Entscheidungsstichwort (Thema)

Tariflicher Zusatzurlaubsanspruch. Bereitschaftsdienst. Nachtarbeit

 

Orientierungssatz

Der Zusatzurlaub nach § 27 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte H. erfasst auch Nachtarbeitszeiten im Rahmen von Bereitschaftsdiensten.

 

Normenkette

Manteltarifvertrag für Unternehmen des H.Konzerns v. 14.12.2006 § 27

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 14.09.2011; Aktenzeichen 10 AZR 208/10)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten vom 07.08.2009 gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes S. vom 25.05.2009 – Aktenzeichen 2 Ca 1573/08 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Anspruch des Klägers auf drei Arbeitstage Zusatzurlaub für das Jahr 2007 nach § 27 Abs. 1 des Manteltarifvertrages für Unternehmen des H.konzerns vom 14.12.2006 (künftig: TV-Ärzte H.), der ebenso auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, wie der dazugehörige Entgelttarifvertrag (künftig: TV-Ärzte Entgelt H.).

Der Kläger ist bei der Beklagten als Facharzt in der Abteilung Anästhesie beschäftigt und leistete im Jahr 2007 453 Stunden im Bereitschaftsdienst jeweils in der Zeit von 21:00 Uhr bis 06:00 Uhr, ohne dafür einen tariflichen Zusatzurlaub zu erhalten.

Nach erfolgloser vorgerichtlicher Geltendmachung mit den Schreiben vom 25. Januar 2008 sowie vom 29.07.2008 begehrt der Kläger mit seiner am 18.08.2008 bei dem Arbeitsgericht S. eingegangenen Klage die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von drei Arbeitstagen Zusatzurlaub.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für die im Jahr 2007 innerhalb des Bereitschaftsdienstes geleisteten 453 Nachtarbeitsstunden einen Zusatzurlaub von drei Arbeitstagen in natura zu gewähren.

Hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger einen angemessenen Ausgleich von bezahlten Tagen in natura zu gewähren, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht S. hat mit Urteil vom 20.05.2009 dem Hauptantrag des Klägers entsprochen und im Wesentlichen argumentiert, tarifvertraglich sei der Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit ausgewiesen. In der tarifvertraglichen Regelung für den Zusatzurlaub nach § 27 TV-Ärzte H. seien nach dem eindeutigen Wortlaut Nachtarbeitszeiten im Bereitschaftsdienst nicht ausgenommen. Mithin sei der Anspruch des Klägers offensichtlich begründet.

Gegen diese am 10.07.2009 zugestellte Entscheidung des Arbeitsgerichtes S. richtet sich die am 07.08.2009 bei dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern eingegangene Berufung der Beklagten. Nach dem entsprechenden Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist (eingegangen bei dem erkennenden Gericht am 07.09.2009) ist die Berufung innerhalb der gewährten Fristverlängerung mit Schriftsatz vom 09.10.2009 (eingegangen bei dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern am gleichen Tage) begründet worden.

Die Beklagte hält an ihrer erstinstanzlich geäußerten Rechtsauffassung fest. Zum einen handele es sich bei Tätigkeiten im Rahmen eines Bereitschaftsdienstes nicht um Nachtarbeitsstunden im Sinne des § 27 Abs. 1 TV-Ärzte H.. Dieser Umstand folge bereits daraus, dass die Nachtarbeit in § 15 Abs. 3 TV-Ärzte Helios mit tatsächlich geleisteter Arbeit in der Zeit von 21:00 Uhr bis 06:00 Uhr definiert sei. Dagegen stelle § 17 TV-Ärzte H. lediglich Zeiten eines Bereitschaftsdienstes der Arbeitszeit gleich. Da auch der Sonderurlaub nach § 27 TV-Ärzte H. eine tatsächliche Leistung von Nachtarbeitsstunden voraussetze, folge aus der sich daraus ergebenden Systematik, dass Bereitschaftsdienstzeiten nicht als Nachtarbeitsstunden im Sinne des § 27 TV-Ärzte H. gewertet werden könnten.

Im Übrigen seien Bereitschaftsstunden in dem Zeitraum von 21:00 Uhr bis 06:00 Uhr mit einer hinreichenden Ausgleichsregelung in § 7 TV-Ärzte Entgelt H. versehen. Bei der benannten Entgeltregelung handele es sich im Übrigen um eine Ausgleichsregelung im Sinne des § 6 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz.

Die Beklagte beantragt,

  1. das Urteil des Arbeitsgerichtes S. vom 20.05.2009, Aktenzeichen 2 Ca 1573/08, abzuändern und nach den Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen;
  2. die Kosten des Rechtsstreits dem Berufungsbeklagten aufzuerlegen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und verweist im Wesentlichen zur weiteren Begründung auf die Entscheidungen des Hessischen Landesarbeitsgerichtes vom 6. August 2009 (2 Sa 326/09), vom 7. Mai 2009 (9/11 Sa 2240/08) und vom 05.08.2008 (2/11 Sa 193/09) sowie auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 25.07.2009 (5 AZR 867/08).

Wegen der weiteren Einzelheiten in der Berufungsinstanz wird auf die insoweit zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

Soweit das Arbeitsgericht S. mit Urteil vom 20.05.2009 dem Hauptantrag des Klägers uneingeschränkt gefolgt ist, so ist diese Entscheidung im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.

I.

Der Kläge...

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