Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung in Kleinbetrieb bei unzureichenden Darlegungen der Arbeitnehmerin zur Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes für den gemeinsamen Betrieb eines ambulanten Pflegedienstes und einer Tagespflegeeinrichtung. Kündigungsfrist bei Zugang der Kündigung am Montag nach Probezeitende am Sonntag
Leitsatz (amtlich)
1. Nach der Rechtsprechung des BAG ist von einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen dann auszugehen, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel mehrerer Unternehmen für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat betriebsbezogen gesteuert wird. Die beteiligten Unternehmen müssen sich zumindest stillschweigend zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben, so dass der Kern der Arbeitgeberfunktion im sozialen und personellen Bereich von derselben institutionellen Leitung ausgeübt wird. Dafür ist nach der Rechtsprechung des BAG vor allem maßgebend, ob ein arbeitgeberübergreifender Personaleinsatz praktiziert wird, der charakteristisch für den normalen Betriebsablauf ist. Eine lediglich unternehmerische Zusammenarbeit genügt nicht (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 24. Oktober 2013, 2 AZR 1057/12).
2. Der arbeitgeberübergreifende Einsatz nur einzelner Arbeitnehmer indiziert den gemeinsamen Betrieb noch nicht.
3. Für das Ende der Probezeit nach § 622 Abs. 3 BGB ist nicht von Bedeutung, dass der letzte Tag der Probezeit ein Sonntag ist. Nach § 193 BGB verlängert sich nur die Frist zur Abgabe einer Willenserklärung. § 622 Abs. 3 enthält - wie auch § 1 Abs. 1 KSchG - keine Frist für die Abgabe einer Kündigungserklärung. Die Norm enthält nur eine Regelung, welche Kündigungsfristen anwendbar sind, wenn die Kündigungserklärung zu einem gewissen Zeitpunkt zugeht.
Normenkette
KSchG §§ 1, 23; BGB § 622 Abs. 3, § 193; KSchG § 1 Abs. 1, § 23 Abs. 1; BGB §§ 140, 622 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Neubrandenburg (Entscheidung vom 11.05.2011; Aktenzeichen 1 Ca 1199/10) |
Tenor
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Neubrandenburg zum Aktenzeichen 1 Ca 1199/10 vom 17.05.2011 wird teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 15.11.2010 erst zum 15.12.2010 beendet wurde.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 5/6, die Beklagte zu 1/6.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen, arbeitgeberseitigen Kündigung, insbesondere dabei zuletzt noch - nach zwischenzeitlicher Zurückverweisung der Sache durch das BAG - um die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes aufgrund des möglichen Vorliegens eines gemeinsamen Betriebes.
Die Klägerin schloss mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten - der BLW S. V. mbH (im Folgenden: BLW; erstinstanzlich zeitweilig auch Beklagte zu 1) mit Verwaltungssitz in der B.straße in A-Stadt einen schriftlichen Arbeitsvertrag. Danach wurde sie "ab dem 15.05.2010" als Krankenpflegerin eingestellt. Auf Wunsch der Klägerin erfolgte die Arbeitsaufnahme erst am 26. Mai 2010. Die sozialversicherungsrechtliche Anmeldung wurde am 25. Mai 2010 rückwirkend zum 15. Mai 2010 vorgenommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf Blatt 6 ff der Akte verwiesen. Die Klägerin erzielte eine durchschnittliche Vergütung von 1.400,00 Euro brutto monatlich. Der tatsächliche Einsatzbereich der Klägerin - jedenfalls bei der BLW - ist, nachdem dies zwischen den Parteien in drei Instanzen zunächst unstreitig war, nach Zurückverweisung der Akte durch das Bundesarbeitsgericht streitig geworden. Soweit es bisher unstreitig war, gingen die Parteien davon aus, dass die Klägerin auch bei der BLW im Bereich der Tagespflege tätig war.
Geschäftsführerinnen der BLW sind Frau P. S. sowie ihre Tochter K. S., die heute Frau Dr. B. heißt. Das Gericht hat diese Daten dem Handelsregisterauszug entnommen, der vom Berufungsgericht am 13. Februar 2012 abgerufen wurde und bereits am 14. Februar 2012 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurde (Blatt 159 f d. A.).
Die BLW hatte zunächst bereits vor Einstellung der Klägerin geschäftlich zwei Standbeine. Sie betrieb einen ambulanten Pflegedienst sowie eine Tagespflegeeinrichtung. Bei der Tagespflegeeinrichtung handelt es sich um das sogenannte L.haus in der S.straße in A-Stadt. Im Rahmen der ersten drei Entscheidungen des Arbeitsgerichts Neubrandenburg, des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern sowie des Bundesarbeitsgerichts gingen die Parteien und die jeweiligen Gerichte davon aus, dass die BLW jedenfalls noch im Mai und bis einschließlich Juni 2010 weiterhin die beiden Standbeine der Tagespflegeeinrichtung sowie des ambulanten Pflegedienstes betrieb. In diesem Zuge gingen die Parteien d...