Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendbarkeit des TV Wechsler DHLDLY für übergeleitete Arbeitsverhältnisse von DHL auf Deutsche Post AG. Stufenaufstieg innerhalb der Entgeltgruppen für übernommene Arbeitnehmer. Auslegung von tariflichen Normen wie bei Gesetzen
Leitsatz (amtlich)
1. Nach Auslegung des Tarifvertrages zur Überleitung der tariflichen Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse der DHL Delivery Regionalgesellschaften in die Deutsche Post AG (TV Wechsler DHLDLY) gelten die Regelungen dieses Tarifvertrages neben denen des Entgelttarifvertrages für Arbeitnehmer der Deutschen Post AG (ETV-DP AG) auch für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis infolge Betriebsübergangs von einer DHL Regionalgesellschaft auf die Deutsche Post AG übergegangen ist.
2. Die übergeleiteten Arbeitnehmer nehmen an dem gemäß Entgelttarifvertrag für Arbeitnehmer Deutsche Post AG vorgesehenen Stufenaufstieg innerhalb der Entgeltgruppen teil.
3. TV Wechsler DHLDLY regelt die Stufenzuordnung nach einem Entgeltvergleich. Sodann entscheiden Tätigkeitsjahre über einen Stufenaufstieg gemäß ETV-DP AG.
Normenkette
BGB § 613a; UmwG § 324; TV Wechsler DHLDLY § 9; ETV-DP AG § 4; ZPO § 533
Verfahrensgang
ArbG Rostock (Entscheidung vom 14.07.2020; Aktenzeichen 3 Ca 462/20) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 14.07.2020 zum Aktenzeichen 3 Ca 462/20 aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 257,76 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von jeweils 85,92 € seit dem 16.07.2019, 16.08.2019 und 16.09.2019 zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 1.140,36 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von jeweils 87,72 € seit dem 16.10.2019, 16.11.2019, 16.12.2019, 16.01.2020, 16.02.2020, 16.03.2020, 16.04.2020, 16.05.2020, 16.06.2020, 16.07.2020, 16.08.2020, 16.09.2020 und 16.10.2020 zu zahlen.
4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 01.07.2019 nach der Entgeltgruppe 3, Gruppenstufe 1 Entgelttarifvertrag der Deutschen Post AG zu vergüten und die monatlichen Differenzbeträge zwischen der Vergütung nach Entgeltgruppe 3, Gruppenstufe 1 und der gezahlten Vergütung nach der Entgeltgruppe 3, Gruppenstufe 0 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz jeweils ab dem 16. eines jeden Monats für den laufenden Monat, beginnend mit dem 16.11.2020 zu zahlen.
5. Es wird festgestellt, dass bei der Stufenlaufzeit innerhalb der Gruppenstufe 1 der Entgeltgruppe 3 des Entgelttarifvertrages der Deutschen Post AG für den Aufstieg in die Gruppenstufe 2 bei dem Kläger zum 01.07.2019 93 Tätigkeitstage anzurechnen sind.
6. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
7. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zuordnung zu einer Gruppenstufe bei einer unstreitigen tariflichen Eingruppierung in die Entgeltgruppe 3 des Entgelttarifvertrages für Arbeitnehmer der Deutschen Post AG (ETV-DP AG) vom 18. Juni 2003, zuletzt geändert durch TVNr. 203, Stand 01.07.2019.
Der im September 1979 geborene Kläger war im Zeitraum vom 03.12.2005 bis zum 28.02.2015 aufgrund mehrerer befristeter Verträge als Paketzusteller mit der Eingruppierung in die Entgeltgruppe 3 des ETV-DP AG bei der Beklagten beschäftigt. Dieser Tarifvertrag fand auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit Anwendung. Diese Verbandszugehörigkeit besteht weiterhin. Zwischen den einzelnen Befristungen lagen teilweise Unterbrechungen von wenigen Tagen bis zu mehreren Monaten. Vom 29.01.2014 bis zum 28.02.2015 war der Kläger als Abrufkraft bei der Beklagten eingesetzt und wurde in diesem Zeitraum an insgesamt 203 Tagen beschäftigt. Die Tätigkeit des Klägers für die Beklagte stellt sich im Einzelnen wie folgt dar:
Beschäftigung (unterbrochen) |
Start-Datum |
End-Datum |
Tätigkeitstage: |
1 |
03.12.2005 |
06.12.2005 |
4 |
2 |
17.12.2005 |
24.12.2005 |
8 |
3 |
28.12.2005 |
17.01.2006 |
21 |
4 |
27.03.2006 |
29.03.2006 |
3 |
5 |
26.06.2006 |
05.08.2006 |
41 |
6 |
15.08.2006 |
21.08.2006 |
7 |
7 |
18.09.2006 |
30.09.2006 |
13 |
8 |
11.04.2007 |
20.01.2007 |
10 |
9 |
15.10.2007 |
03.02.2008 |
112 |
10 |
23.06.2008 |
31.07.2008 |
39 |
11 |
01.10.2008 |
24.12.2008 |
85 |
12 |
27.12.2008 |
17.01.2009 |
22 |
13 |
02.02.2009 |
14.02.2009 |
13 |
14 |
02.03.2009 |
31.03.2009 |
30 |
15 |
02.05.2009 |
31.07.2009 |
91 |
16 |
30.11.2009 |
24.12.2009 |
25 |
17 |
02.01.2010 |
30.06.2010 |
180 |
18 |
11.11.2010 |
31.05.2011 |
202 |
19 |
04.10.2011 |
30.06.2012 |
271 |
20 |
06.05.2013 |
31.07.2013 |
87 |
21 |
01.10.2013 |
24.12.2013 |
85 |
29.01.2014 bis 28.02.2015 Tätigkeit als Abrufkraft |
203 |
Tätigkeitstage (zzgl. 01.07.2019) |
1553 |
am 01.07.2019 vollendete Tätigkeitsjahre |
4 |
Tätigkeitstage über 4 Jahre hinausgehend |
93 |
Ab dem 01.03.2015 war der Kläger als Paketzusteller für die DHL Delivery C-Stadt GmbH aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages (Blatt 7 ff. d.A.) tätig. Unter Ziffer 5 des Arbeitsvertrages vereinbarten die Parteien zwecks Gleichstellung der Beschäft...