rechtskräftig
Leitsatz (amtlich)
Ein Verbot der Durchführung einer Betriebsratswahl im Wege der einstweiligen Verfügung kommt nur für den Fall der Nichtigkeit der beabsichtigten Wahl in Betracht, nicht bei bloßer Anfechtbarkeit der Wahl wegen einer möglichen Verkennung des Betriebsbegriffs.
Verfahrensgang
ArbG München (Beschluss vom 20.08.1988; Aktenzeichen 27 BVGa 123/88) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts München vom 20.07.1988 – 27 BVGa 123/88 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Arbeitgeber und Wahlvorstand streiten über die Zulässigkeit der vom Wahlvorstand eingeleiteten Betriebsratswahl.
Der Arbeitgeber organisiert vor allem die … andererseits betreibt er ein Kino samt Bistro. Bisher besteht kein Betriebsrat. Der Wahlvorstand hat für das Kino samt Bistro eine Betriebsratswahl eingeleitet.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Arbeitgebers auf Verbot der eingeleiteten Betriebsratswahl durch Erlaß einer einstweiligen Verfügung durch den Beschluß vom 20.07.1988 abgewiesen. Im übrigen wird auf diesen Beschluß Bezug genommen.
Der Arbeitgeber macht auch im Wege der Beschwerde geltend, daß die eingeleitete Betriebsratswahl durch eine einstweilige Verfügung verboten werden müsse, weil diese Wahl gemäß § 19 BetrVG anfechtbar wäre, und zwar deswegen, weil zu der Betriebsversammlung, die den Wahlvorstand gewählt habe, nicht nach Maßgabe der Vorschrift des § 17 Abs. 2 BetrVG eingeladen worden sei, ferner deswegen, weil der Wahlvorstand die Frist für den Erlaß des Wahlausschreibens gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 WO 72 versäumt habe und schließlich insbesondere deswegen, weil das Kino samt Bistro kein selbständiger Betrieb, Nebenbetrieb oder Betriebsteil im Sinne der §§ 1 und 4 BetrVG sei. Dementsprechend beantragt der Arbeitgeber die Abänderung des angefochtenen Beschlusses und das Verbot durch Erlaß einer einstweiligen Verfügung.
Der Wahlvorstand beantragt dagegen die Zurückweisung der Beschwerde. Er macht geltend, daß es sich bei dem Kino samt Bistro um einen selbständigen Nebenbetrieb handele, der infolgedessen selbst betriebsratsfähig sei.
Hinsichtlich des sonstigen Sach- und Rechtsvortrags der Beteiligten im zweiten Rechtszug wird auf die Beschwerdebegründung und die Beschwerdebeantwortung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Arbeitgebers auf Verbot der Betriebsratswahl durch Erlaß einer einstweiligen Verfügung jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgewiesen, weil ein solches Verbot nur im Falle der Nichtigkeit dieser Wahl in Betracht käme und weil der Arbeitgeber die Nichtigkeit dieser Wahl weder geltend noch glaubhaft gemacht hat.
Eine einstweilige Verfügung setzt auch im Beschlußverfahren in jedem Falle einen zu sichernden Verfügungsanspruch voraus (vgl. nur Grunsky, ArbGG, 5. Aufl., § 85 Rn 14; Heinze. RdA 1986, 273, 285 f.). Ein Verfügungsanspruch auf Verbot einer Betriebsratswahl durch einstweilige Verfügung kommt aber nach richtiger Meinung nur für den Fall der Nichtigkeit dieser Wahl in Betracht, nicht jedoch dann, wenn diese Wahl lediglich anfechtbar im Sinne von § 19 BetrVG ist (vgl. – zumindest im Ergebnis ebenso – LAG Köln. DB 1987, 1996: ArbG Bielefeld, BB 1987, 1458: Held. DB 1985, 1691 ff.; Heinze. RdA 1986, 273, 286: auch die Kammer 2 des Beschwerdegerichts hat in dem Beschluß vom 14.04.1987 – 2 TaBV 14/87 – Bedenken gegen eine einstweilige Verfügung wegen eines Anfechtungsgrunds geltend gemacht; a.M. z. S. H. Hanau. DB Beilage Nr. 4/86, 1, 10 f.; Paland, DB 1988, 1494, 1496 f.).
Der Verfügungsanspruch auf Verbot einer Betriebsratswahl ist ein Anspruch auf Unterlassung dieser Wahl im Sinne von § 194 BGB und setzt wie jeder Anspruch in diesem Sinne eine entsprechende Anspruchsgrundlage voraus. Rechtsvorschriften begründen nicht notwendigerweise subjektive Rechte. Sogar Rechtspflichten und entsprechende subjektive Rechte begründen nicht notwendigerweise Ansprüche im Sinne von § 194 BGB (vgl. ganz allgemein nur Larenz, Schuldrecht I, 14. Aufl., § 2 I S. 6 ff.; Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rn 72). Dementsprechend hat der 1, Senat des Bundesarbeitsgerichts entschieden, daß die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gemäß § 87 BetrVG und die dadurch begründeten Pflichten des Arbeitgebers keinen allgemeinen Anspruch auf Unterlassung mitbestimmungsrechtswidriger Maßnahmen begründen, zumal ein solcher allgemeiner Unterlasungsanspruch im Widerspruch zu dem besonderen Unterlassungsanspruch gemäß § 23 Abs. 3 BetrVG stehen würde (vgl. AP Nr. 2 zu § 23 BetrVG 1972). Auch die Betriebsratswahlvorschriften begründen keinen Anspruch auf Unterlassung einer gemäß § 19 BetrVG lediglich anfechtbaren Wahl, vielmehr schließt § 19 BetrVG einen solchen Unterlassungsanspruch aus.
Gemäß § 19 Abs. 1 BetrVG kann die Wahl beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ...