Entscheidungsstichwort (Thema)

Normzweck der Verzugspauschale des § 288 Abs. 5 BGB. Ausschluss der Verzugspauschale nach § 288 Abs. 5 BGB im Arbeitsrecht durch § 12a Abs. 1 ArbGG

 

Leitsatz (amtlich)

1.Anschluss an Bundesarbeitsgericht 12. Dezember 2018 - 5 AZR 588/17 - AP Nr. 56 zu § 611 BGB Arbeitszeit = NZA 2019, 775

2. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts führt zwar de facto dazu, dass der vom nationalen Gesetzgeber zusätzlich zu den europäischen Vorgaben installierte Schutz der Verbraucher durch ihre Einbeziehung in § 288 Absatz 5 BGB nahezu keinen relevanten Anwendungsbereich mehr hat. Da § 288 Absatz 5 BGB die Pauschale auf Entgeltforderungen begrenzt, ist diese Norm für Verbraucher ohnehin weitgehend bedeutungslos. Sie spielt nur für die Verbraucher eine Rolle, die - untypisch für die Verbraucherrolle - überhaupt Entgeltansprüche gegen ihre Nicht-Verbraucher-Schuldner haben. - Daraus ergibt sich jedoch kein Argument gegen die Auslegung des Gesetzes durch das Bundesarbeitsgericht, da nicht belegbar ist, dass der Gesetzgeber mit § 288 Absatz 5 BGB überhaupt eine Norm schaffen wollte, die in Arbeitsverhältnissen eine Bedeutung haben kann.

 

Normenkette

BGB § 288 Abs. 5; ArbGG § 12a Abs. 1; BGB § 13

 

Verfahrensgang

ArbG Schwerin (Entscheidung vom 07.02.2019; Aktenzeichen 6 Ca 235/18)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 6. Februar 2019 (6 Ca 235/18) - unter Aufhebung des Versäumnisurteils des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 16. August 2018 (6 Ca 235/18) - abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten inzwischen nur noch um die Zahlung von Pauschalen nach § 288 Absatz 5 BGB in Höhe von 280 Euro.

Die Klägerin hatte mit ihrer im März 2017 erhobenen und zugestellten Klage die Zahlung von Entgeltdifferenzen für die Monate Oktober 2016 bis April 2017 sowie für eine Sonderzahlung für das Jahr 2016 verlangt. Bezüglich der Entgeltforderungen für die sieben Monate von Oktober 2016 bis einschließlich April 2017 fordert die Klägerin zudem jeweils pro Monat die Pauschale nach § 288 Absatz 5 BGB in Höhe von 40 Euro, insgesamt 280 Euro nebst Zinsen.

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit wegen überwiegender Erfüllung der klägerischen Entgeltforderungen bis auf die Frage der Zahlung der Pauschalen übereinstimmend für erledigt erklärt hatten (Schriftsätze beider Parteien vom 15. August 2018, hier Blatt 129 und 130), umfasst der Streitgegenstand der Klage inzwischen nur noch auf die Forderung in Höhe von 280 Euro.

Infolge Säumnis der Beklagten im Termin der mündlichen Verhandlung vom 16. August 2018 hatte das Arbeitsgericht der Klage mit Versäumnisurteil stattgegeben. Der Tenor des Versäumnisurteils lautet:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 280,00 Euro nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem derzeitigen Basiszinssatz seit dem 16.05.2017 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites.

3. Der Streitwert wird auf 280,00 Euro festgesetzt.

Nach Einspruch der Beklagten hat das Arbeitsgericht das Versäumnisurteil mit seinem Urteil vom 7. Februar 2019 (6 Ca 235/18) aufrechterhalten. Den Streitwert hat das Gericht mit 280 Euro festgesetzt und es hat die Berufung gegen sein Urteil ausdrücklich zugelassen. - Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hält die klägerische Forderung nach § 288 Absatz 5 BGB für begründet. Die entgegenstehende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 25. September 2018 - 8 AZR 26/18 - NJW 2019, 2193) vermöge nicht zu überzeugen. § 12a Absatz 1 Satz 1 ArbGG erzwinge nicht den Ausschluss der Ansprüche aus § 288 Absatz 5 BGB, denn die Verzugspauschale erfasse mehr als nur die Rechtsverfolgungskosten. Selbst dann, wenn man annehmen wolle, § 288 Absatz 5 BGB erfasse mit der Pauschale typische Rechtsverfolgungskosten, werde diese Norm nicht von § 12a Absatz 1 Satz 1 ArbGG verdrängt. Denn § 288 Absatz 5 BGB komme eine präventive - gegebenenfalls sogar eine abschreckende - Wirkung zu, um die Schuldner anzuhalten, pünktlich zu zahlen. Dieser eigenständige Zweck der Norm verhindere den Ausschluss des Anspruchs nach § 12a Absatz 1 Satz 1 ArbGG, da § 12a Absatz 1 Satz 1 ArbGG nur die Begrenzung der Rechtsverfolgungskosten und ihre Vorhersehbarkeit im Auge habe. Weder der eine noch der andere Gesichtspunkt werde durch die Anwendung von § 288 Absatz 5 BGB auf Entgeltforderungen von Arbeitnehmern in Frage gestellt. Es sei auch nicht verständlich, weshalb Arbeitnehmer insoweit eine ungünstigere Behandlung im Falle des Verzugs bei der Erfüllung von Entgeltforderungen erfahren sollten als sonstige Dienstleister und Unternehmer.

Mit der rechtzeitig eingelegten und fristgerecht begründeten Berufung verfolgt die Beklagte das Ziel der Klageabweisung unverändert fort.

Die Beklagte hält die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur Verdrängung von § 288 Absatz 5 BGB durch § 12a Absatz 1 Satz 1 Arb...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge