Verfahrensgang
ArbG Schwerin (Urteil vom 24.05.2000; Aktenzeichen 11 Ca 431/00) |
Tenor
I.
Die Berufung des Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichtes Schwerin vom24.05.2000 – Aktenzeichen 11 Ca 431/00 – wird, soweit der Rechtsstreit noch in der Berufungsinstanz anhängig ist, zurückgewiesen.
II.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
III.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, auch für die Zeit ab 01.01.1999 an den Kläger die aktuelle Tarifvergütung nach dem DRK-Tarifvertrag-Ost zu zahlen. Der Beklagte hat seine ursprünglich bestehende Mitgliedschaft in der DRK-Tarifgemeinschaft Ende 1997 durch Austrittserklärung mit Wirkung zum 30.06.1998 beendet.
Der am 30.07.1968 geborene Kläger ist seit dem 18.04.1995 als Rettungssanitäter mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden und einer monatlichen Bruttovergütung in Höhe von 3.593,66 DM brutto bei dem Beklagten tätig.
§ 2 des zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrages lautet wie folgt:
„Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen des DRK-Tarifvertrages-Ost für Angestellte und Arbeiter nach dem Stand vom 01.07.1991.”
Der Beklagte, der in den Arbeitsverträgen mit seinen Mitarbeitern ganz unterschiedliche Verweisungsklauseln auf den DRK-Tarifvertrag-Ost oder die DRK-Arbeitsbedingungen-Ost verwendet, hat den Kläger und seine übrigen Mitarbeiter bis Ende 1998 nach den jeweils geltenden DRK-Tarifverträgen-Ost vergütet.
Am 09.06.1999 vereinbarten die Bundestarifgemeinschaft des DRK einerseits und die Gewerkschaften ÖTV und DAG andererseits den 9. Änderungstarifvertrag zum DRK-Tarifvertrag-Ost, der – unter Übernahme der für den öffentlichen Dienst getroffenen Tarifregelungen – eine 3,1 %ige Tariferhöhung ab dem 01.04.1999 sowie eine Einmalzahlung für die Monate Januar bis März 1999 in Höhe von 259,50 DM vorsah. Dieser Tarifvertrag lag erst am 03.11.1999 von allen Tarifvertragsparteien unterzeichnet vor. Der Beklagte hat die Arbeitsvergütung seiner Arbeitnehmer seit dem 01.01.1999 nicht mehr entsprechend den tariflichen Erhöhungen angepasst.
Der Kläger hat mit seiner Klageschrift vom 11.02.2000, die dem Beklagten am 21.02.2000 zugestellt wurde, beim Arbeitsgericht Schwerin Feststellungsklage erhoben und für den Fall des Obsiegens von dem Beklagten für die Zeit vom 01.01.1999 bis 31.03.1999 eine Einmalzahlung in Höhe von 259,50 DM netto sowie für die Zeit vom 01.04.1999 bis 31.01.2000 eine Gehaltsdifferenz in Höhe von 1.087,00 DM brutto gefordert, wobei die Höhe der begehrten Beträge zwischen den Parteien unstreitig ist.
Das Arbeitsgericht Schwerin hat am 24.5.2000 das folgende Urteil verkündet:
- Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die Zeit vom 01.02.2000 bis zum 30.04.2000 die Vergütung nach der Vergütungsgruppe VI b zu § 22 DRK-Tarifvertrag-Ost vom 01.07.1992 in der jeweilig gültigen Fassung zu zahlen.
- Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für die Zeit vom 01.01.1999 bis einschließlich 31.03.1999 eine Einmalzahlung in Höhe von 259,50 DM netto zu leisten.
- Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für die Zeit vom 01.04.1999 bis einschließlich 31.01.2000 einen Betrag von 1.087,00 DM brutto zu zahlen.
- Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.672,60 DM festgesetzt.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht sinngemäß wie folgt ausgeführt:
Der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch auf Zahlung der tariflichen Vergütungserhöhung ergäbe sich aus der arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel auf den DRK-Tarifvertrag-Ost. Im Ergebnis der durchzuführenden Auslegung der einzelvertraglichen Regelung sei davon auszugehen, dass die Vertragsparteien auf die jeweilige Fassung der DRK-Tarifverträge-Ost Bezug nehmen wollten. Dieses Auslegungsergebnis sei anhand der tatsächlich durchgeführten betrieblichen Praxis zu gewinnen. So habe der Beklagte bis einschließlich 1998 an alle Mitarbeiter die jeweils aktuellen tariflichen Entgelte nach dem DRK-Tarifvertrag-Ost gezahlt. Die Kammer gehe deshalb davon aus, dass nach dem Willen der Parteien der jeweils geltende Tarifvertrag habe Anwendung finden sollen, unabhängig davon, ob der Arbeitgeber noch kraft Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband tariflich gebunden sei. Wolle der Arbeitgeber die Anwendbarkeit der tariflichen Regelungen an seine eigene Verbandsmitgliedschaft knüpfen, könne er dies durch eine klare Formulierung im Arbeitsvertrag selbst sicherstellen. Die vorgenommene Auslegung der Bezugnahmeklausel führe auch nicht zu einer Ungleichbehandlung zwischen organisierten und unorganisierten Arbeitnehmern, denn im Zweifel bilde auch bei den Gewerkschaftsangehörigen nach Wegfall der zwingenden Tarifbindung die arbeitsvertragliche Verweisungsklausel die notwendige Anspruchsgrundlage für die dynamische Anwendbarkeit der jeweils geltenden Tarifregelung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstand...