durchzuführen.
V.: Stell v. des OB für Inneres
004
Zur weiteren Verbesserung der politisch-ideologischen Arbeit in den Betrieben und Wohngebieten zur Unterbindung und Zurückdrängung von Anträgen zur Wohnsitzänderung sind die
- Beratungen mit den Parteisekretären
- Zusammenkünfte mit Betriebsleitern
- Sicherheitskonferenzen in den Betrieben
- differenzierten Schulungen mit Kaderleitern und Beauftragten der Betriebe
zu nutzen.
V.: Stell v. des OB für Inneres
005
Durch die Leiter der Betriebe und Einrichtungen sind Maßnahmepläne zur Gewährleistung eines einheitlichen und abgestimmten Vorgehens mit dem Ziel der Zurückdrängung des Antrages zu erarbeiten.
V.: Leiter der Betriebe und Einrichtungen
006
Zum Abbau der ungerechtfertigten Unterschiede in der politisch-ideologischen Arbeit mit den Ersuchenden in den Betrieben wird der VEB MTW als Führungsbeispiel geschaffen. Im BKH sind Anstrengungen zu unternehmen, damit nach dem Beispiel des VEB MTW eine Arbeitsgruppe gebildet wird.
V.: Stell v. des OB für Inneres
Kreisarzt
007
Zu jedem Antragsteller ist eine Konzeption zur Zurückdrängung des Antrages zu erarbeiten. Die festgelegten Maßnahmen sind zielgerichtet abzuarbeiten.
V.: Stellv. des OB für Inneres
008
Um ein koordiniertes Zusammenwirken mit den Sicherheitsorganen zu gewährleisten, sind die wöchentlichen Beratungen der Arbeitsgruppe zur Festlegung und Koordinierung fortzusetzen.
V.: Leiter der Abt. ...